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156 - In den Katakomben von St. George

156 - In den Katakomben von St. George

Titel: 156 - In den Katakomben von St. George
Autoren: A.F.Morland
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bedeuten, daß er sich nicht mehr melden konnte, aber Shelley befürchtete es.
    Zu spät! dachte das Mädchen aufgewühlt. Ragamm hat sich sein drittes Opfer geholt!
    ***
    Warren Chamberlain wollte mit ganzer Kraft zuschlagen. Ein Axthieb sollte den Mann, der sich Loxagon genannt hatte, töten, doch plötzlich riß der Gefesselte die Augen auf, und der Leichenbestatter war unfähig, den Schlag auszuführen. Etwas hielt seinen Arm fest. Er hatte so etwas noch nicht erlebt. Nichts war zu sehen, und trotzdem wurde er festgehalten.
    Der Gefesselte richtete sich im Prunksarg auf. Samt und Seide umgaben ihn. Der Strick wurde mit einemmal lebendig, löste sich von Loxagon, gab ihn frei.
    Fassungslosigkeit verzerrte Chamberlains Gesicht. Er wurde blaß. Sollte dieser Mann die Wahrheit gesagt haben? War er tatsächlich der Sohn des Teufels?
    Er spielte mit mir! durchzuckte es Chamberlain. Er wollte mir zeigen, wozu er fähig ist. Deshalb ließ er sich niederschlagen. Normalerweise hatte ich das mit Sicherheit nicht geschafft. Und nun wird er mich bestrafen, weil ich ihm nicht geglaubt habe, weil ich gewagt habe, Hand an ihn zu legen!
    Der Leichenbestatter ließ die Axt los, mit der er Loxagon ›opfern‹ wollte. Sie fiel nicht zu Boden, blieb in der Luft hängen.
    Der Strick formte ganz von selbst eine Schlinge, und diese sauste über Chamberlains Kopf. Ihm blieb schon die Luft weg, bevor sich die Schlinge zuzog.
    Aus Loxagons Stirn wuchsen Hörner.
    Bedurfte es noch eines weiteren Beweises?
    Loxagon bekam Flügel. Er wurde zu einem grauenerregend aussehenden Höllenwesen.
    Der Teufelssohn schlug mit den großen Lederflügeln und sauste durch das Sarglager. Er kehrte um und packte mit seinen Krallenhänden den Strick, riß ihn hoch.
    Warren Chamberlain röchelte. »Gnade!« quetschte er heraus. »Gnade!« Er stand auf den Zehenspitzen, und Loxagon zog den Strick immer höher. »Ich bitte dich, tu es nicht!«
    »Glaubst du nun, daß ich Loxagon, der Sohn des Teufels, bin?« fragte der Gehörnte.
    »Ja. Ich konnte doch nicht wissen, daß Asmodis einen Sohn hat. Es ist mir eine Ehre…«
    Loxagon beendete den Spuk. Der Blutfleck verschwand, die Axt fiel zu Boden, die Schlinge löste sich von Chamberlains Hals, und Loxagon landete neben dem Leichenbestatter und nahm sein ursprüngliches Aussehen an.
    Warren Chamberlain warf sich vor Loxagon auf die Knie.
    »Du solltest von nun an nicht mehr an meinen Worten zweifeln«, sagte der Teufelssohn.
    »Nie mehr!« sagte der Bestattungsunternehmer und hob die Hand zum Schwur. »Ich verspreche es. Ich fühle mich geehrt, Loxagon.«
    »Steh auf!«
    Warren Chamberlain erhob sich sofort. »Daß der Teufelssohn seinen Fuß in mein Haus setzen würde… das hätte ich mir nicht träumen lassen.«
    »Betrachte dich als einen, der ausgewählt wurde, den Mächten der Finsternis dienen zu dürfen.«
    »Das tue ich.«
    »Ich brauche deine Unterstützung.«
    »Du kannst von mir verlangen, was du willst. Ich werde alles für dich tun«, sagte Chamberlain mit leuchtenden Augen. Dieses Glück, dachte er begeistert. Dieses unbeschreibliche Glück. Ich bin ein Auserwählter.
    »Zunächst wirst du mir Unterkunft gewähren.«
    »Mit dem größten Vergnügen«, sagte der Leichenbestatter. »Mein Haus ist dein Haus.«
    »Alles Weitere erfährst du noch«, sagte Loxagon. »Ich erwarte von dir absoluten Gehorsam und bedingungslosen Einsatz.«
    »Du kannst dich auf mich verlassen.«
    »Besiegle es mit deinem Blut!« verlangte Loxagon und streckte dem Bestattungsunternehmer die Hand entgegen.
    Chamberlain schlug ein. Plötzlich stach ein Schmerz in seine Fingerspitzen, und als er die Hand zurückriß, sah er Bluttropfen auf seinen Fingerkuppen.
    ***
    Shelley Robinson war ratlos. Der Arzt hob nicht ab. Er ist tot, dachte das Mädchen. Ermordet von Ragamm, dem Dämon!
    Aber ein kleines Hoffnungsfünkchen gloste noch in ihr. Eilig verließ sie das Haus. Sie besaß einen etwas älteren Talbot 1510, den sie gewissenhaft warten ließ. Der Wagen dankte es ihr mit Zuverlässigkeit. Selbst im Winter sprang er immer klaglos an.
    Shelley stieg in ihren Wagen und fuhr los. Ein Tränenschleier hing vor ihren Augen. Sie fühlte sich elend.
    Ihr Vater war nicht mehr Herr seiner selbst.
    Ragamm hatte die Regie übernommen. Es geschah nur noch, was er wollte. Die Menschen wurden von ihm zu Figuren degradiert, mit denen er nach seinem Gutdünken spielte.
    Aber dagegen lehnte sich Shelley auf.
    Sie wollte nicht tatenlos Zusehen,
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