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1558 - Pentaskopie

Titel: 1558 - Pentaskopie
Autoren: Unbekannt
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an sich.
    Ihre äußerliche Verunstaltung bestand im wesentlichen aus einem zweiten Rückgrat, das etwa zwanzig Zentimeter lang aus ihrem Nacken schräg nach unten wuchs. Es entsprang einem übergroßen fünften Halswirbel und war nur wenig beweglich, aber mit einer dünnen Haut überzogen.
    Sie hatte schon seit ewigen Zeiten ihre Kopfhaare lang wachsen lassen, so daß diese den Stummel voll einhüllten. Geschickt verstand sie es, einen dicken Zopf zu flechten, der das falsche Rückgrat vollständig verbarg. Nur einem aufmerksamen Beobachter fiel dann noch auf, daß dieser Zopf nicht im Rhythmus ihrer Schritte schaukelte, sondern starr war.
    Ihre Oberarme waren deutlich zu kurz geraten, dafür aber äußerst kräftig. Den stummelartigen Fingern war nicht anzusehen, mit welchem Geschick ihre Trägerin damit umgehen konnte.
    Eine weitere Abweichung von der Norm war äußerlich nicht sichtbar. Vainu besaß zwei Mägen, von denen der eine normal arbeitete, der andere eine reine Speicherfunktion besaß. Sie konnte es wochenlang ohne Nahrungsaufnahme und auch ohne Flüssigkeit aushalten, wenn sie ihre Vorräte aufgefüllt hatte.
    Und das geschah automatisch und ohne ihren Einfluß.
    Die besonderen Interessengebiete der Biontin betrafen die Zoologie, die Botanik und die Meteorologie. Sie war die Spezialistin für Vieh und Pflanzen. Ihre Beiträge sicherten den Lebensunterhalt des seltsamen Paares.
    Ihre Nutzpflanzungen waren Vainu besonders ans Herz gewachsen. Und auch die Wildrinder, die sie weitgehend gezähmt hatte, versorgte sie mit großer Hingabe.
    Für die Absperrungen und Absicherungen der Gehege hingegen war Glendorp zuständig.
    Glendorp war ein lieber Kerl. Er war umgänglich, ideenreich, heiter und aufgeschlossen. Er führte nie Klage über seine Verunstaltung und Unvollkommenheit. Wenn er aber mit Vainu darüber sprach, dann zeigte es sich, daß er sich sehr wohl richtig beurteilte und daß er auch ein tiefes und unerschütterliches Vertrauen zu seiner Gefährtin hatte.
    Angefangen hatte das alles vor etwa achtzehn Jahren. Zwei Dinge hatten Glendorp damals geprägt. Die Orientierungslosigkeit, die fehlende Information über sich selbst, die Grenze zum Wahnsinn oder Selbstmord.
    Und die Neugier!
    Dieses wilde Gefühl, etwas erfahren zu wollen, etwas zu lernen.
    Vainu hatte ihn auf das Zeughaus aufmerksam gemacht. Dort seien alles Wissen und auch technische Hilfen vorhanden. Alles sei ungenutzt, weil es von den Artgenossen für überflüssig erachtet wurde.
    Glendorps Wissensdurst war dagewesen. Und Glendorp hatte eine Chance gesehen, ihn im Zeughaus zu stillen.
    Keiner der anderen Bionten ?vielleicht Sigrat oder Janasie ausgenommen - hatten je Interesse am Inhalt des Zeughauses gezeigt. Die geistigen und technischen Güter, die ihnen von den Cantaro vor Jahrzehnten mitgegeben worden waren, interessierten die Todgeweihten nicht.
    Der verunstaltete Biont hatte vor achtzehn Jahren seinen ersten Einbruch ins Zeughaus gewagt.
    Die Informationen, die er dabei erhalten hatte, waren sehr unvollständig gewesen.
    Aber er hatte etwas Grundsätzliches daraus gelernt.
    Er hatte erkannt, daß die Cantaro nicht daran interessiert gewesen waren, die Fehlprodukte ihrer Klon-Fabriken zu hochqualifizierten Technikern oder Wissenschaftlern auszubilden. Sie hatten aber dafür gesorgt, daß sie den Rest ihres Lebens mit technischen Hilfsmitteln bestreiten konnten.
    Und er hatte in einer ersten Durchsicht die Vielzahl der Geräte und der hochtechnischen Instrumente und Datenspeicher katalogisiert. Ihm erschien es unlogisch, die wertvollen Güter gänzlich ungenutzt zu lassen, auch wenn Faragit und seine Getreuen es strikt ablehnten, sie zu nutzen.
    Um einem möglichen Streit mit den anderen Bewohnern auszuweichen, war er dann in den Dschungel des Nordlands ausgewichen. Vainu und er hatten sich hier ein Haus gebaut, das aus einem Wohnraum und einem Labor bestand. Hier konnten sie ungestört ihren Neigungen nachgehen. Das Wissen, das sie sich angeeignet hatten, war in der Tat beachtlich.
    Bis vor ein paar Jahren war ihr Leben eigentlich völlig normal verlaufen. Und auch so, wie sie es sich erträumt hatten.
    Alle paar Monate waren sie mit dem Gleiter nach Ybor geflogen, um die Dinge zu besorgen, die sie nicht selbst herstellen konnten ?oder um sich im Zeughaus zu bedienen. Später waren diese Ausflüge immer seltener geworden, und sie hatten sich darauf beschränkt, gelegentlich mit ein paar alten Freunden über Funk zu sprechen.
    Als
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