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1546 - Die Leichenfalle

1546 - Die Leichenfalle

Titel: 1546 - Die Leichenfalle
Autoren: Jason Dark
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wurde gerufen, geschrien und auch gegen das Holz getrommelt, sodass es mir schwerfiel, herauszufinden, was genau hinter der Tür passierte, vor der ich stand.
    Ich vernahm einen hohen Jaullaut.
    Es musste die Stimme einer Frau oder eines Kindes sein.
    Ich löste den Riegel.
    Jetzt war die Tür offen, und ich brauchte sie nicht mal aufzuziehen, denn sie bekam Druck von innen.
    Ich drehte mich zur Seite, um der aus der Zelle huschenden Gestalt auszuweichen, und sah, dass es sich tatsächlich um eine Frau handelte.
    Oder um ein Mädchen, das auf der Schwelle zum Frausein stand.
    Noch ein anderer Vergleich drängte sich mir auf. Diese Person hatte helle, fast weiße und auch lockige Haare. Als sie an mir vorbeilief, da hatte ich den Eindruck, einen Engel zu sehen, der mich passierte. Es mochte an dem hellen Haar liegen, und auch das Kleidungsstück trug dazu bei.
    Es war mit einem hellen Flatterkleid zu vergleichen, das schon einige Schmutzflecken aufwies.
    Ich rechnete damit, dass dieses Geschöpf zur Ausgangstür laufen würde, um zu fliehen.
    Ich irrte mich. Nach einigen Schritten blieb es stehen und sackte in die Knie. In dieser Haltung blieb es und schlug nur seine Hände vor das Gesicht.
    Ich näherte mich dem Wesen sehr leise, wartete noch einige Sekunden und strich dann durch die lockigen Haare, was dazu führte, dass ich einen leisen Schrei hörte und das Wesen zusammenzucken sah.
    Das leise Schreien verwandelte sich in ein Wimmern, sodass ich das Gefühl hatte, Trost spenden zu müssen. Erneut strich ich durch das weiche Haar und sprach mit einer leisen Stimme die Worte aus, die ich für richtig hielt.
    »Bitte, du brauchst keine Angst zu haben…«
    Das Mädchen reagierte nicht.
    Ich versuchte es erneut und erzielte tatsächlich einen Erfolg, denn das leise Wimmern verstummte. Auch die Starre löste sich, und die Kleine drehte den Kopf so, dass sie mich anschauen konnte.
    Mein Blick fiel in das noch junge Gesicht mit den kindlichen Zügen. Es hatte wirklich etwas Engelhaftes an sich, abgesehen von dem Ausdruck in den Augen. Der gefiel mir überhaupt nicht, denn darin entdeckte ich fast das gleiche Flackern wie bei den Menschen, die ich in den anderen Zimmern gesehen hatte.
    »Ich will dir nichts tun…«
    Sie sagte nichts. Nur ihre Lippen zuckten.
    »Willst du nicht aufstehen?«
    Ich musste warten, bis sie die Frage richtig verstanden hatte. Dann bewegte sie sich. Es fiel ihr schwer, und so sah ich mich gezwungen, ihr zu helfen.
    Zitternd blieb sie neben mir stehen. Ein junger Mensch, der unter einem starken Druck stand und eine tiefe Angst hatte. Ich konzentrierte mich dabei auf die Augen und hoffte, einen Funken Klarheit darin zu entdecken.
    Der Blick flackerte. Man konnte sagen, dass er nicht von dieser Welt war, nur gab ich die Hoffnung nicht auf. Vielleicht konnte sie mir durch eine Aussage weiterhelfen, und so fragte ich sie nach ihrem Namen.
    »Wie heißt du?«
    Sie überlegte. Ihre Augendeckel bewegten sich dabei zuckend. Aber dann schien sie sich zu erinnern und gab mir mit einer sehr schwachen Stimme die Antwort.
    »Ich heiße Simone.«
    »Und ich bin John.«
    Sie versteifte sich, weil ich sie an der Schulter angefasst hatte.
    »Ich kenne dich nicht. Was willst du hier? Bist du das Schicksal?«
    »Nein. Ich möchte dich vor etwas bewahren, wenn es mir denn möglich ist.«
    Sie war wieder klar. Sie drehte ihren Kopf, um so viel wie möglich zu sehen, und fragte mich: »Wovor denn?«
    Ich durfte nicht zu hart sein und sagte: »Eben vor deinem Schicksal.«
    Die Worte hatten in ihr etwas bewegt. Sie suchte den Blickkontakt zu mir und fragte wieder: »Du bist nicht das Schicksal?«
    »So ist es.«
    Plötzlich lachte sie. »Ich will nicht. Ich gehöre nicht zu ihnen, obwohl sie das behauptet haben. Ich soll geholt werden, deshalb bin ich hier. Ich bin verrückt, sagen sie. Sie haben mich schreien hören, aber ich muss schreien, denn ich sehe die Toten. Ich - ich - kann nicht anders. Ich habe es den Leuten gesagt, und sie haben mich weggesperrt wie auch die anderen.«
    »Und was passiert hier?«, fragte ich. »Hat man dir auch gesagt, wann du hier wieder rauskommst?«
    »Nein, nein, es ist die Leichenfalle. Das Haus hier. Wir werden alle tot sein.«
    »Und durch wen?«
    Simone wich zurück. Ihr Gesicht erhielt einen ängstlichen Ausdruck. Weit waren ihre Augen geöffnet. Ich ging davon aus, dass ich nahe daran war, mehr zu erfahren. Endlich.
    »Viele sagen, dass es der Teufel ist, dem sie uns opfern«,
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