Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1546 - Die Leichenfalle

1546 - Die Leichenfalle

Titel: 1546 - Die Leichenfalle
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
auch die anderen Räume belegt. Das musste ich noch herausfinden. Meine Überlegungen jedoch gingen in eine andere Richtung.
    Es ging um das Haus.
    Ich hatte es erst jetzt entdeckt. Bei meinem ersten Besuch auf dem Friedhof war es mir entgangen, und dafür gab es Gründe, die normal nur schlecht nachvollziehbar waren.
    Ich dachte an den Nebel. Und ich kam zu der Überzeugung, dass er eine Funktion besaß. Er war in der Lage, etwas zu verbergen, und er besaß in seinem Innern eine Kraft, die mir Magendrücken bereitete. Der Nebel war einfach nicht normal. Er konnte ein Beschleuniger zwischen den Zeiten sein, sodass ich jetzt in einem Haus stand, das es zu meiner Zeit nicht mehr gab.
    Also hielt ich mich in der Vergangenheit auf. Um welche Jahreszahl zurückversetzt, darüber konnte ich nicht mal spekulieren. Hier war eben alles möglich.
    Ich nahm mir die zweite Tür vor. Auch hier musste ich erst den Riegel zur Seite schieben, um sie zu öffnen. Diesmal war ich innerlich auf das Schlimmste gefasst und blickte auf zwei Betten, die sich gegenüberstanden.
    Es waren mehr zwei Pritschen, auf denen die Insassen ihre Plätze gefunden hatten.
    Zwei Frauen!
    Alte Frauen mit faltiger Haut. Sie hatten sich die Hälfte der Kleider vom Körper gerissen, wobei das Zeug sowieso nur aus alten Lumpen bestand.
    Sie schauten in meine Richtung.
    Ich sah sie ebenfalls an. Ihre Gesichter waren ausgemergelt. Die Haut saß dünn auf den Knochen, aber sie bewegten blinzelnd ihre Augen. Es war ein Zeichen, dass sie mich gesehen hatten, aber nichts mit mir anfangen konnten.
    Dann hörte ich ihr Kichern, und ich wusste, dass sie ebenfalls in einer eigenen Welt lebten. Trotzdem ging ich einen Schritt vor, weil ich dachte, dass ich hier vielleicht mehr Glück hatte.
    »Hallo - könnt ihr mich verstehen?«
    Sie mussten meine Stimme gehört haben, denn ihr Kichern verstummte.
    Eine stellte eine Frage. Die Worte klangen normal, der Inhalt war es nicht.
    »Hat dich der Teufel geschickt?« Ich verzog die Lippen. »Wieso fragst du das?«
    »Weil wir auf den Teufel warten.«
    »Und warum tut ihr das?«
    »Weil er versprochen hat, zu uns zu kommen.« Beide kicherten. »Wir mögen ihn.«
    »Und ihr wisst auch, wie er aussieht?«
    »Ja, das wissen wir. Wir kennen ihn sehr gut.« Beide schauten sich an und nickten.
    »Wie schön«, sagte ich, »dann könnt ihr mir ja helfen, indem ihr ihn mir beschreibt. Ich habe ihn schon immer gern mal kennen lernen wollen.«
    »Sollen wir?«, fragte die eine.
    »Ich weiß nicht. Ist er würdig?«
    »Er will ihn aber sehen.«
    »Gut.«
    Beide blickten sich an. Sie zögerten. Sie kicherten wieder, und sie rieben sich plötzlich die Hände.
    »Sagt mir, wie er aussieht und was er von euch will.«
    »Er holt uns.«
    »Ja, das hat er uns versprochen«, fügte die andere hinzu.
    »Und wann?«
    »Wir warten noch.«
    »Was ist noch? Wie lange wollt ihr noch warten?«
    »Keine Ahnung. Aber du bist es nicht.«
    Ich wollte nicht zu weit vom Thema abkommen und bat erneut darum, dass sie mir den Teufel, auf den sie warteten, beschrieben.
    Wieder mussten sie erst überlegen, und dann hatten sie sich entschlossen, mir Auskunft zu geben.
    »Er hat uns versprochen zu kommen. Er holt uns. Er nimmt uns ganz. Er ist so groß, er ist so mächtig.«
    »Wie mächtig?«
    »Er ist nicht nur der Teufel. Er ist auch der Tod. Groß und knochig, ja, so muss man ihn sehen. Er ist einfach nur gewaltig, und wir warten auf ihn.«
    Ich wusste Bescheid. Es ging ihnen also um das große Skelett. Darauf warteten sie. Es war ihnen gesagt worden, dass es der Teufel war, und in ihrem Wahn glaubten sie daran.
    Ich stellte eine nächste Frage. »Und warum seid ihr hier? Gibt es einen Grund dafür?«
    Beide waren nicht so debil, als hätten sie meine Frage nicht verstanden.
    Sie schaute sich an, rissen die Münder auf und lachten.
    »Wir mussten in die Klinik. Man hat uns hierher abgeschoben. Die Leute haben gesagt, wir wären wahnsinnig, und sie hatten Angst vor uns. So und nicht anders ist es gewesen. Angst, nur Angst, weil man sagt, dass wir wahnsinnig wären. Ja, das ist so.«
    Allmählich sah ich klar, denn jetzt wusste ich auch, wo ich gelandet war.
    Dieses Haus beherbergte tatsächlich eine Anstalt für geistig kranke Menschen, die man in früheren Zeiten als Irre bezeichnet hatte. Also eine Irrenanstalt, die allerdings ohne Bewachung war. Kein Personal, man hatte die Menschen abgeschoben und sie ihrem Schicksal überlassen, dem Teufel, um genauer zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher