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1539 - Im Wald der Wölfe

1539 - Im Wald der Wölfe

Titel: 1539 - Im Wald der Wölfe
Autoren: Jason Dark
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denn in dem Augenblick, als er ebenfalls in die Knie ging, um die richtige Perspektive für einen Schnappschuss zu bekommen, da hob auch Brett Mahony den Kopf.
    Ideal für das Foto!
    Auf dem kleinen Monitor sah er genau das Gesicht, das eigentlich keines war.
    Nur ein Zerrbild dessen, was man Gesicht nannte. Das offene Maul mit den gebleckten Zähen!
    Der Polizist musste sich schon sehr zusammenreißen, damit seine Hände nicht zitterten und das Bild verwackelte.
    Ted Franklin drückte auf den Auslöser. Der Blitz zuckte auf. Ja, das Bild war gut. Die Kreatur hatte auch keine Anstalten getroffen, sich zurückzuziehen.
    Auf dem Monitor schaute Ted sich das Bild an und drückte noch mal ab. Es war wichtig, Beweismaterial zu sammeln, und dazu gehörte eben ein zweites Foto.
    Er stellte sich wieder hin. Sein Herz schlug weiterhin schneller als gewöhnlich. Er wischte den Schweiß von seiner Stirn und warf dem veränderter Mann einen langen und letzten Blick zu.
    Er zeigte keine Ansätze einer Angriffsbereitschaft mehr. Wie ein reuiger Sünder hockte er auf dem Boden und tat nichts, als sich Ted Franklin zurückzog.
    Diesmal rannte er nicht. Er hatte sich so weit in der Gewalt, dass er normal gehen konnte, auch wenn seine Beine schon zitterten.
    Im Büro wäre er beinahe in der braunen Kaffeelache ausgerutscht. An der Schreibtischkante fing er sich und ließ sich danach auf den Stuhl sinken.
    Hier war alles normal. Es gab keine Zellen, es gab auch keinen mutierten Menschen. Eine fast himmlische Ruhe hielt ihn umfangen.
    Dass er für einige Minuten regungslos sitzen blieb, das musste einfach sein. Er wollte seine Gelassenheit wiederfinden, denn es musste etwas unternommen werden. Er konnte diese schlimme Tatsache nicht auf sich beruhen lassen. Weitermelden. Um so etwas mussten sich andere Leute kümmern. Er wollte mit jemandem reden, zu dem er Vertrauen hatte. Es war schwer, einen Menschen in diesem Ort zu finden. Es fiel ihm eigentlich nur einer ein, der für so etwas offene Ohren hatte.
    Das war Sam Warren, sein Vorgänger. Ein Kollege, mit dem er sich immer gut verstanden hatte. Sam hatte ihm vieles beigebracht, besonders im Umgang mit Menschen, die manchmal hysterisch reagierten, wenn man sie mit ungewöhnlichen Dingen konfrontierte.
    Es war ungefähr Mitternacht und keine Zeit, in der man jemanden anrief.
    Bei Sam war das kein Problem. Er würde nicht vor Wut an die Decke springen. Er hatte immer darauf hingewiesen, dass Ted sich bei Problemen an ihn wenden konnte.
    Jetzt war es so weit, und er war froh, dass Sam selbst am Telefon war.
    Seine Stimme klang sogar recht frisch. Er schien noch nicht geschlafen zu haben.
    »Hi, Sam, ich bin es, Ted.«
    »Du? Um diese Zeit?«
    »Ja.«
    »Und?«
    Ted lachte kratzig. »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Sam. Komm her. Komm zu mir ins Büro.«
    »Und dann?«
    »Komm einfach her. Ich muss dir was zeigen. Denke nicht, dass ich betrunken bin. Es kann, nein, es hat Probleme gegeben, die unglaublich sind. Ich kann über sie am Telefon nicht reden.«
    »Bei dir ist trotzdem alles okay?«
    »Ist es, Sam.«
    »Gut, ich komme. Manchmal hat es doch Vorteile, wenn man länger vor der Glotze hängt. Außerdem bin ich in einem Alter, in dem ich schlecht schlafen kann. Gewohnheit von früher.«
    Ted wollte nicht, dass der ehemalige Kollege zu viel redete.
    »Dann bis gleich, Sam«, sagte er hastig.
    »Alles klar.«
    Ted Franklin atmete tief durch. Er fühlte sich etwas erleichtert, denn er war froh darüber, dass Sam seine Bitte nicht abgelehnt hatte.
    Schon jetzt machte sich Ted Gedanken darüber, wie sein pensionierter Kollege wohl reagieren würde, wenn er die Bestie sah. Aber Sam war ein Mensch, der die Nerven behielt und nicht so leicht durchdrehte oder den Überblick verlor. Er wusste Dinge genau einzuschätzen, auch wenn sie mehr als ungewöhnlich waren.
    Die Tür zum Zellengang hatte Franklin nicht geschlossen. Er wollte hören, wenn etwas passierte, und war eigentlich froh, dass er nichts vernahm. Kein Geschrei, kein Heulen oder Knurren. Es blieb ruhig in der Zelle, und er hörte auch keine menschlichen Laute.
    Sam Warren wohnte nicht weit entfernt. Er würde mit dem Fahrrad kommen und klingeln.
    Minuten später schon hörte Ted das Geräusch. Er stand auf und öffnete die Haustür.
    Sam Warren grinste ihn an. Vor seinen Lippen dampfte der Atem. Er trug eine dicke Winterjacke und eine flache Kappe auf dem Kopf, die er abnahm, als er das Büro betrat. Jetzt war zu sehen,
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