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1539 - Im Wald der Wölfe

1539 - Im Wald der Wölfe

Titel: 1539 - Im Wald der Wölfe
Autoren: Jason Dark
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dass die Haare bis auf einen grauen Kranz am Hinterkopf verschwunden waren. Sam hatte ein fleischiges Gesicht mit einer dicken, leicht gekrümmten Nase und einem breiten Mund. Er hatte braune Augen, die sich verwundert weiteten, als er seinen jungen Kollegen anschaute.
    »He, du siehst aber gar nicht gut aus.«
    »Danach ist mir auch nicht.«
    »Und wo ist das Problem?«
    »In der Zelle.«
    »Dann lass uns hingehen. Ich habe gehört, dass du den Holzfäller eingebuchtet hast.«
    »Ja, Brett Mahony.«
    »Und weiter?«
    »Das musst du dir selbst anschauen.«
    »Na denn.«
    Ted Franklin ging vor. Sein Kollege blieb ihm auf den Fersen. Er kannte sich noch bestens hier aus, denn es hatte sich nichts verändert. Er blieb mit Ted Franklin vor der Zelle stehen, in der der Ire lag. Beide schauten hinein, und Franklin hatte das Gefühl, einen Tritt in den Unterleib verkraften zu müssen.
    Brett Mahony war noch da.
    Der Mensch Brett Mahony. Und nicht das Wesen, als das Ted ihn zuletzt gesehen hatte. Es gab nicht die geringsten Spuren der Veränderung mehr. Mahony lag auf seiner Pritsche, schlief und schnarchte leise. Er lag auf der Seite, den Kopf der Gittertür zugedreht, und auch das Gesicht zeigte nicht die Spur einer Veränderung.
    Langes schwarzes Haar wuchs ihm bis in die Stirn. Die nicht eben feinen Gesichtszügen zeigten sich entspannt. Der Mund war nicht geschlossen, sodass die Schnarchgeräusche freie Bahn hatten.
    »Ja«, sagte Sam Waren, »das ist Mahony, Ted. Und warum hast du mich jetzt geholt?«
    »Ahm…« Ihm fehlten die Worte. Er kam sich plötzlich lächerlich vor. Das Blut war ihm ins Gesicht gestiegen. Er suchte nach Erklärungen und sah, dass sein älterer Kollege ihn von der Seite her anschaute, wobei er auf eine weitere Erklärung wartete, sie aber nicht bekam, weil es für Ted praktisch unmöglich war.
    »Du bist doch nüchtern - oder?«
    »Klar.«
    »Was ist denn mit dem Iren los? Was hast du gegen ihn? Der liegt hier friedlich und schläft.«
    »Das sehe ich.« Ted konnte nur noch flüstern. »Aber das ist nicht immer so gewesen. Noch vor einer halben Stunde hat er hier getobt. Da war er auch kein Mensch mehr.«
    »Aha, kein Mensch.«
    »Richtig.«
    »Was war er dann?«
    »Ein Monster«, gab Ted leise zu. »Ein richtiges Monster, das Ähnlichkeit mit einem Wolf hatte. Mahony war dabei, sich zu verwandeln. Er hat sich eigentlich schon verwandelt gehabt. Das Menschliche war ihm genommen worden. Da gab es keinen Mund mehr, sondern eine Schnauze. Der hatte auch ein Gebiss wie ein Wolf und…« Ted Franklin stoppte seinen Redefluss, als er sah, wie ihn der ältere Kollege von der Seite her anschaute. Das war schon mehr als skeptisch.
    »Alles klar, mein Freund, alles klar!«
    »Nein!«, schrie Ted Franklin. »Nichts ist klar! Das weiß ich genau! Du glaubst mir nicht.«
    »Ist das ein Wunder?«
    »Nein.« Franklin lachte auf. »Das ist kein Wunder.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist unmöglich, aber ich weiß auch, dass in diesem Fall das Unmögliche möglich geworden ist. Hier in dieser Zelle hat sich ein Mensch in eine Bestie verwandelt.«
    »Und das hast du gesehen, Ted?«
    »Klar.«
    »Aber du hast nicht gesehen, dass es zu einer Rückverwandlung gekommen ist?«
    »Nein, habe ich nicht. Das muss passiert sein, als ich im Büro war und dich angerufen habe. Tut mir leid, aber so ist es gewesen.«
    »Hm.« Sam Warren überlegte und kratzte mit einem Fingernagel über seine Glatze. »Was machen wir jetzt?«
    »Du glaubst mir nicht!«
    »He, he, reg dich nicht auf. Behalte deine normale Stimme. Bitte kein Kreischen.«
    »Sorry, aber du hast nicht das erlebt, was ich erlebt habe. Das ist einfach schlimm gewesen. Der war kein Mensch mehr, einfach nur ein Tier. Eine Bestie!«, schrie Ted.
    Sam Warren blieb ruhig. Was er dachte, war an seinem Gesicht nicht abzulesen. Er hob die Schultern und blickte seinen kalkweiß gewordenen Kollegen an. »Was sollen wir tun?«
    »Ich weiß es nicht, Sam.« Franklins Stimme klang wieder normaler. Sie zitterte nur noch ein wenig. »Ich weiß, dass es verdammt schwer ist, mir zu glauben. Ich hätte es an deiner Stelle auch nicht getan, aber ich habe einen Beweis, den ich dir zeigen kann.«
    »Ja? Welchen denn?«
    »Fotos. Ja, ich habe Fotos geschossen. Von dieser Gestalt, als sie hier hinter den Gitterstäben hockte.«
    »Das ist ein Hammer.« Plötzlich war Warren wieder interessiert. Er kannte seinen Nachfolger schließlich genau, und wusste, dass Ted kein Spinner
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