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1537 - Der Schlafwandler

1537 - Der Schlafwandler

Titel: 1537 - Der Schlafwandler
Autoren: Jason Dark
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Faszination nicht entziehen können. Einer wie Karel war einfach unbeschreiblich.
    Und jetzt war er hier, um sie abzuholen. Er wollte sie auf ihrem Weg begleiten, und das Zeichen, das er setzte, verstand sie sehr gut.
    Als er seine Arme ausbreitete, da wusste sie Bescheid und flog ihm entgegen. Jetzt leuchteten auch ihre Augen. Die Freude, die sie durchschoss, war wie ein breiter Strom, der sie einfach fortschwemmte, selbst ihre Gedanken.
    Karel umarmte sie.
    Es tat ihr gut, ihn zu spüren. Es war einfach nur wunderbar, und sie ließ sich in seine Umarmung hineinsinken. Vorhin war sie noch aufgeregt gewesen, nun hatte eine große Ruhe sie erfasst, und die würde auch nicht mehr verschwinden, hoffte sie.
    »Geht es dir gut, Debbie?«
    Er nannte sie immer Debbie, was sie freute. Es klang so vertraut, denn so war sie auch in der Kindheit genannt worden.
    »Du bist ja bei mir.«
    »Ja, ich bin da.«
    »Dann geht es mir gut.«
    »Und du bist bereit für das Neue?«
    »Das bin ich.«
    »Es ist die Ewigkeit, Debbie.«
    »Das weiß ich.«
    »Und du weißt, dass es dabei kein Zurück gibt. Du kannst nicht mehr umkehren und dich anders entscheiden. Die Entscheidung, die du jetzt getroffen hast, ist endgültig. Weißt du das?«
    »Ja.«
    »Möchtest du jetzt gehen?«
    Deborah zögerte einen Moment. Dann aber nickte sie und flüsterte: »Ja, ich will jetzt weg.«
    »Deshalb bin ich hier.«
    Er drückte die Frau von sich, und zwar so weit, dass sie ihn anschauen konnte, was sie auch tat. Sie blickte in sein Gesicht, das einen so entrückten Ausdruck aufwies und zugleich einen entspannten.
    So sah ein Mensch aus, der zwar normal durchs Leben schritt, der aber trotzdem schlief. Der Vergleich mit einem Schlafwandler war Deborah schon öfter in den Sinn gekommen, aber sie dachte nicht näher darüber nach. Sie hatte sich entschlossen, und da war es nicht gut, wenn man irgendwelchen hemmenden Gedanken nachhing. »Sollen wir?«
    »Ja, du hattest mich schon gefragt.«
    »Ich gehe gern auf Nummer sicher.«
    »Und ich will.«
    Er reichte ihr den Arm. Deborah nahm ihn gern. Sie fühlte sich in seiner Nähe so geborgen. Er musste sich umdrehen, dann schauten beide auf die Tür, die Karel nicht geschlossen hatte.
    »Bitte«, sagte er nur.
    Er brauchte das Wort nicht zu wiederholen. Freudig verließ Deborah Crane mit ihm das Haus…
    ***
    Draußen hätte es sehr dunkel sein müssen, aber das traf nicht zu, denn der Mond am Himmel streute sein kaltes Licht nach unten. Und so schaffte er es, der Erde einen gewissen Glanz zu geben, den viele Menschen so liebten und davon sprachen, sich im Licht des Mondes baden zu können.
    Sie schritten vom Haus weg und schlugen den Weg nach rechts ein. Da sie das Haus an der Vorderseite verlassen hatten, mussten sie noch an der Seite herumgehen, um den Weg einschlagen zu können, der zum See führte.
    Bald sah Deborah ihn vor sich, wenn sie durch die Lücken zwischen den Baumen schaute. Und wieder musste sie sich eingestehen, dass die Oberfläche wir platt gebügelt dalag. Nur ein paar angefaulte Blätter schwammen darauf wie winzige Boote, die sich irgendwann vollgesaugt hatten und sanken.
    Sie schritten schweigend dahin. Manchmal raschelte das Laub an ihren Füßen, wenn es durch die Schuhe bewegt wurde. Ansonsten blieb es still, und Deborah schaute auf ihre Atemwölkchen, die sich vor ihren Lippen bildeten.
    Sie durchquerten die Lücken zwischen den Bäumen. Der weiche Grasboden dämpfte ihre Tritte. Das kalte Mondlicht senkte sich auf sie herab und sorgte bei den Bäumen für einen fahlen Glanz. Es war Spätherbst, aber schon jetzt lag eine winterliche Starre über der Gegend, obwohl sich auf dem Wasser noch keine Eisschicht gebildet hatte.
    Nachdem sie den Schutz der Bäume verlassen hatten, sahen sie das Gewässer deutlicher. Nach wie vor lag es glatt vor ihren Augen, als wollte es nicht gestört werden. Kein Rascheln, keine Tierlaute und es war auch kein leises Klatschen der Wellen zu hören.
    Die letzten Meter zum Ufer hin waren leicht abschüssig. Hier wuchs das Gras höher. Dahinter lag ein Gürtel aus Schilfgewächsen, die aus dem Wasser ragten.
    Keiner von ihnen sprach. Es war genug gesagt worden.
    Aber Deborah konnte das leichte Zittern nicht unterdrücken. Ein Schauer hatte sich auf ihrer Haut festgefressen, und er lief auch über ihr Gesicht.
    Noch einmal dachte sie daran, dass der Weg, den sie jetzt ging, endgültig war. Es gab kein Zurück mehr. Sie besaß nicht die Kraft, sich umzudrehen, um
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