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1527 - Gesil und der Gesandte

Titel: 1527 - Gesil und der Gesandte
Autoren: Unbekannt
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dem Gestank, der übelkeiterregend im ganzen Gefängnisbau hing, vor den primitiven hygienischen Verhältnissen in ihrer Zelle, vor dem gelblichgrünlich schimmernden Brei, der ihr wie den anderen Gefangenen als Nahrung gereicht wurde - und vor der trüben Brühe, die unter der Bezeichnung Trinkwasser über Rinnen und Röhren jede einzelne Zelle durchfloß und von dem sie wohl oder übel trinken mußte.
    Inzwischen ekelte sie sich sogar vor sich selbst.
    Und sie fragte sich schaudernd, was noch auf sie zukommen würde, denn sie hatte noch zwei Strafverschärfungen zu erwarten - und bisher war es ihr nicht schlechter und nicht besser ergangen als ihren Mitgefangenen.
    Einzig und allein ihr Wille, auch diese Erniedrigung durchzustehen, um ihr Hauptziel, nämlich den Aufenthaltsort von ES zu erkunden und die Superintelligenz umzustimmen, ließ sie alles ertragen. Zudem rechnete sie damit, daß Per-E-Kit unterdessen Schritte unternommen hatte, um sie freizubekommen.
    Warum das nur so lange dauerte?
    Eigentlich hatte sie dem Kontiden einen schnelleren Erfolg zugetraut - bei den Beziehungen, die das Schlitzohr überall in Truillau unterhielt.
    Wie lange war sie überhaupt schon im Kerker?
    Sie schätzte zwischen zwei und fünf Tagen. Eine exakte Bestimmung war nicht möglich, weil man ihr mit dem SERUN auch alle technischen Ausrüstungsgegenstände abgenommen hatte. Dazu gehörte auch der Chronograph.
    Im Grunde genommen war ihr weder eine exakte noch eine annähernde Zeitbestimmung möglich, denn der Gefängnisbau war konstant von dem grellen weißen Licht erfüllt, das ihr schon bei ihrer Einlieferung unangenehm aufgefallen war. Es drang sogar durch die geschlossenen Augenlider, so daß ihre Augen inzwischen brannten. Vor allem aber verhinderte seine Gleichförmigkeit jede zutreffende Abschätzung der verstrichenen Zeit.
    Sie bereute es längst, daß sie sich den Ordnungshütern widerstandslos ergeben hatte, obwohl sie sich mit ihrem Kombilader sehr wohl den Weg hätte freischießen können.
    Aus ihrer damaligen Sicht hätte das jedoch keinen Sinn gehabt, denn bewaffneter Widerstand hätte die Mühlen der Zerpat auf Hochtouren laufen lassen. Die Mitarbeiter des Sicherheits-Ausschusses hätten nicht nur eine planetenweite Fahndung nach ihr angekurbelt, sondern auch mit Akribie nach ihrer Herkunft geforscht. Dabei wäre auch Per-E-Kit durchleuchtet worden. Man hätte Ungereimtheiten entdeckt und ihn früher oder später als Mitglied der Topar-Organisation entlarvt. Dadurch aber wäre ein schwerwiegender Verdacht auf die Ulupho alias Ke-Ri gefallen, ihre Rolle wäre aufgedeckt und sie wären galaxisweit verfolgt und vielleicht sogar ausgerottet worden.
    Nein, bewaffneter Widerstand wäre aus damaliger Sicht unverantwortlich gewesen.
    Jetzt, nach Tagen erniedrigender Kerkerfolter, wünschte Gesil sich manchmal, die Zeit zurückdrehen zu können.
    Dann würde sie sich niemals verhaften lassen.
    Plötzlich veränderte sich alles.
    Zuerst hörte Gesil so etwas wie schnellen Trommelwirbel, aber dumpf und leise, dann wurde es allmählich dunkel.
    Das hieß, in ihrer Zelle blieb es hell, nur ringsum in den Zellen, dem Lichthof und auf den Gängen und Rampen des Gefängnisses brach Dunkelheit herein.
    Es wirkte unheimlich, weil es allen bisherigen Erfahrungen kraß widersprach.
    Innerhalb weniger Minuten konnte Gesil nichts mehr sehen außer dem Innern ihrer Zelle - und das blieb nicht, wie es gewesen war.
    Die Wände rückten weiter weg, dann wuchs Dschungel von außen nach innen. Der Trommelwirbel verebbte, dafür drangen andere Geräusche an Gesils Ohr. Tiere kreischten, pfiffen und brüllten, irgendwo im Dickicht verborgen plätscherte Wasser, Wind raschelte im Blätterdach. Es roch nach schwerem, süßem Blütenstaub.
    Holovideo! war Gesils erster Gedanke.
    Dann wurde sie von einem heftigen Schwindelgefühl gepackt. Die Umgebung schwankte, und sie schwankte auch. Ihr wurde klar, daß das eine Wirkung des Blütenstaubs war, den sie zwangsläufig mit eingeatmet hatte.
    Als nächstes tauchte aus dem immer näher gerückten Dschungel ein schwarzbraunes, menschengroßes Untier mit roten Augen, einem furchteinflößenden Raubtiergebiß und langen Krallen an den Händen auf.
    Das Tier schwang sich von einem Ast in Gesils Richtung, streifte sie im Sprung und landete auf der gegenüberliegenden Seite der winzigen Lichtung, die der Dschungel noch übriggelassen hatte.
    Dort drehte es sich blitzschnell um, bleckte die Zähne, knurrte und
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