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1527 - Gesil und der Gesandte

Titel: 1527 - Gesil und der Gesandte
Autoren: Unbekannt
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nahm eine Angriffshaltung ein.
    Gesil faßte sich an den Arm, den das Tier gestreift hatte. Als sie ihre Hand zurückzog, befanden sich Schmutz und Haare daran.
    Das Szenario war echt!
    Natürlich nicht biologisch entstanden, aber auch keine optische Illusion, sondern eine optimale Materieprojektion, die sicher nicht lebte, aber Leben doch so perfekt simulierte, daß es zur Ursache realistischer Wirkungen werden konnte.
    Verständlicher ausgedrückt: Wer in einem Sumpfloch dieses Dschungels versank, erstickte tatsächlich - und wer von einem der Tiere des Dschungels umgebracht wurde, der war und blieb tot.
    Gab es zwischen einer so perfekten Materieprojektion und einer Materiequelle gewisse Übereinstimmungen?
    Gesil stellte diese Überlegung eher beiläufig und hauptsächlich unbewußt an. Ihr Bewußtsein war auf das Untier konzentriert, das zum Angriff überging.
    Vor ihrem geistigen Auge entstanden geometrische Muster mit mathematisch hervorgehobenen Linien, an deren Schnittpunkten der Dschungel verblaßte, durch den sie sich hindurchzogen.
    Das Untier brüllte - und sprang.
    Es landete auf einer leeren Lichtung, drehte sich rasend schnell im Kreis und schlug vor Enttäuschung mit den Krallenhänden durch die Luft.
    Gesil hatte das Gefühl, schwerelos zu schweben. Um sie herum pulsierte Dunkelheit, vermischt mit blutrot glühendem Leuchten. Etwas wisperte und raunte.
    In den geometrischen Mustern entstand ein Drehpunkt.
    Gesil stand neben einem Baumstamm mit gelber Rinde. Zwei Meter über ihr begann das Astwerk. Alle Äste waren armdick und standen im Winkel von 90 Grad vom Stamm ab. Direkt aus ihnen wuchsen streifenförmige violette Blätter und trichterförmige schwarze Blüten.
    Die Frau widmete ihre Aufmerksamkeit nur kurz dem exotischen Baum, denn sie hatte auf der Oberfläche des direkt vor ihr liegenden Sees eine Bewegung entdeckt. Dort kräuselte sich noch immer das Wasser. Es war ganz in der Nähe des kleinen plätschernden Zuflusses, aber es konnte nicht durch ihn verursacht worden sein.
    Sekunden später war die Wasseroberfläche wieder glatt.
    Doch Gesils Argwohn erlosch nicht so schnell. Sie konzentrierte sich mit einem Teil ihres Bewußtseins wieder auf die geometrischen Muster und die Schnittpunkte ihrer mathematisch hervorgehobenen Linien, während der andere Teil ihre Umgebung und besonders den See überwachte.
    Plötzlich kochte in der Nähe des Gelbrindenbaums das Wasser auf, etwas Dunkles, Riesiges schoß aus der Tiefe nach oben, entfaltete wie eine Seeanemone zahlreiche Tentakel und fiel schwer neben dem Gelbrindenbaum herab.
    Der ganze Baum erzitterte von der Heftigkeit des Aufpralls. Gesil wäre zweifellos zerschmettert worden, hätte sie sich immer noch an ihrem Platz befunden.
    Erneut war ihr, als schwebte sie schwerelos.
    Im nächsten Moment lag sie wieder auf dem schmutzigen Boden ihrer Gefängniszelle. Die geometrischen Muster vor ihrem geistigen Auge waren ebenso verschwunden wie der Gelbrindenbaum, der See und das übrige Dschungel-Szenario. Statt dessen wich ringsum die Dunkelheit - und je weiter die Helligkeit vordrang, um so mehr andere Zellen konnte Gesil sehen.
    Bis sie schließlich den ganzen aus ihrer Zelle sichtbaren Gefängnisbau sah.
    Sie brauchte nicht lange, um zu begreifen, daß die Materieprojektion desaktiviert worden war.
    Wahrscheinlich war sie ein Teil der angedrohten Strafverschärfung gewesen, einer Strafverschärfung, die leicht zu ihrem Tode hätte führen können.
    Oder hatte sie zu ihrem Tode führen sollen?
    War sie nur davongekommen, weil sie die Kraftfeldlinien der vierdimensionalen Raum-Zeit-Struktur gesehen und ihre Drehpunkte zur zeitlosen Versetzung benutzt hatte?
    Aber die letzte Versetzung war noch gar nicht beendet gewesen.
    Die Frau stemmte ihren Oberkörper hoch, als sie ein Geräusch hörte. Sie sah, daß sich einen Meter vor ihr die Klappe geöffnet hatte, durch die sie nach dem Öffnen der Gittertür in ihre Zelle gestoßen worden war, „Herauskommen, bitte!" sagte die helle Stimme eines Kontiden.
    Gesil dachte, sie hätte nicht richtig gehört. Seit ihrer Verhaftung hatte niemand „bitte" zu ihr gesagt.
    Doch sie fragte nicht nach dem Warum, sondern gehorchte schweigend.
    Draußen erwarteten sie zwei bewaffnete Kontiden, aber im Gegensatz zu denen, die sie damals in die Zelle geführt hatten, wandten diese keine körperliche Gewalt gegen sie an. Sie eskortierten sie vielmehr.
    Es ging in einen Transmitterraum, in dem Gesil mit ihren beiden
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