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1524 - Die Uhren von Wanderer

Titel: 1524 - Die Uhren von Wanderer
Autoren: Unbekannt
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zurückkehren und sich als Mann bezeichnen, wenn er eine Jagdbeute mitbrachte. Und die Trophäe hatte groß genug zu sein, daß das Fleisch für den ganzen Stamm zu einem Festgelage reichte.
    Das Glück war Dem am wichtigsten Tag seines Lebens hold. Er hatte eine Herde Rotwild aufgespürt, und es war ihm gelungen, ein älteres Tier von der Herde zu trennen und bis zu dem Strom zu treiben, der die Steppe beendete und die natürliche Grenze der Welt bildete.
    Er glaubte, das Tier in die Enge getrieben und leichte Beute zu haben. Er warf den Speer und traf gut. Doch das getroffene Tier fiel ins Wasser und wurde von den Fluten abgetrieben.
    In seiner Verzweiflung und Enttäuschung sprang Dem seiner Beute hinterher, um es im Kampf gegen das nasse Element vielleicht doch noch ans Ufer retten zu können.
    Tatsächlich gelang es ihm, das Tier zu erreichen und sich an ihm festzuklammern. Und während das Wild einen verzweifelten Todeskampf gegen den in seinem Leib steckenden Speer und die tobenden Fluten ausstand, mußte es sich auch noch des gegen den Ertrinkungstod kämpfenden Dem zu erwehren versuchen.
    Irgendwann erlahmten die Kräfte des Tieres. Es versank, und Dem wurde ebenfalls in die Tiefe gerissen. Er mußte, als er verzweifelt nach Luft rang, Unmengen von Wasser schlukken, bevor er wieder an die Wasseroberfläche gelangte.
    Als er aus dem Wasser auftauchte, sah er das rettende Ufer vor sich und einen Baumstamm, der in den Strom gekippt war und dessen Äste fast bis zu ihm reichten. Es gelang ihm, einen der Äste zu erwischen. Doch das morsche Holz brach. Beim zweitenmal hatte er mehr Glück. Er erwischte einen Ast, der ihn tragen konnte, und zog sich daran bis zum Stamm und kletterte an diesem mit letzten Kräften bis ans Ufer.
    Dort angekommen, spuckte er zuerst einmal alles Wasser aus, das seinen Körper gefüllt hatte, dann legte er sich hin, bis sich sein rasselnder Atem gemäßigt und sich das Zittern seiner Glieder beruhigt hatte.
    Endlich fühlte er seine Beine kräftig genug, daß sie ihn wieder tragen konnten, und er stand auf und versuchte sich zu orientieren. Er blickte ins Land vor sich hinein. Es erstreckte sich endlos und flach vor ihm. Und irgendwo am dunstigen Horizont war ein dunkler Streif, in dem es durch den Schein der untergehenden Sonne golden flimmerte. Dann drehte er sich um und sah im Land auf der anderen Seite des Stromes eine vertraute Bergkette in einer Entfernung von einem Tagesmarsch, hinter der gerade die Sonne versank.
    Und da wurde ihm klar, daß er auf dem falschen Ufer des Stromes an Land gekommen war. Hier war die verbotene Zone. Das Niemandsland. Die Nicht-Welt.
    Warum war er nicht tot?
    Er hätte eigentlich sofort sterben müssen, als er die unsichtbare Grenze seiner Welt überschritt.
    Aber weder das nasse Element, noch die unsichtbare Grenze hatten ihn geschafft. Dem lebte. Er machte einen Schritt in die verbotene Zone hinein. Und dann noch einen und noch einen. Und in plötzlichem Übermut beschloß er, solange weiterzugehen, wie ihn die Beine trugen. Er kam dem dunklen Streif am Horizont näher und näher.
    Es war inzwischen Nacht geworden, aber er verlor sein Ziel nicht aus den Augen, denn es waren dort viele Lichter entzündet worden, die ihm ein deutlicher Wegweiser waren.
    Endlich war er seinem Ziel nahe genug, daß er Einzelheiten erkennen konnte, und er erkannte, daß es sich um eine große Ansammlung seltsamer, hügelähnlicher Gebilde handelte. Und in diesen künstlich erschaffenen Erhebungen waren Öffnungen. Und durch manche der größeren Öffnungen, gingen aufrechte Wesen wie er ein und aus, und durch die kleineren Öffnungen strahlten die vielen Lichter, die ihn angelockt hatten.
    Und es gab der Menschen unglaublich viele, sie tummelten sich zwischen den Erhebungen wie die Ameisen, und sie waren prächtig gekleidet.
    Nachdem Dem eine Weile staunend dagestanden hatte, faßte er sich ein Herz und wollte weitergehen und die Menschen und ihre über dem Boden gebauten Höhlen aus der Nähe begaffen.
    Doch kaum hatte er den ersten Schritt getan, da vernahm er plötzlich eine furchterregende, donnernde Stimme in seinem Kopf. Sie sagte: Du hast das Verbot mißachtet. Du hast die Grenze überschritten. Kehre sofort wieder um! Oder es ist dein Tod!
    Und dann folgte der zornigen Mahnung ein Gelächter, das schrecklicher war als die Todesdrohung selbst. Die Angst fuhr Dem in die Glieder und packte mit eisigem Griff sein Herz. Das furchtbare Gelächter trieb ihn dazu, sich
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