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1508 - Der Templerjunge

1508 - Der Templerjunge

Titel: 1508 - Der Templerjunge
Autoren: Jason Dark
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ich jetzt bin, Mutter. Das musst du mir glauben. Ich möchte gern wie die anderen Jungen in meinem Alter sein.«
    Marita nickte. »Das glaube ich dir, Imre, o ja, das glaube ich dir gern. Ich würde es auch so wollen, aber es ist unser Schicksal. Ich habe damals einen Fehler begangen und…«
    »Nein, nein, das hast du nicht. Ich liebe dich, und ich will nicht, dass du dir irgendwelche Vorwürfe machst. So etwas würde mich sehr traurig machen.«
    »Danke, dass du so denkst. Noch können wir nicht raus. Noch müssen wir mit dem Wagen unterwegs sein und die Jahrmärkte abfahren, um den Menschen ihre angebliche Zukunft vorauszusagen. Vielleicht ändert es sich mal.«
    »Ich weiß, dass es so kommen wird.«
    »Was macht dich denn so sicher, Imre?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Aber jetzt, da ich richtig erwacht bin, möchte ich es nicht mehr. Und da habe ich mir schon einen Plan ausgedacht.«
    »Willst du ihn mir verraten?«
    »Nein, Mutter, nein, das möchte ich nicht. Aber ich bitte dich um dein Vertrauen.«
    »Sicher, Imre, das hast du.«
    »Dann lass uns jetzt fahren, denn ich gehe davon aus, dass man bald die Gegend hier absuchen wird.«
    »Wie du willst.«
    Marita Kovec ließ den Motor an und fuhr los. Sie gab nicht zu viel Gas, sie fuhr völlig normal die mal gerade und dann wieder kurvenreiche Strecke.
    Nach knapp einer halben Stunde, sie hatten sich vom Schauplatz der Explosion in eine andere Richtung entfernt, erreichten sie den alten Bauernhof, der von seinen Besitzern verlassen worden war, zum Verkauf stand und nun vor sich hingammelte.
    Zwischen dem Wohnhaus und der Scheune gab es einen genügend breiten Streifen, der auch einen Wohnwagen aufnehmen konnte. Es war ein älteres Modell, auch recht klein, und seine Außenhaut sah aus wie vergilbte Milch.
    In ihm lebten Mutter und Sohn, und sie würden auch den Rest der Nacht in diesem Wagen verbringen. Erst am anderen Morgen würden sie weiterfahren und einen Jahrmarkt besuchen, wo dann wieder die Menschen zu ihnen kamen, um mehr über ihr künftiges Schicksal zu erfahren.
    So war es in den letzten Jahren gewesen, aber Marita Kovec wurde das Gefühl nicht los, dass diese Zeit nicht mehr lange andauern würde, denn jetzt hatte ihr Sohn ein bestimmtes Alter erreicht, vor dem sie sich gefürchtet hatte.
    »Wenn er zwölf Jahre alt ist, werden meine Gene durchschlagen.« Das hatte Imres Vater ihr versprochen, und jetzt war das Versprechen tatsächlich eingetreten.
    Sie hatte Imre als Ersten aussteigen lassen. Mit langsamen Schritten und in Gedanken versunken ging der Junge auf den Wohnwagen zu, dessen Seitentür er öffnete.
    Marita ließ sich noch ein wenig Zeit. Sie stand vor ihrem Wagen und schaute in die Dunkelheit hinein. Sie war eine Freundin der Stille. Doch in dieser Nacht empfand sie diese nicht als entspannend. Jetzt kam sie ihr bedrohlich vor, als würde sie tief in ihrem Innern etwas Grauenvolles verbergen, das sie erst nach und nach freiließ.
    Ein kalter Schauer rieselte über ihren Rücken, und sie stieg schnell in den Wohnwagen.
    Imre lag völlig angezogen auf seinem Bett. Er hielt die Augen geschlossen und war sofort in einen tiefen Schlaf gefallen…
    ***
    Aber Imre schlief nicht. Da irrte seine Mutter. Er tat nur so, denn er wollte keine Unterhaltung mehr. Für ihn war diese Nacht noch nicht beendet, nur sollte seine Mutter davon nichts mitbekommen. Das musste er allein durchstehen.
    Seine Mutter hatte das Licht nicht eingeschaltet. Er hörte, dass sie ihre Kleidung ablegte. Wenig später vernahm er das Geräusch einer eingedrückten Matratze. Er sah schattenhaft die Bewegung, als seine Mutter eine Flasche zum Mund führte und einige Schlucke trank. Dann stellte sie die Flasche zu Boden und legte sich hin.
    Imre wartete noch. Er wusste, dass seine Mutter so leicht nicht einschlafen konnte. Sie lag noch immer einige Zeit wach, und zumeist betete sie noch.
    Das tat sie auch in diesem Fall. Sie sprach nicht laut. In der Stille waren auch die leisen Worte zu verstehen, und der Junge hörte, dass seine Mutter den Allmächtigen um Vergebung bat. Sie hatte gesündigt, nicht so sehr in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit, als sie den Mann kennen gelernt und sich ihm hingegeben hatte.
    Er war ein Fremder gewesen, keiner aus der Sippe, aber er war Imres Vater geworden. Sie hatte den Jungen geboren, und sie dachte nicht daran, ihn im Stich zu lassen. Er war von ihr aufgezogen worden. Er hatte ihr zur Seite gestanden, und er war zu einem
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