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1470 - Der Wechselbalg

1470 - Der Wechselbalg

Titel: 1470 - Der Wechselbalg
Autoren: Jason Dark
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Balken. Ich hatte den Eindruck, dass er sich darauf besonders konzentrierte. Das las ich auch an den Bewegungen seiner Augen ab.
    Ich wollte ihm helfen und fragte deshalb: »Sind es vielleicht die Buchstaben?«
    Das war ein Treffer ins Schwarze, glaubte ich zumindest, denn er zuckte zusammen.
    »Habe ich Recht?« drängte ich.
    »Ich – ich – glaube…«
    Ich lächelte ihm zu. »Sehr gut, mein Freund, sehr gut. So kann alles okay werden, wenn du über deinen eigenen Schatten springst. Jetzt musst du mir nur sagen, was du dabei fühlst. Was sagen dir die Buchstaben genau?«
    »Darin steckt etwas.«
    »Gut. Und weiter?«
    »Eine Botschaft. Etwas tief in ihm. Ich – ich – kann es nicht genau sagen, aber sie sind etwas Besonderes. Haben sie auch etwas mit den Engel zu tun?«
    »Sehr gut, mein Freund. Ja, das haben sie.«
    Der Junge schwieg. Er bewegte unbehaglich die Schultern. Dann fragte er: »Was kann es denn sein? Bitte, was steckt darin? Welche Botschaft soll ich bekommen?«
    »Nein, du musst anders denken. Es ist zunächst keine Botschaft, die darin steckt. Zumindest nicht für dich. Aber diese Buchstaben stehen für vier Erzengel. Für Michael, für Gabriel, für Raphael und für Uriel. Es sind die Anfangsbuchstaben ihrer Namen. Ich lenke, dass du das schon gespürt hast.«
    Eine Antwort erhielt ich erst mal nicht. Er schaute ins Leere, obwohl er seinen Blick auf mich gerichtet hatte. Hinter seiner Stirn arbeitete es. Er wollte und musste nachdenken. Er schluckte dabei. Die Luft zog er durch die Nase ein, und schließlich hörten wir doch eine Frage.
    »Nicht Metatron?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Er gehört nicht zu der Gruppe. Er hätte es vielleicht gern gehabt, aber das war nicht möglich. Er hat sich zu sehr zur anderen Seite hingezogen gefühlt. Er hat seine Macht überschätzt und die der anderen Erzengel unterschätzt. Er ist seinem großen Vorbild Luzifer gefolgt, und das war sein Fehler.«
    »Aber er ist ein Engel.«
    »Ja, schon. Die Legende besagt, dass Metatron früher mal ein Mensch gewesen ist und in den Himmel aufgenommen wurde. Dort wurde er zum Erzengel. Über seinen genauen Weg wissen nur wenige Bescheid. Angeblich hat er seinen Einfluss schon in den Geschichten des Alten Testaments gehabt. Dort soll er derjenige gewesen sein, der den Stamm Israel aus der Wildnis führte und Isaak davor bewahrte, geopfert zu werden. Man kann ihn durchaus als eine besondere Gestalt bezeichnen. Vielleicht hat er sich mal als Mittler zwischen den Menschen und dem Himmel gesehen und hat sich dabei überschätzt.«
    »Das weiß ich nicht«, flüsterte Seth.
    »Es ist auch Vergangenheit«, beruhigte ich ihn. »Und was alles mit ihm passiert ist, das kann ich dir auch nicht sagen. Aber es stimmt schon. Metatron hat eine besondere Rolle in diesen Kämpfen gespielt, und er hat bis heute nicht aufgegeben.«
    Seth hatte in den vergangenen Minuten viel zu hören bekommen, was er zunächst mal verdauen musste. Das nahm eine gewisse Zeit in Anspruch. Suko und ich kannten das, wir blieben relativ gelassen.
    Ganz im Gegensatz zu Wayne Rooney. Er saß am Tisch und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Er atmete schwer ein und ebenso schwer aus. Ab und zu hob er die Schultern an, und wir sahen auch, wie er zwischendurch immer wieder den Kopf schüttelte.
    Ich wandte mich wieder an den Jungen und fragte: »Bist du jetzt wieder etwas klarer?«
    »Weiß nicht.«
    »Und wie stehst du zu dem Kreuz? Freust du dich darüber, dass so etwas überhaupt existiert?«
    Er schluckte seinen Speichel, und wir stellten fest, dass sich der Schweiß als dicke Schicht auf seine Stirn gelegt hatte. Über was er nachdachte, das wussten wir nicht, doch die Unsicherheit fiel uns auf.
    Urplötzlich stellte er eine Frage.
    »Darf ich es anfassen?«
    Erst schaute er mir in die Augen, dann senkte er den Blick.
    Das Kreuz lag weiterhin auf meiner Handfläche, und mein Mund verzog sich zu einem Lächeln.
    »Wenn du willst, dann darfst du es auch anfassen, mein Lieber.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich überlege noch«, murmelte er dann.
    »Es ist deine Entscheidung. Wenn du willst, dann fasse es an. Und wenn du sicher bist, dass es dir nichts antut. Es steht auf der Seite derjenigen, die das Gute wollen. Das Böse wird von diesem Kreuz ausgemerzt. Deshalb solltest du ruhig einen Versuch starten. Ich habe wirklich nichts dagegen. Aber wie ich schon sagte, es ist einzig und allein deine Sache.«
    »Ich – ich – weiß nicht…«
    Seth
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