1470 - Der Wechselbalg
Wayne. Da muss sich jeder seine eigene Meinung bilden. Ich möchte Sie nicht mit dem belasten, was Suko und ich alles erlebt haben, aber wir müssen damit rechnen, das Metatron die Gestalt im Hintergrund ist. Dazu passen auch die Witterungsverhältnisse.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Man sagt, wenn er erscheint, wird er von Sturm und Blitzen umgeben sein. Ein Unwetter haben wir hinter uns. Ich kann mir vorstellen, dass wir noch ein zweites erleben.«
»Mit ihm?«
»Ich will es nicht hoffen«, sagte ich abschließend.
Wir mussten uns endlich wieder um Seth kümmern, und ich wollte herausfinden, wie weit er mittlerweile schon beeinflusst war.
Am sichersten war noch immer die Probe durch das Kreuz.
Als ich seinen Namen aussprach, stellte Seth das Glas zur Seite.
»Darf ich dich etwas fragen?« Ich wollte ihn nur allmählich auf das Thema vorbereiten.
»Gern.«
»Ich muss mal wieder von den Engel sprechen. Du hast Metatron genannt. Kannst du dir denn vorstellen, dass es noch andere mächtige Engel gibt, die nicht auf seiner Seite stehen?«
Er runzelte die Stirn. »Ja, ich habe davon gehört. Meine Ziehmutter sprach von Engeln. Auch von Erzengeln, die sie als mächtige Schutzgeister ansah.«
»Da hat sie Recht gehabt.«
»Aber Metatron ist auch mächtig. Er regiert in einem riesigen Bereich. Alle fürchten sich vor ihm.«
»Ich denke, dass es Ausnahmen gibt. Zum Beispiel kenne ich vier Erzengel, die sich wohl nicht vor ihm fürchten. Sie heißen Michael, Gabriel, Raphael und Uriel.«
»Gute Engel.« Er lächelte. »Ich kenne wohl die Namen. Sie wurden bei uns genannt.«
»Und du fürchtest dich nicht vor ihnen?«
»Nein.«
»Darf ich die Probe machen?« fragte ich.
»Wie denn?« Seth war durcheinander und schüttelte den Kopf.
»Indem ich dir etwas zeige.«
Er hob die Augenbrauen, schaute mich an, überlegte dabei und entdeckte keinen Argwohn in meinen Augen.
»Ja, du darfst es, John. Du darfst alles, was mir und uns allen weiterhilft.«
Ich lächelte ihm zu. »Klar, wir wollen hoffen, dass wir einen Schritt vorankommen.« Ich griff in die Tasche und holte mein Kreuz hervor, um das ich noch die Faust geschlossen hielt.
Seth verfolgte den Weg meiner Hand, die schließlich mit der Innenfläche nach oben, aber noch als Faust auf dem Tisch liegen blieb.
»Was hast du da?«
»Du wirst es gleich sehen, Seth. Schau genau hin und sage uns dann ehrlich, wie du dich fühlst.«
Er nickte.
Auch ich spürte in mir eine gewisse Spannung. Es konnte klappen, aber es konnte auch danebengehen, denn ich kannte Seth einfach zu wenig. Trotzdem war es für mich der einzige Schritt, der uns weiterbringen konnte.
Bevor ich meine Faust öffnete, warf ich dem Jungen einen letzten Blick zu. Er schaute nur auf meine Finger, die ich im Schneckentempo streckte. Es bildete sich die normale Hand, auf dessen Fläche das Kreuz lag.
Jetzt kam es darauf an.
Seth tat nichts. Er starrte nur. Das Kreuz saugte seine Blicke an wie ein Magnet. Als er einatmete, hörten wir seinen leisen Schrei und zugleich ein Stöhnen. Nichts klang nach Panik, ich wunderte mich nur über die Reaktion, und als ich dem Jungen ins Gesicht schaute, entdeckte ich keinerlei Veränderung im negativen Sinne.
Ich nickte ihm zu, während ich meine Hand mit dem Kreuz auf der Tischplatte liegen ließ.
»Was spürst du, Seth?«
Der Junge bemühte sich um eine Antwort. Es arbeitete in seinem Gesicht. Er schüttelte den Kopf, nickte danach wieder. Dann presste er seine Lippen aufeinander und behielt trotzdem seinen Blick nach vorn gerichtet. Das Kreuz faszinierte ihn und stieß ihn gleichzeitig ab. Er steckte in einem wirklichen Dilemma.
Ich stellte ihm eine Frage. »Kennst du das Kreuz vielleicht? Hast du es schon mal gesehen?«
»Nein.«
»Gut. Was spürst du? Warum nimmt dich der Anblick so stark mit? Was stört dich an ihm?«
»Da ist etwas in ihm«, sagte er mit leiser und auch stockender Stimme. »Ich kann nicht sagen, was es ist, aber ich kann es spüren. Es steckt darin.«
Einen Moment hielt ich die Luft an.
»Was könnte es denn sein?« murmelte ich dann.
Er legte seinen Kopf schief und hob die Schultern. Nach einigem Überlegen sagte er: »Vielleicht eine Botschaft…?«
»Das hört sich schon gut an. Könntest du denn sagen, wer dir diese Botschaft mitteilt?«
Seth musste meine Frage erst verdauen. Er überlegte und bewegte seine Augen. Er sah alles. Die Zeichen und Symbole und er sah auch die vier Buchstaben an den Enden der vier
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