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1458 - Die Mordkapelle

1458 - Die Mordkapelle

Titel: 1458 - Die Mordkapelle
Autoren: Jason Dark
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auch nicht aussah wie jemand, der gestorben war.
    Nicht starr, nicht verwest oder so weiter. Sie lebte und bewegte sich wie jeder normale Mensch.
    Für Wilma Lansbury stand fest, dass sie es mit einem jungen Menschen zu tun hatte, der verrückt geworden war. Vanessa Blair musste einen Schaden erlitten haben. Ihr Geist war verwirrt. Sie hielt sich für tot, besuchte sogar den Friedhof und unterhielt sich mit den Toten. Das konnte es doch nicht geben!
    »Ich habe sie gehört. Die Toten liegen in den Gräbern, und sie melden sich. Sie sind nicht für immer aus dem Leben geschieden. Sie existieren hier weiter. Sie haben ihre eigenen Welten und ihre eigenen Gesetze, nach denen sie leben…«
    »Ach ja?«
    »Natürlich. Ich habe mit ihnen gesprochen. Ich habe ihre Stimmen hören können. Manche sind glücklich, andere nicht. Sie wispern mir etwas zu und beneiden mich.«
    »Warum sollten sie das tun?«
    »Weil ich nicht unter der Erde liege und mich noch immer unter den Menschen bewegen kann. Damit haben sie ihre Probleme, denn das würden sie auch gern tun.«
    Wilma Lansbury musste sich zusammenreißen, um nicht loszuschreien. Sie dachte an das Verhalten der jungen Frau. Sie hatte sich tatsächlich mit jemandem unterhalten, als sie über den Friedhof gefahren war.
    Aber doch nicht mit Toten!
    Wilma versuchte, sich von den Gedanken zu befreien. Sie nickte Vanessa zu und schaffte sogar ein Lächeln.
    »Jetzt mal langsam, bitte. Du bist mit dem Fahrrad unterwegs und fährst hier auf dem kleinen Friedhof herum. Wissen dein Onkel und deine Tante davon?«
    »Wovon?«
    »Dass du hier herumfährst.«
    »Nein.«
    »Dachte ich mir«, murmelte die Frau. »Wissen sie denn, dass du tot bist, Vanessa?«
    Für einen Moment weiteten sich die Augen der jungen Frau. Langsam schüttelte die den Kopf. Dann lächelte sie verkrampft, doch eine Antwort gab sie Wilma Lansbury nicht.
    »Also nein.«
    Vanessa lächelte. »Ich muss jetzt weiter«, erklärte sie. »Ich – ich – habe noch viel zu tun.«
    »Mit den Toten?«, fragte Wilma spöttisch und wunderte sich, dass sie so cool blieb.
    »Ja. Aber es gibt nicht nur sie. Ich denke da auch an die Lebenden, die wichtig sind. Sehr wichtig sogar. Die Lebenden und die Toten. Sie gehören zusammen. Es gibt Momente, da bilden sie eine Gemeinschaft.« Sie nickte. »Ja, so ist das.« Dann schob sie ihr Bike auf Wilma Lansbury zu, die nichts sagte und Vanessa nur in das blasse Gesicht schaute, wobei ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief.
    Sie ließ die Tote vorbei. Sehr dicht sogar. Vanessas blasses Gesicht war nicht weit entfernt, und noch blasser waren die Lippen. Aber das war es nicht, was die alte Frau erschreckte. Etwas anderes fiel ihr auf oder kam ihr erst jetzt richtig zu Bewusstsein.
    Vanessa Blair atmete nicht!
    Wilma schloss für einen Moment die Augen. Wieder erlebte sie das Gefühl, dass ihr jemand die Beine unter dem Körper wegzog.
    Sie kam sich vor, als würde sie schweben, und nur langsam drehte sie den Kopf und schaute auf den Rücken der jungen Frau, die nicht mehr in den Sattel ihres Bikes stieg. Sie schob das Rad neben sich her, aber sie vergaß nicht, mit den Toten zu sprechen, die rechts und links des Weges in den Gräbern lagen.
    Sie redete halblaut, und sie benahm sich so, als würde sie auch eine Antwort erhalten.
    Je weiter sie sich entfernte, umso mehr verlor sich ihre Stimme.
    Erst als Vanessa nicht mehr zu sehen war, wurde Wilma Lansbury die gesamte Tragweite bewusst.
    Und dieses Wissen löste bei ihr den Schock aus. Sie fing an zu zittern. Sie schüttelte den Kopf. Sie hörte sich stöhnen und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten. Durch ihren Kopf zuckten Gedanken, die sie nicht mehr kontrollieren konnte, und als sie sich umdrehte und wegrannte, da musste sie einfach schreien, um nicht an ihrem Entsetzen zu ersticken…
    ***
    »Du kannst froh sein, dass wir so eng befreundet sind«, sagte Bill Conolly zu mir.
    »Aha. Und warum das?«
    »Sonst hätte ich dich nicht mitgenommen.«
    »Und du kannst froh sein, Alter, dass ich aus Freundschaft mitgekommen bin.«
    »Da werde ich dir auch ewig dankbar sein.«
    »Hoffentlich.«
    Wie dem auch war. Es ging um einen recht rätselhaften Fall, mit dem der Reporter Bill Conolly konfrontiert worden war. Jemand aus dem kleinen Ort Hopewell hatte sich gemeldet und behauptet, dass es im Ort eine junge Frau gab, die zwar lebte, aber sehr intensiv behauptete, tot zu sein, und die sogar mit den Toten sprechen konnte.
    Die
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