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1458 - Die Mordkapelle

1458 - Die Mordkapelle

Titel: 1458 - Die Mordkapelle
Autoren: Jason Dark
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nicht und schaute an sich hinab. Bekleidet war sie mit einem Jogginganzug, der ziemlich schmutzig war. An vielen Stellen klebte feuchter Dreck. An anderen war er bereits getrocknet.
    Sie dachte zurück.
    Nein, das war nicht möglich. Das schaffte sie nicht. Irgendwo in ihrem Kopf gab es einen Riss. Etwas war mit ihr passiert, aber sie hatte keine Ahnung, was.
    Sie stand auf.
    Erst jetzt, als sie sich neben der Altarplatte aufhielt, war alles anders. Sie schaute in die Runde und stellte fest, dass sie sich in einer kleinen Kirche befand. Von deren nackten Wänden strömte die Kälte auch nicht, obwohl nicht der schmälste Sonnenstrahl durch eines der vier Fenster drang.
    Langsam drehte Vanessa den Kopf. Für sie war eine bestimmte Richtung wichtig, denn ihr war klar, dass die Kapelle auch einen Ausgang haben musste.
    Schwach nur malte sich die Tür ab. Aber sie war zu erkennen, und Vanessa wusste, wohin sie gehen musste.
    Die ersten Schritte empfand sie als ungewöhnlich. Sie setzte zwar die Füße auf, und trotzdem kam es ihr vor, als würde sie den Boden nicht richtig berühren.
    So ging sie einfach weiter, den Blick auf die Tür gerichtet.
    Wieder etwas, das anders geworden war. Sie bewegte sich nicht normal. Sie ging recht steif, als wäre ihr Körper in ein Korsett gepresst worden.
    Vor der Tür hielt sie für einen Moment an und machte den Eindruck eines Menschen, der nachdachte.
    Sie gab sich einen Ruck, legte die Hand auf die Klinke, drückte sie nach unten und spürte dabei nicht die Kälte des Metalls. Es gab keine Empfindungen in ihr.
    Sie trat nach draußen. Wind empfing sie, Böen, die vom Himmel herabfielen und dabei altes Laub aufwirbelten, das sie leise raschelnd vor sich herschoben.
    Einige Schritte ging sie vor. Der kalte Wind fuhr durch den Stoff ihres Jogginganzugs. Andere Menschen hätten gefröstelt, sie tat es nicht.
    Dann sah sie das Rad – ihr Rad!
    Auf ihrer glatten Stirn zeigten sich erste Falten. Sie sah aus wie jemand, der überlegte, wie es weitergehen sollte. Einen Plan hatte sie noch nicht. Sie ließ alles auf sich zukommen und schlich dahin wie jemand, der lauscht.
    Schließlich blieb sie stehen, drehte sich um und hatte plötzlich eine Idee.
    Vanessa ging die wenigen Schritte zurück, betrat aber nicht die Kapelle, sondern bückte sich und hob ihr Bike an, das für sie plötzlich sehr wichtig geworden war.
    In den folgenden Sekunden tat sie noch nichts. Sie überlegte, was sie tun sollte. Zumindest hätte es für einen Betrachter so ausgesehen.
    Dann hatte sie sich entschlossen, stemmte das linke Bein auf die Erde und hob das rechte an.
    Es war wie gehabt. Sie fuhr. Nichts verlernt. Erste Unsicherheiten, weil sie zu langsam war, verschwanden schnell. Dann formten sich erste Gedanken in ihrem Kopf, denn sie dachte an ein Ziel.
    Wohin sollte das Schicksal sie treiben? Wo fühlte sie sich wohl? Etwas zuckte durch ihren Kopf. Gedanken, die sich dabei in Bilder verwandelten.
    Es gab ein Ziel – den Friedhof!
    ***
    Wilma Lansbury hatte vor knapp einem Monat ihren Mann verloren. Er war achtzig geworden. Nach einem langen Leiden hatte der Herrgott ihn endlich erlöst. Das war auch für seine um zehn Jahre jüngere Frau eine Erlösung gewesen, aber die Trauer war trotzdem vorhanden, und Wilma Lansbury spürte auch so etwas wie ein schlechtes Gewissen ihrem Mann Edward gegenüber, wenn sie nicht jeden Tag den Friedhof besuchte und sich dabei eine Zeit lang an seinem Grab aufhielt.
    Es lag an einer windgeschützten Stelle. Wilma wusste, dass auch sie mal in dieser Erde begraben werden würde. Immer wenn sie daran dachte, verspürte sie einen Schauer.
    Den Weg zum Friedhof legte sie stets mit dem Fahrrad zurück, das mit einem Hilfsmotor ausgestattet war, damit sie bei steileren Strecken nicht zu treten brauchte.
    Das Grab hatte noch keinen Stein. Nur ein schlichtes Kreuz war in die Erde gerammt worden. Ein paar Frühlingsblumen hatte sie in die schmale Vase gestellt, und schon sah das Grab etwas freundlicher aus.
    Trotzdem bekam sie Edward nicht zurück. Den Rest ihres Lebens würde sie allein bleiben.
    Wie immer, wenn sie das Grab besuchte, wollte sie auch jetzt einige Worte mit ihrem verstorbenen Mann reden. Es waren zwar immer die gleichen Sätze, aber es tat ihr gut, wenn sie diese aussprechen konnte. Nur war es diesmal alles anders. Sie wollte etwas sagen, aber sie wurde durch eine Bewegung jenseits des Grabes abgelenkt. Dort sah sie noch einen Besucher, nur wunderte sie sich darüber,
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