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1442 - Das Relikt

1442 - Das Relikt

Titel: 1442 - Das Relikt
Autoren: Jason Dark
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der Sieger. Nicht das, an was du denkst. Auch wenn man es dir anders beigebracht hat, der Teufel hat nicht wirklich verloren.«
    Bei diesen Worten hatte sich der Schmied ganz auf die Seite gedreht, um Godwin voll anschauen zu können.
    Der Junge hatte sich bisher kein Bild vom Teufel gemacht. Aber jetzt war der Schmied Lucien für ihn der Teufel. Ein Mensch, der auf seinem primitiven Lager hockte und ihn anglotzte. Dessen Augen weit geöffnet waren und in denen ein ungewöhnliches Licht tanzte.
    Der Mann, in dessen Rücken sich eine große feuchte Wunde abmalte, und der trotzdem noch lebte und das Kreuz wie einen Anker festhielt.
    Godwin hatte schon Kreuze aus allen möglichen Materialien kennen gelernt. Aus Holz, aus Eisen, aus Kupfer, aber auch aus Silber und Gold. Dieses hier war anders. Es war böse, denn es strahlte etwas ab, das er nicht beschreiben konnte. Dahinter steckte mehr. Er spürte die Kraft, die auch gegen ihn gerichtet war, und er versuchte, dagegen anzugehen. Er konnte sich nicht damit abfinden, und manchmal hatte er den Eindruck, dass es im Innern des Kreuzes feurig aufflammte.
    »Meine Macht«, flüsterte der Schmied. »Der Satan hat mir meine Macht neu gegeben. Ich bin unsterblich geworden.« Er lachte schrill auf. »Ja, ich bin unsterblich.«
    »Nein!«, brüllte Godwin ihn an. »Das bist du nicht! Kein Mensch ist unsterblich. Jeder wird sterben, dafür sind wir Menschen. Verstehst du das nicht?«
    »Ja, ich habe dich verstanden, aber ich bin anders. Ich sehe zwar aus wie ein Mensch, aber ich habe den Segen der Hölle bekommen. Und ich habe das Kreuz. Es ist dem Teufel geweiht. Ich habe es für ihn hergestellt, nur für ihn. Sein Geist steckt darin, und ich werde es in Ehren halten. Es wird mir zeigen, dass ich unsterblich bin.«
    Godwin erwiderte nichts. Aber die Angst war weiterhin da. Sie sorgte auch dafür, dass er zurückwich. Schritt für Schritt und mit einem verdammt unguten Gefühl.
    Die Hände mit dem Kreuz zuckten hoch!
    Es war eine Bewegung, die Godwin nicht gefallen konnte. Er öffnete weit die Augen, auch sein Mund blieb offen, und er ahnte, dass etwas geschehen würde.
    »Ich bin unsterblich!«, brüllte der Alte und rammte sich das Kreuz in die Brust…
    ***
    Godwin wäre am liebsten weggerannt.
    Er schaffte es nicht. Unsichtbare Arme hielten ihn fest. Er musste einfach auf der Stelle stehen bleiben und zuschauen.
    Es war schlimm. Das Kreuz steckte nicht nur tief im Körper des Schmieds, es war auch an der Rückseite wieder zum Vorschein gekommen, wie der Junge sah, als sich der Alte leicht drehte.
    Und er saß noch immer auf dem Bett. Er hätte nach hinten fallen müssen, vielleicht auch nach vorn oder zur Seite, um tot auf dem Boden liegen zu bleiben.
    Das trat nicht ein.
    Er blieb sitzen!
    Sein Gesicht war starr geworden, aber nicht totenstarr, wie es normal gewesen wäre. Die Züge hatten eine erstaunte Starre angenommen, vielleicht auch eine abwartende, als würde in den nächsten Minuten irgendetwas passieren.
    Godwin kam nicht weg. Starr blieb er stehen und schaute nur zu.
    Er hörte das Ächzen aus dem Mund des Schmieds und er wartete vergeblich darauf, dass Blut floss.
    Das ging gegen alle Gesetze. Gegen alles, was man ihn bisher gelehrt hatte. Er musste es hinnehmen, aber er wollte es nicht akzeptieren. Er fing an, gewisse Dinge zu hassen, und hörte sich selbst vor Wut aufheulen.
    Der Schmied stand auf.
    Eine zuckende, hastige Bewegung. Aufrecht blieb er vor Godwin stehen, und in seinen Augen leuchtete wieder dieses Feuer, das nichts Menschliches mehr an sich hatte.
    Das Flackern konnte nur aus der Hölle stammen. Große Pupillen, Feuer darin, ein Kreuz, das im Körper steckte, so etwas hatte sich Godwin bisher nicht einmal in seinen schlimmsten Albträumen vorstellen können.
    Und dann passierte es.
    Lucien schrie auf! Er reckte seinen Körper und stellte sich auf die Zehenspitzen. Sein Gesicht schien nur noch aus Maul zu bestehen.
    Er schrie nach dem Satan. Er breitete die Arme aus, als wollte er die gesamte Hölle umfangen.
    Die Schreie gellten in Godwins Ohren. Sie malträtierten sein Gehirn. Sie waren für ihn wie eine Folter, der er nicht entrinnen konnte. So brachte er es nicht fertig, sich von seinem Platz zu lösen, und er musste warten, bis alles vorbei war.
    Lucien schrie noch immer. Wenn jemand die Qualen der Hölle erlitt, von denen Godwins Lehrer oft gesprochen hatten, dann mussten diese Qualen den Schmied erreicht haben.
    Er drehte sich um seine Achse,
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