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1442 - Das Relikt

1442 - Das Relikt

Titel: 1442 - Das Relikt
Autoren: Jason Dark
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wollte es als Waffe benutzen. Da unser Boot auf den Wellen tanzte, bekam er Probleme mit dem Gleichgewicht.
    Ich hörte etwas poltern. Hinter mir war Godwin auf das Boot gesprungen. Auch er sah das Kreuz und schrie auf. Was mochte sich in seinem Innern abspielen, jetzt, wo er den Gegenstand sah, den er schon in seinem erste Leben erlebt hatte?
    Er brüllte gegen die Geräusche der Natur und des Bootmotors an, und seine Schreie ließen auch den Mann aufmerksam werden.
    Ich hatte mich inzwischen in die Hocke aufgerichtet und mein Kreuz gezogen.
    Der Mann musste das Kreuz sehen, das ich ihm präsentierte. Ich sah plötzlich die Lichtschlieren, die über mein Kreuz huschten, und erkannte zugleich die Veränderung auf dem anderen. Die Helligkeit des Teufelskreuzes nahm ab, die Farbe erhielt einen dunkleren Ton, und dann sah ich, dass sich Schatten innerhalb der Balken bewegten und sich aus diesen Schatten eine Fratze bildete.
    Das war ER.
    Lange hatte er sich mir gegenüber nicht mehr gezeigt. Jetzt konnte der Teufel nicht anders. Er war gelockt worden.
    Der Mann mit der Mütze war wie von Sinnen. Er trachtete noch immer danach, mir das Kreuz wie ein Schwert in die Brust zu rammen.
    Welches Kreuz war stärker?
    Ich wollte die Formel rufen, um meinen Talisman zu aktivieren, als Godwin eingriff. Er war nicht mehr zu halten. Er rannte an mir vorbei, und seinen Schrei würde ich niemals vergessen. Er wollte das Kreuz haben und zugleich seinen Besitzer ausschalten.
    Beide Männer prallten zusammen. Der Templer schleuderte die andere Gestalt zur Seite. Er hatte alles an Wut und Zorn in diesen Sprung hineingelegt – und hatte doch einen Fehler begangen.
    Vielleicht hätte er mir das Kreuz überlassen sollen, denn ich setzte auf meinen Talisman. So aber folgte der Kreuzräuber den Gesetzen der Physik. Kleine Boote haben keine hohe Reling. Ich wurde Zeuge, wie der Mann mit der Mütze mit dem verdammten Kreuzschwert über die Bordwand hinein ins graue Wasser kippte.
    Kein Schrei, kein Lachen, kein Ruf. Das Wasser verschluckte die Gestalt mit dem Kreuz, das den Mann sofort in die Tiefe riss und unseren Blicken entzog.
    Und dann hörte ich einen Schrei!
    Godwin hatte ihn ausgestoßen. Er stand breitbeinig auf dem Deck inmitten des Schnees, hielt die Hände zu Fäusten geballt und wusste selbst, dass es seine Schuld war, dass wir das Kreuz nicht hatten vernichten können und es nun auf dem Grund der Bucht lag. Zusammen mit einem Menschen, der so schnell nicht wieder auftauchen würde. Und wenn, dann würde irgendwann seine Leiche ans Ufer gespült werden.
    »Ich habe es versaut, John«, klagte der Templer sich selbst an. »Ich habe es versaut.«
    »Nobody is perfect, lieber Freund«, erwiderte ich und kümmerte mich anschließend um das Steuer, um das Boot wieder auf Kurs zu bringen…
    ***
    In der Kommandantur der Hafenpolizei tat uns der heiße Kaffee gut. Simon Black persönlich hatte ihn serviert.
    Er hörte sich unsere Geschichte an. Danach versuchten wir herauszufinden, wo der Mann von der See verschluckt worden war. Wir rechneten die Entfernung aus, zudem die Geschwindigkeit und konnten so einen ungefähren Wert ermitteln.
    Dass es nicht mehr weit vom Hafen entfernt gewesen war, wusste ich, nur gefiel mir das Gesicht des Kollegen nicht.
    »Das ist eine Stelle, die ich gar nicht mag, Mr Sinclair.«
    »Was stört Sie? Die Tiefe?«
    »Nein, denn die ist nicht mal so schlimm. Es gibt Sandbänke dort und auch Strömungen. Sollten Sie an eine Bergung gedacht haben, muss ich Sie enttäuschen. Bei den bald zu erwartenden Herbstströmungen verändert sich einiges auf dem Grund der Bucht.«
    »Ich habe verstanden«, murmelte ich.
    Das hatten auch Godwin und Suko. Wobei der Templer schwieg und zu Boden schaute. Ich konnte mich in seinen Zustand hineinversetzen, denn auch ich hatte bereits viele Niederlagen in meinem Leben durchlitten.
    Mein Trost fiel schwach aus. »Zumindest kann dieses Kreuz jetzt kein Unheil mehr anrichten.«
    Der Templer ließ sich Zeit mit der Antwort. Dann fragte er:
    »Glaubst du das wirklich, John?«
    »Nun ja…« Ich hob die Schultern.
    »Ich nicht. Es hat so vieles überstanden, und wenn es vom Teufel gelenkt wird, werden wir bestimmt noch etwas von diesem verfluchten Ding hören. Daran glaube ich fest.«
    Ich schlug ihm auf die Schulter. »Kann sein, Godwin, aber wir werden verdammt wachsam sein…«
    ENDE
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