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1429 - Totenkopf-Ballade

1429 - Totenkopf-Ballade

Titel: 1429 - Totenkopf-Ballade
Autoren: Jason Dark
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zugleich den Gürtel des Mantels zu. »Was spielt das für eine Rolle? Oder mögen Sie keine Russen?«
    Jana winkte ab. »Ach, das hat damit nichts zu tun, obwohl viele die Freunde von früher als Besatzer ansehen. Nicht so schlimm wie die Deutschen zuvor, aber immerhin.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Nein, darum geht es im Prinzip nicht. Nicht jeder Russe ist gleich. Auch bei ihnen gibt es große Unterschiede. Und die beiden sind welche, die ich nicht mag. Zwei Brüder.« Sie lächelte kantig. »Wie soll ich sagen? Das sind welche aus dem Milieu, heißt es doch?«
    »Gangster, meinen Sie?«
    »Ja, Banditen.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Erstens habe ich einen Blick dafür, und zweitens stößt es mir schon komisch auf, wenn vier Bodyguards vor der Tür stehen, hinter der ich massiere. Zudem werden meine Tasche und ich durchsucht, was auch nicht eben angenehm ist.«
    »Verstehe ich. Warum tun Sie es dann?«
    Dagmar rieb Daumen und Zeigefinger der rechten Hand gegeneinander. »Deshalb. Sie zahlen gut. Da sie mir sonst nichts antun, springe ich eben über meinen eigenen Schatten. Außerdem wird auch ihre Kur bald wobei sein, was sich schon herumgesprochen hat. Hier tauchen des Öfteren reiche Russen auf.«
    »Das ist wohl überall so.«
    »Jedes System hat eben seine Vor- und Nachteile«, erklärte die Masseurin.
    »Sie sagen es.«
    Hier war alles okay, und die beiden Frauen verließen den gekachelten Raum. Dagmar Hansen hatte noch immer das Gefühl, wie auf Watte zu laufen. Sie wusste nicht, was Jana alles mit ihr angestellt hatte, aber es hatte ihr ungeheuer gut getan.
    Sie befanden sich im Haupthaus des Kurbetriebs, wo die zahlreichen Anwendungen zur Geltung kamen, die die Kurgäste betrafen.
    Es gab hier auf mehreren Etagen zahlreiche Abteilungen. Trotz des Hochbetriebs im Ort wirkte nichts überfüllt. In den breiten Gängen der verschiedenen Stockwerke verliefen sich die Menschen.
    Die beiden so unterschiedlichen Frauen schritten nebeneinander her. Auch hier im Gang waren die Wände mit Fliesen bedeckt. Sie reichten bis zur halben Höhe und waren von dunkelgrüner Farbe.
    Überhaupt war alles sehr groß, und auch die recht dunklen Farben erdrückten nicht. Hier war der Atem der Geschichte zu spüren. An den Türen hatte man die Schlösser nicht ausgewechselt. Durch einfaches Drehen konnten sie auf- und zugesperrt werden.
    »Und Sie haben vor, noch länger zu bleiben?«, erkundigte sich die Masseurin, die trotz ihres Gewichts recht leichtfüßig ging.
    »Ja, noch mehr als zwei Wochen.«
    »Ja, das ist gut. Sonst lohnt sich eine Kur nicht. Ich habe da meine Erfahrungen.« Sie lächelte Dagmar an. »Dann könnte es ja sein, dass wir uns öfter sehen?«
    »Das schließe ich auf keinen Fall aus.«
    Ab und zu gingen sie an Fenstern vorbei. Glaser hatten dort farbige Scheiben eingesetzt. Sie zeigten Motive aus der Bäderkultur.
    Menschen, die es sich gut gehen ließen, in Wannen oder Badezubern hockten und verwöhnt wurden.
    Der Atem des Historischen war überall zu spüren, und Dagmar musste zugeben, dass es ihr gefiel. Außen und innen erlebte sie eine tiefe Ruhe.
    »Sollen wir schon einen neuen Termin ausmachen? Oder wollen Sie mich lieber anrufen, Dagmar?«
    »Ein Anruf käme mir mehr entgegen. Ich kure hier nicht allein und muss mich mit meinem Partner abstimmen.«
    »Verstehe. Das ist kein Problem. Ich gebe Ihnen meine Karte.« Die Masseurin blieb stehen und kramte in der rechten Tasche ihres Kittels herum.
    Auch Dagmar ging nicht mehr weiter. Sie stellte ihre Tasche ab und reckte sich. Sie war froh, sich in der Kabine noch umgezogen zu haben. So konnte sie direkt zu ihrem Hotelzimmer gehen und sich hinlegen. Eine Stunde Schlaf würde ihr jetzt gefallen. Die Ruhestunde im Heubett hatte sie aufgegeben.
    Da hörten sie den Schrei!
    Er war laut, bestimmt. Aber durch die dicke Tür und das Mauerwerk wurde er gedämpft.
    Beide Frauen zuckten zusammen, blieben stehen und schauten sich an. Die Augen der Masseurin weiteten sich. Sie schüttelte den Kopf und flüsterte: »Ein Schrei?«
    »Ja. Und er hat sich nicht eben fröhlich angehört.«
    »Wo denn?«
    Dagmar drehte sich auf der Stelle. Die Richtung hatte sie erkannt, und sie schaute dorthin, wo sich die Türen befanden. Bevor sie etwas sagen konnte, wiederholte sich der Schrei, und jetzt zuckten beide Frauen wie unter einem Schlag zusammen.
    Dagmar Hansen fuhr herum und deutete auf eine Tür. »Das war dort!« Mehr sagte sie nicht. Sie hastete auf die Tür zu
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