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1429 - Totenkopf-Ballade

1429 - Totenkopf-Ballade

Titel: 1429 - Totenkopf-Ballade
Autoren: Jason Dark
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und bekam mit, wie sich der Knauf des Schlosses drehte.
    Jetzt war die Tür offen.
    Leider ließ sich die Tür nicht mit einem heftigen Ruck aufreißen.
    Dazu war sie zu schwer.
    Dagmar hörte hinter sich die Stimme der Masseurin. Es war keine Zeit, darauf zu achten, denn der Blick nach vorn brachte ihr mehr.
    Sie merkte kaum, dass sie in den Baderaum hineinging, und bei jedem Schritt weiteten sich ihre Augen mehr.
    Ein großes Bad.
    Eine Wanne in der Mitte.
    Sie war bis zum Rand mit Wasser gefüllt. Und in ihr, im Wasser, hockte eine brennende Frau…
    ***
    Das Bild war einfach zu unglaublich, dass sie es fassen konnte. Aber es war vorhanden und keine Einbildung, obwohl Dagmar Hansen sich innerlich gegen das wehrte, was sie mit eigenen Augen sah. Sie hatte das Gefühl, aus dem normalen Leben herausgerissen worden zu sein. Dieses Bild konnte nicht stimmen. Wo Wasser ist, kann kein Feuer sein!, dachte sie. Das ist unmöglich!
    Dagmar ging keinen Schritt weiter. Sie merkte nicht mal, dass sie sich an der Tür festklammerte. Ihr Blick war nach vorn gerichtet. Die brennende Frau in der Wanne und inmitten des Feuers, das sogar noch auf dem Wasser brannte, als hätte man dort eine brennbare Flüssigkeit in Brand gesetzt.
    Dagmar hörte sich sprechen, ohne dass sie sich dessen bewusst wurde. Sie vernahm auch die Stimme der Masseurin in ihrer Nähe, spürte deren Griff und erlebte das Grauen wie im Traum.
    Es hätte sich Rauch bilden müssen. Da dies nicht der Fall war, konnte das Feuer auch keine natürliche Ursache haben. Hier war etwas passiert, was sie nicht begriff, und sie konnte auch nicht helfen.
    Die Frau war von den Flammen eingehüllt, die von der Wasseroberfläche in die Höhe stiegen und sich ihre Beute geholt hatten.
    Als Mensch der europäischen Rasse hatte man eine helle Haut.
    Das hätte auch bei dieser blonden Frau der Fall sein müssen, aber es traf nicht zu, denn die Haut war verkohlt.
    Was ab und zu in den Lücken zwischen den tanzenden Flammen zum Vorschein kam, war ein verbrannter Körper. Geschwärzt. Von den Beinen bis zum Kopf, wo die Haare ebenfalls Feuer gefangen hatten, wobei von ihnen einige Funken wegflogen.
    Dagmar wusste nicht, wie lange sie in der Türöffnung gestanden und geschaut hatte. Die Zeit hatte ihre Bedeutung verloren. Sie musste einfach hinschauen. Sie konnte nicht wegsehen. Es war wie ein Zwang, dem sie nichts entgegenzusetzen hatte.
    Bis zu dem Zeitpunkt, als die Frau in der Wanne zusammensackte.
    Sie hatte bisher gestanden. Das war ihr nicht mehr möglich. Ihre Knie gaben nach. Das Feuer hatte ganze Arbeit geleistet, und so fiel sie in das brennende Wasser.
    Der Körper klatschte hinein. Das Wasser schwappte über ihn hinweg, und Dagmar und die Masseurin Jana schauten zu, wie die Flammen allmählich zusammensackten. Ein letztes Flackern huschte über die Oberfläche. Tanzende Finger, die nicht durch das Wasser gelöscht wurden, sondern von selbst erloschen.
    Dann war es vorbei!
    Jana weinte. Sie hatte eine Hand gegen ihre Augen gepresst und lehnte am Türrahmen. So etwas Schreckliches hatte sie wahrscheinlich noch nie in ihrem Leben gesehen. Es war klar, dass sie Zeit brauchte, um es zu verkraften.
    Dagmar Hansen spürte zwar auch den Schock, der bei ihr für eine Lähmung gesorgt hatte, aber sie überwand diese Starre sehr schnell.
    Sie konnte nicht länger auf der Türschwelle stehen bleiben, sie musste sich das Geschehen aus der Nähe ansehen.
    So ging sie langsam auf die Wanne zu. Es war keine Wärme zu spüren. Pfützen schimmerten auf dem Boden. Es war kein Rauch zu riechen. Auch die letzten Flammen hatten sich zurückgezogen. Die Wasseroberfläche war wieder normal geworden. Wellen tanzten auf ihr, und es war auch ein leises Plätschern zu hören.
    Dagmar blieb am Rand der Wanne stehen, und sie schaute auf das Wasser. Es bot sich ihr ein schreckliches Bild. Die Frau war bis auf die Knochen verbrannt. Ihr Skelett war verkohlt.
    Den Grund des Feuers entdeckte Dagmar nicht. Auch das Wasser gab ihr keine Antwort. Es war nicht mal gefärbt und es schwamm auch keine Asche in oder auf ihm.
    In der Wanne lag nur das dunkle Skelett. Das heißt, es war eigentlich kein Skelett, denn an einigen Stellen hingen noch verkohlte Fleischreste.
    Immer wieder rannen Wellen über den makabren Leichnam hinweg, als wollten sie die Reste noch auflösen.
    Dagmar drehte sich schwerfällig um. Sie konnte keinen Kommentar abgeben. Hätte man sie jetzt gefragt, sie hätte nur die Schultern anheben
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