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142 - Der Bluttempel

142 - Der Bluttempel

Titel: 142 - Der Bluttempel
Autoren: Michael M. Thurner
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was ihm selbst beliebte.
    Erzvater marschierte stumm an ihm vorbei, grüßte unter dem Baldachin ein letztes Mal huldvoll in Richtung der Menge und betrat schließlich das mit schwerem Brokatstoff ausgeschlagene Zelt.
    Matt folgte ihm, Aruula im Schlepptau, dahinter Radek und Rraal.
    Das Verhandlungszelt war spartanisch eingerichtet. Es gab einfache hölzerne Sitzbänke, schmal und unbequem. Zwischen ihnen stand ein wackeliger Tisch, auf dem handgezeichnete Karten ausgebreitet waren, sowie zwei Krüge und mehrere hölzerne Trinkgefäße.
    »Was sollte dieser etwas übertriebene Auftritt?«, fragte Matt, nachdem er den Vorhang mit mehreren Schließgemmen zugeknöpft hatte. »Hat Erzvater einen versteckten Hang zum Pathos an sich entdeckt?«
    »Alles nur eine Sache des Selbstvertrauens und des Stolzes, Sohn der Finsternis«, sagte der alte Mann mit entwaffnender Ehrlichkeit und setzte sich mit Radeks Hilfe auf eine Bank.
    »Das Schicksal der Bluttempler ist seit geraumer Zeit untrennbar mit Moska verbunden. Wir geben der Stadt viel, also hat die Stadt uns etwas zurückzugeben, und wenn es sich nur um die mindeste Ehrerbietung handelt.«
    »Und es hat ganz sicher nichts mit Politik zu tun? Mr. Black wird nicht sehr begeistert sein, wenn er vom Pomp und Getöse deines Aufmarsches erfährt.«
    »Der Zaritsch, so sehr ich ihn schätze, versteht sich leider nicht allzu gut darauf, Zeichen zu setzen. Das Volk will unterhalten werden, nicht nur gefüttert. Dieses Vakuum füllen die Bluttempler unter meiner Führung gerne auf… Aber wir sind nicht hier, um über lokale Politik zu reden, nicht wahr?«
    Mit aller Sicherheit der Welt griff der Blinde nach einem der Krüge und goss sich ebenso zielsicher zähflüssigen roten Saft in eines der bereitstehenden Gefäße. »Womit können wir dir dienen, Sohn der Finsternis?«
    Die ironische Betonung des Wortes »dienen« war unüberhörbar. Der alte Mann, durch und durch intrigant und mit allen Wassern gewaschen, wusste um die Stärke seiner Position. Matt wollte etwas von den Bluttemplern – und er würde es sich erkaufen müssen.
    Er seufzte laut und sagte: »Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das Schicksal unserer gemeinsamen Welt.«
    »Tut es das nicht immer?« Der Alte lachte meckernd und streifte seinen Kapuzenumhang ein Stückchen zurück. Für wenige Sekunden wurde das blasse, von pergamentener Haut und breiten Altersflecken gezeichnete Gesicht erkennbar.
    Dünne Lippen, von Myriaden feinster Falten durchzogen, überdeckten einige wenige angespitzte Zähne und wesentlich mehr faulig-schwarze Stumpen. Milchig angelaufene Pupillen sahen starr geradeaus ins Nirgendwo. Links und rechts der schmalen Nasenwurzel wucherte ein dunkelrotes Narbengeflecht. Das Zeichen der Blendung, das einer der Seinen hinterlassen hatte…
    »Warum erzählst du nicht von Anfang an?«, fragte Erzvater mit plötzlich seidenweich gewordener Stimme. »Erst wenn ich die Details kenne, kann ich eine Entscheidung treffen.«
    »Ist es nicht mein Anrecht als Sohn der Finsternis, etwas zu fordern, ohne Rechenschaft abliefern zu müssen?« Bewusst sah Matt in Richtung der beiden Degenmeister, Radek und Rraal.
    Würden sie, die weitaus Jüngeren, mit denen ihn ein gemeinsam erlebtes Abenteuer verband, auf ihren Führer Einfluss nehmen, wenn er sie verunsicherte?
    Radek widerstand seinem fordernden Blick, während Rraal nervös von einem Bein aufs andere stieg.
    »Geht hinaus!«, befahl Erzvater unwirsch seinen Begleitern.
    »Auch die Frau soll verschwinden!«
    Matt überhörte geflissentlich das Zähneknirschen, das von Aruula stammte. Die Verhandlungen waren zu wichtig, um sie wegen einer gekränkten Ehre abzubrechen. Er nickte ihr zu und formulierte in Gedanken ein dringendes »Bitte!«, verbunden mit dem Versprechen, sich auf der Liegestatt ihres Quartiers intensiv für ihr Entgegenkommen zu revanchieren.
    Radek und Rraal verließen wortlos das Zelt, gefolgt von der Barbarin.
    »Du wirst dich heute gehörig anstrengen müssen!«, raunte sie ihm ins Ohr, schlüpfte durch den Spalt und verschloss den Zeltstoff von außen.
    »Wir sind nun ganz alleine«, sagte Matt, wohl wissend, dass es Erzvater mit seinen unheimlichen Sinnen ohnehin bemerkt hatte.
    »Der Inhalt des Gesprächs bleibt unter uns«, krächzte der Alte. »Ich werde es merken, wenn du mit deinem Weib oder einem anderen darüber gesprochen hast.«
    »Ich ebenso, solltest du falsch spielen«, erwiderte Matt gelassen.
    »Dann sind wir uns
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