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1417 - Der Würgeengel

1417 - Der Würgeengel

Titel: 1417 - Der Würgeengel
Autoren: Jason Dark
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tatsächlich mit einem Engel ködern wollen, der ihn angeblich ins Jenseits begleitete, wenn es dann so weit war.
    Er glaubte ja an vieles, daran nun gerade nicht. Auch wenn einige seiner Mitbewohner anders dachten. Oder auch so taten, als würden sie so denken.
    Frauen waren früher für ihn die Engel gewesen. Und davon hatte er zu seinen großen Zeiten viele gehabt. Verheiratet war er nie gewesen, deshalb hatte er auch nie Gewissensbisse zu haben brauchen.
    Wenn nur seine Beine noch besser mitgemacht hätten. Seine alte Geschmeidigkeit bekam er leider nicht mehr zurück, und genau das ärgerte ihn schon gewaltig.
    Er blieb nicht länger am Fenster stehen. Einige Schritte musste er gehen. Der Stock half ihm dabei, auch wenn er sich recht steif voranschob.
    Der alte Schrank, der Schreibtisch, sein Regal mit den Büchern, der Tisch, die beiden Stühle, und selbst der Teppich gehörte ihm. Die Glotze nicht, sie war ihm vom Heim gestellt worden. Er hätte sich eigentlich davor setzen können, um mal durch die Programme zu zappen. Er fand die innerliche Ruhe nicht.
    Es war wie früher. Eugen Roberts war bekannt dafür gewesen, einen gewissen Riecher zu haben. Er fühlte genau, wenn etwas auf ihn zukam, das zu einer Veränderung führen konnte.
    Und jetzt wieder. Er dachte immer an diesen komischen Engel, von dem die Cerny gesprochen hatte, und er wusste auch, dass dieses verdammte Thema noch nicht zu den Akten gelegt war. Da würde noch etwas auf ihn zukommen.
    Auch dachte er über die beiden Fremden nach, die nicht wie normale Besucher ausgesehen hatten. Roberts besaß noch immer den richtigen Blick. Das waren Polizisten gewesen, und sie waren nicht gekommen, um sich einen Platz fürs Alter auszusuchen. Irgendetwas ging hier vor, das sagte ihm seine Nase. Er wusste nur nicht, was da abging, aber er würde es herausfinden, trotz der Behinderung.
    Die Bewegung tat ihm gut. Zwar konnte er nicht ohne Stock laufen, doch er merkte, dass die Gelenke geschmeidiger geworden waren. In seinem Innern hatte sich zudem die Spannung erhöht.
    Als er das Klopfen hörte, stand er in der Nähe seines Fernsehstuhls. »Ja, wer ist da?«
    Die Tür wurde langsam aufgeschoben. Ein Mann, der recht aufrecht ging, schob sich über die Schwelle.
    »Die Zeitung.«
    »Danke. Welche?«
    »Das Time Magazin.«
    »Gut. Leg sie auf das Regal.«
    »Mach ich. Und sonst?«
    »Unkraut vergeht nicht, Richard.«
    »Gut. Bis später dann.«
    »Gut, bis später.«
    Richard, der ehemalige General, der sich im Zweiten Weltkrieg seine Sporen verdient hatte, zog sich zurück. Nicht ohne noch eine Nachricht loszuwerden.
    »Die Cerny will wohl zu dir.«
    »Alles klar.«
    Richard schloss die Tür, die nicht lange geschlossen bleiben würde, das wusste Eugen Roberts. Und er hatte sich nicht geirrt. Er hörte das leise Klopfen, und wenig später wurde die Tür aufgestoßen, sodass die Cerny das Zimmer betreten konnte.
    Sie kam wie immer. Sehr schnell und nicht eben leise. Erst als die Tür hinter ihr zugefallen war und sie den Teppich betrat, wurden ihre Schritte gedämpfter.
    Eugen Roberts mochte die Frau nicht besonders. Das zeigte er ihr auch, als er mit barscher Stimme fragte: »Was wollen Sie?«
    »Zu Ihnen.«
    »Das sehe ich!«
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    Roberts schüttelte den Kopf. »Aber ich nicht mit Ihnen. Ich habe genug von Engeln.«
    »Oh. Woher wissen Sie, dass ich mit Ihnen über Engel sprechen möchte?«
    »Das sehe ich Ihnen an.« Er hob den Stock und schlug ihn zurück auf den Boden, was bei dem Teppich kaum einen Laut verursachte.
    »Ich will mit irgendwelchen Engeln nichts zu tun haben, verstehen Sie? Ich habe genug von denen.«
    Die Cerny lächelte süffisant. »Das glaube ich Ihnen nicht. Nein, das können Sie mir nicht erzählen. Es gibt den Engel. Er ist einfach wunderbar. Er hat bereits einige Menschen auf den Weg ins Jenseits begleitet. Er liebt es, zwischen den Welten zu wandern. Ihn kann nichts aufhalten, wenn er sich mal etwas vorgenommen hat. Der Engel ist ein wunderbarer Begleiter der Menschen in eine andere Welt. Man muss ihn einfach mögen. Es geschieht alles so sanft. Es gibt keine Angst mehr unter denjenigen, die den Weg gehen. Man muss ihn respektieren, und man muss manchmal sein Wissen für sich behalten.«
    Eugen Roberts schüttelte den Kopf. »He, was soll das denn? Ich weiß, was mit den anderen passiert ist. Alles klar, Mrs. Cerny. Aber ich sage Ihnen ehrlich, dass ich keine Lust auf ihn habe. Er ist mir scheißegal.
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