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141 - Das trockene Meer

141 - Das trockene Meer

Titel: 141 - Das trockene Meer
Autoren: Ronald M. Hahn
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zwischen Tscherskij und dem nicht mehr existierenden Ort Magadan eine festungsähnliche Stadt bauen lassen, von der niemand sonst etwas erfuhr. In dieser Stadt siedelte seine Bruderschaft viele Gelehrte an, die Yossifs Reich durch die Entwicklung neuer Waffen unbesiegbar machen sollten.
    »Doch dann starb Yossif, und Noykita, sein Thronerbe, gab das Vorhaben auf und schickte die Gelehrten nach Hause. Die namenlose Stadt, die auf keiner Landkarte verzeichnet war, fiel dem Vergessen anheim.«
    Urla lauschte gebannt. Die Gnädige konnte wirklich schön erzählen. »Und?«, fragte sie aufgeregt.
    »Etwa sechzig Winter später – Noykita war längst tot und Yossifs riesiges Reich in viele kleinere zerfallen, wurde die namenlose Stadt neu entdeckt.« Die Stirn der Gnädigen runzelte sich. »An dieser Stelle werden die Papiere unverständlich.« Sie öffnete einen Aktendeckel. »Hier habe ich die Übersetzung des Schriftgelehrten.« Sie räusperte sich und las vor: »Die namenlose Stadt wurde von Angehörigen vorwiegend aus Amerika stammender Ufologen unter der Herrschaft des Chemikers J.N. Stapleton in Besitz genommen, dem fast der Nobelpreis verliehen worden wäre, hätte er sich nicht als geisteskrank erwiesen. Ihm zufolge sollten in der namenlosen Stadt einst fliegenden Untertassen landen, um ihn und seine Jünger mitzunehmen.«
    Urla runzelte die Stirn. Sie hatte jede Menge Wörter gehört, mit denen sie nichts anfangen konnte. »Amerika?«
    Die Gnädige schaute in die Übersetzung. »Ah, hier ist eine Anmerkung: Ein mythisches Land im Westen, auch als ›Meeraka‹ bekannt. Seine Existenz ist nicht gesichert.«
    »Nobelpreis?«
    »Nun, wie du sicher weißt, heißt nobel so viel wie edel.«
    Die Gnädige runzelte ebenfalls die Stirn. »Der Schriftgelehrte vermutet, dass es ein Preis war, den man Menschen verliehen hat, die durch besondere edle Gesinnung auffielen.«
    »Ufologen? Fliegende Untertassen?«
    Die Herrin zuckte die Achseln. »Das wissen wir nicht. Wie jeder weiß, können Untertassen gemeinhin nicht fliegen.« Sie schaute auf. »Aber der Schriftgelehrte weiß aus den Bibliotheken in Moska etwas über diesen Chemiker – so hat man früher die Alchimisten genannt. Wie heißt er doch gleich?« Sie schaute in die Akte. »Ah, ja, Stapleton.« Die Fältchen um ihre Augen strafften sich.
    Urla beugte sich atemlos vor. Zu phantastisch waren die Dinge, die sie in den letzten Minuten gehört hatte: Eine namenlose Stadt irgendwo in der Wildnis zwischen Tscherskij und Magadan!
    »Er war ein Genius!« Die Gnädige lächelte. »Er hat einen Trank entwickelt, der…«, sie spitzte die Lippen, hob die Hände an ihre entzückt glänzenden Augen und strich ihre Krähenfüße glatt, »… der angeblich jede Krankheit und den körperlichen Verfall bannt und die Länge eines Menschenlebens vervielfacht!«
    Dass Euch das entzückt, dachte Urla, hätte ich mir denken können.
    »Dein Auftrag«, sagte die Gnädige, »lautet folgendermaßen: Spätestens übermorgen brichst du allein und ohne ein Wort über das zu verlieren, was du hier gehört hast, mit meinem kleinen Raddampfer über den Kolyma nach Süden auf.« Sie reichte Urla ein Blatt Papier, das alt und fleckig und voller Symbole war. »Hier ist eine Kopie der Landkarte, die der Schriftgelehrte angefertigt und in unsere Schrift übersetzt hat. Richte dich nach ihren Angaben; sie beschreibt den Weg zur namenlosen Stadt. Stelle fest, ob sie noch existiert. Solltest du sie entdecken, lautet dein Auftrag: Finde die Aufzeichnungen des Alchimisten Stapleton und bringe sie zu mir.«
    Urla schluckte. »Zu Befehl.«
    »Und jetzt«, sagte die Herrin und schenkte sich und Urla erneut ein, »trinken wir noch einen. Auf das Wohl deiner geheimen Expedition!«
    ***
    Ygoor Saljakin löste sein Ohr von der Tür und trat einen Schritt zurück. Was er gerade gehört hatte, klang nicht nur sehr interessant, sondern irgendwie auch profitabel.
    Eine vergessene Stadt mitten in der Wildnis! Ygoors Phantasie entzündete sich sogleich. Vor seinem geistigen Auge erhoben sich die strahlenden Türme einer wunderbaren Ära, in der die Menschen fliegen konnten und sich über weite Strecken verständigten, indem sie in winzige Kästchen sprachen, die sie ans Ohr pressten.
    In Moska hatte er über die Zeit vor dem Eis unglaubliche Dinge gehört! Die Alten hatten die Welt einst mit unglaublich mächtigen Waffen beherrscht. Hin und wieder gruben die Menschen von heute in den Ruinen versunkener Städte Dinge
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