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1373 - Die vergessene Sage

1373 - Die vergessene Sage

Titel: 1373 - Die vergessene Sage
Autoren: Jason Dark
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hasse diese Exorzisten!«, schrie Celine. »Ich hasse alles, auch Euch und dich!«
    »Das weiß ich!«
    De Vichier spannte den Bogen. Wieder zielte er genau. Er war ein hervorragender Schütze, das hatte er schon bei seinem ersten Schuss bewiesen.
    Bald folgte der zweite.
    Es würde der Herztreffer werden.
    Wieder war das Sirren zu hören, wobei die Sehne zurückschnellte und der Pfeil auf die Reise geschickt wurde.
    Die Frau unternahm auch nicht den Versuch, sich zur Seite zu werfen. Sie bewegte sich überhaupt nicht und schien sich sogar auf den Pfeil zu freuen.
    Der traf sie zielgenau.
    Er jagte durch ihre linke Brust und erwischte mit seiner Spitze das Herz.
    Nein, auch diesmal fiel sie nicht. Sie blieb auf ihrem Platz hocken.
    Nur den Kopf drehte sie etwas zurück und zugleich umfasste sie den Schaft des Pfeils.
    Sie zog das Geschoss nicht aus ihrem Körper hervor, obwohl die Geste so aussah.
    Wir kannten sie, und nichts war uns an dieser Szene mehr fremd.
    Und wir wussten auch, dass es keine lebende Person mehr gab, die vor uns saß.
    Diesmal war der Blick gebrochen und nicht so zu sehen wie auf dem Gemälde.
    Der Templerführer ließ den Bogen sinken. Er bedachte seine Schwester nicht mal mit einem letzten Blick und sagte nur: »So hat sich ihr Schicksal erfüllt. Vielleicht ist der Herr ja ihrer Seele gnädig. Ich konnte es nicht sein.«
    Aus dem Hintergrund lösten sich Männer, die sich um die Tote kümmerten. Sie zogen sie von der Mauer weg und schafften sie hinein in die Dunkelheit. Sie würde ihren Platz in dem Grabmal mitten in der Natur bekommen, in dem wir auch schon gewesen waren und das Glenda in ihrem Traum zuerst gesehen hatte.
    De Vichier hatte ein neues Ziel. Das waren wir. Jetzt würde er sein zweites Versprechen halten müssen.
    »Und nun zu euch«, sagte er mit leiser Stimme…
    ***
    Glenda und ich saßen vor ihm und kamen uns vor wie zwei Angeklagte auf der Sünderbank eines Femegerichts. Die Verhältnismäßigkeit der Mittel war schon eingeschränkt. Um unsere Handgelenke spannten sich Stricke, während er der Herr war, der von oben auf uns herabschaute und wie Henker und Richter zugleich wirkte.
    Konnten wir ihn überzeugen, uns nicht zu töten?
    Es würde schwer werden, aber der Versuch war es wert, und so übernahm ich das Wort.
    »Ihr habt es geschafft und das Böse aus der Welt geschafft.« Ich behielt seine Diktion bei. »Aber wir haben mit Eurer Schwester nichts zu tun gehabt, das kann ich Euch schwören. Wir sind keine Verbündeten der Hölle, sondern das Gegenteil.«
    Der Templer tat nichts. Nach wie vor behielt er seinen Platz vor uns. Er dachte nach, und es gab niemand, der ihn störte. Selbst die Pferde hatten ihr Schnauben oder Wiehern eingestellt.
    Dann gab er uns eine Antwort, und die hörte sich für unsere Zukunft nicht gut an.
    »Viele haben ihr Leben schon durch Lügen retten wollen. Aber daran hätten sie vorher denken müssen.«
    »Ich habe nicht gelogen.«
    »Und ich kann es nicht glauben.« Er überlegte. Dabei blickte er mal Glenda an, dann wieder mich. Schließlich hatte er sich zu einer Entscheidung durchgerungen.
    »Ich kann nicht feststellen, ob ihr gelogen habt oder nicht, aber es wird sich erweisen.«
    »Und wie?«
    »Wir werden Euch einer Lügenprobe unterziehen.«
    Nach dieser Antwort zuckte ich zusammen, denn ich wusste, was das bedeutete.
    »Folter?«, flüsterte ich.
    Renaud de Vichier hob die Schultern. »Es ist eine Befragung auf eine andere Art.«
    »Für mich ist es Folter.«
    »Nein, es ist der Weg zur Wahrheit.«
    Er war fest entschlossen, diesen Weg zu gehen, das sah ich ihm an. Da reichte wirklich ein Blick in sein Gesicht. Ich merkte das Kribbeln auf meiner Haut und auch, wie sich etwas um meinen Magen herum zusammenzog.
    Die Verhörmethoden damals waren grausam gewesen. Das kannten wir aus den Überlieferungen. Leider hatten sich auch die Vertreter der Kirche daran beteiligt, und auch die Templer waren alles andere als Chorknaben gewesen.
    »Gibt es denn wirklich keinen anderen Weg?«, flüsterte Glenda.
    Ich wollte schon verneinen, als mir etwas einfiel. Und dieser Gedanke stieß das Blut in meinen Kopf hinein, sodass sich mein Gesicht rötete.
    »Vielleicht doch«, raunte ich Glenda zu. »Aber bleibe bitte ganz ruhig.«
    »Ja, okay.«
    Vor uns bewegte sich de Vichier. Wahrscheinlich wollte er seine Leute heranwinken, um uns abzuholen, damit wir zu den Folterräumen geführt wurden.
    Mein Satz stoppte ihn.
    »Ich bitte noch um einen kurzen
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