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136 - Im Schloss der Daa'muren

136 - Im Schloss der Daa'muren

Titel: 136 - Im Schloss der Daa'muren
Autoren: Stephanie Seidel
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das Buch mit beiden Händen und rüttelte daran.
    Draußen erscholl ein wütender Aufschrei. Florin zog und zerrte an dem Buch. Die Schritte wurden schnell. Die Wachen waren fast heran. Florin gab nicht auf. Er fegte zwei Folianten beiseite, schlang seine Arme um das Buch und stemmte einen Fuß gegen die unteren Regale. Der getarnte Hebel ruckte vor, aber nicht weit genug.
    Da flog die Tür der Bibliothek auf. Tihomirs Wachen kamen brüllend herein gestürmt. Der Neunjährige spürte, wie ihn alle Kraft verließ. Mama!, dachte er verzweifelt. Mama!
    Florin drehte sich um.
    Dann wurde es dunkel.
    ***
    Gespenstische Stille lag über dem Waldrand. Das Abendrot verblasste, und die mächtige, uralte Burgruine – keine zwei Speerwürfe entfernt – schien mit den kriechenden Schatten zu wachsen. Bateras quollen aus dem düsteren Gemäuer und flatterten davon.
    Commander Matthew Drax sah ihnen unruhig nach, über Jennys Kopf hinweg, und sein Blick blieb an Aruula hängen.
    Die Barbarin hatte sich mit den Gefährten versteckt und lauschte. Endlich hob sie den Kopf, und Matts Herz übersprang einen Schlag. Wenn Aruula erneut keine Spur von Ann gefunden hatte, war das Kind verloren!
    »Und?«, fragte er atemlos.
    Aruula nickte. »Sie ist hier.«
    »O Gott sei Dank!« Jenny rang die Hände. »Was macht sie? Geht es ihr gut?«
    Aruula lächelte – zum ersten Mal auf dieser Reise. »Ich kann auf diese Entfernung ihre Gedanken nicht lesen. Aber ich spüre ihre Anwesenheit.«
    »Kannst du feststellen, wo genau sie sich befindet?«, fragte Matt.
    Die Barbarin verneinte. Matt war enttäuscht – aber es konnte im Grunde nur einen Ort geben: den Südturm! Er war das einzige intakte Gebäude außer dem Burgtor, und bei der Familie, die dort hauste, war Ann nicht. Das hatte Aruula ausgekundschaftet.
    »Da! Da!«, stieß Jenny hervor und erhob sich so plötzlich aus der Deckung, dass Matt sie nicht mehr daran hindern konnte. Die junge Frau zeigte erregt auf den Südturm. Es gab einen Erker im oberen Drittel. An der Brüstung, vor beleuchteten Fensterhöhlen, stand eine kleine, schmale Gestalt.
    Matt zog Jenny hastig ins Versteck zurück. Als er aufsah, war das Schattenkind verschwunden.
    ***
    (Da draußen sind Fremde, Grao’sil’aana!) (Es war zu erwarten, doch der Zeitpunkt ist bedauerlich.
    Die Geisel sollte morgen früh an einen anderen Ort gebracht werden.)
    (Ann? Warum denn, Grao’sil’aana?)
    (Sie ist ein Junges von Mefju’drex. Als Druckmittel hätte sie nützlich sein können. Ich veranlasse nun, dass sie neutralisiert wird. Wir werden dann abreisen.)
    (Wir könnten Ann mitnehmen, Grao’sil’aana!) (Das ist nicht vorgesehen. Dein Schutz hat höchste Priorität.
    Folge mir! Wir nehmen den versteckten Weg.) (Aber ich will nicht, dass sie stirbt, Grao’sil’aana!) (Wir werden ein anderes Studienobjekt für dich finden. Und nun komm! Die Primärrassenvertreter werden gleich aufeinander treffen.)
    ***
    Unmittelbar am Südturm ragte noch ein Reststück der alten Ringmauer auf. Matt und Jenny kletterten zügig daran empor – ohne Aruula und früher als geplant. Matt war wütend. Nichts an Operation Annie lief so, wie es sollte! Erst hatten sie das falsche Schloss angesteuert, jetzt war Jenny unüberlegt aus der Deckung gesprungen und hatte damit alle Pläne zunichte gemacht!
    Matt hatte vorgehabt, bis Einbruch der Dunkelheit zu warten. Er wollte systematisch vorgehen, zunächst die Karpatenjäger-Sippe am Tor überwältigen und dann von dort aus in den Turm eindringen. Gemeinsam natürlich, denn es war nicht klug, eine Streitmacht aufzuteilen, die ohnehin nur aus drei Leuten bestand. Nun musste Aruula allein versuchen, die Sippe am Tor in Schach zu halten.
    Wenn es den Wilden gelingt, den Turm zu erreichen, haben wir sie im Rücken! Dann sind wir geliefert! Matts Finger krallten sich in die raue Wand. Ein Stein brach weg, als er den Fuß darauf stellte; er verlagerte das Gewicht und tastete nach einem anderen Halt. Jenny folgte ein Stück versetzt, und auch sie war nicht lautlos unterwegs. Irgendjemand, das ahnte Matt, wusste bereits, dass sie kamen. Er konnte nur beten, dass Anns Bewacher sich erst um ihn und Jenny kümmern würden und dann erst um das Kind.
    Matt erreichte den Erker, zog sich an der steinernen Brüstung hoch und schwang ein Bein darüber. Er hatte die andere Seite kaum erreicht, als Jenny aufschrie. Sie hatte es zu eilig gehabt und war von der Ringmauer nach vorn gesprungen – neben den Erker. Nun hing
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