Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1338 - Die Sechstageroboter

Titel: 1338 - Die Sechstageroboter
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
antwortete. Er tat es zwar nicht in dem mir verständlichen Neu-Kartanisch, sondern in jenem archaisch klingenden Kauderwelsch.
    Gleich darauf explodierte etwas in ihm, und als er unter Energieentladungen verschmorte, mußte ich meinen Schutzschirm einschalten.
    Dao-Lin war schon bei der ersten Explosion gestartet und schwebte bereits hoch über mir. Ich ließ mich zu ihr hochschnellen, und sie funkte mir entgegen: „Fliehen wir! Man könnte uns für den Tod des Roboters verantwortlich machen."
    „Tod? Roboter sterben doch nicht."
    „Er war wie Ikarus", erwiderte Dao-Lin. „Er hat Selbstmord begangen, als er sich ertappt fühlte. Er wollte lieber sterben, als eine Gehirnwäsche über sich ergehen zu lassen."
    „Das hat er dir gesagt?" fragte ich erstaunt. „Was noch?"
    „Das da unten ist keine Wiederverwertungsanläge", antwortete Dao-Lin. „Sondern eine Servicestation.
    Der Sechser wollte sich durch irgendwelche Tricks ihra nicht zustehende Ersatzteile erschleichen."
    Das klang überaus interessant. „Nikki! Nikki!" meldete sich da Poerl aufgeregt. „Wir haben ihn gefunden. Picasso stellt sich zwar tot. Aber wir haben eindeutige Beweise, daß er der Gesuchte ist."
    „Wer ist Picasso?" fragte ich, nicht gerade clever, aber ich stand noch zu sehr unter dem Eindruck des Erlebten. „Jener ängstliche Sechser, von dem uns Ikarus erzählt hat", antwortete Lydia an Poerls Stelle. „Ich habe ihn Picasso getauft, weil er wahre Kunstwerke schafft."
    „Und woran habt ihr ihn erkannt?"
    „Sagte ich doch schon, er ist ein Künstler", antwortete Lydia ungeduldig. „Andere Roboter beschneiden die Hecken schnurgerade. Aber dieser gibt ihnen die phantastischsten Formen. Er schneidet Gesichter und Gestalten heraus und verbindet sie durch unglaubliche Ornamente. Was für Meisterwerke!"
    „Das sehen wir uns an!" beschloß ich.
    Ich war mit der Entwicklung nicht unzufrieden.
    Dafür, daß wir erst wenige Stunden auf Ctl II waren, hatte sich doch schon allerhand getan.
    Wenn es in diesem Tempo weiterging, hatten wir das Geheimnis des Raknor-Nebels in wenigen Tagen gelöst.
    Picasso war ein eineinhalb Meter hoher Zylinder mit einem Durchmesser von siebzig Zentimetern. Den oberen Abschluß des Körpers bildete eine Halbkugel, aus der an die fünfzig antennenförmige, halbmeterlange Stäbe wuchsen. Drei der Stäbe waren bis auf vier Meter ausgefahren. An ihren Enden befanden sich trompetenförmige Erweiterungen mit Düsen. Der Sockel, auf dem der Zylinder ruhte, war ebenfalls trompetenförmig und hatte einen Durchmesser von einem Meter. „Wie schneidet oder stutzt er die Hecken?" erkundigte ich mich. „Wir haben Desintegratorstrahlen angemessen", antwortete Donald Screen. „Er atomisiert die Pflanzenwucherungen, kann den Desintegratorstrahl millimetergenau bis in jede beliebige Tiefe dosieren. Ein wahrer Künstler!"
    Ich betrachtete die Figuren, die der Roboter aus den Hecken herausgeschnitten hatte. Es war ein Sammelsurium von Fabelwesen, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Ein Pantheon von Schreckensgestalten. Aber kein Kartanin darunter. Die ornamentalen Verbindungen mochten Schriftzeichen sein. Aber als ich Dao-Lin fragte, ob sie ihr bekannt vorkämen, schüttelte sie nur den Kopf.
    Picasso hatte eine kreisförmige Hecke mit einem Durchmesser von 500 Metern zu betreuen, die bis zum Mittelpunkt aus weiteren 50 konzentrischen Kreisen bestand. Das ergab eine ganz beachtliche Länge.
    Es würde wohl Tage und Wochen dauern, bis er sich vom äußersten Heckengrund zum Mittelpunkt vorarbeitete. Und wenn er fertig war, würde er wieder von vorne beginnen müssen.
    Ich sprach meine Gedanken aus und zollte dem Roboter Lob für seine Arbeit: „Eine Meisterleistung!"
    Keine Reaktion.
    Wir bearbeiteten den Heckenkünstler bis in den späten Nachmittag hinein, versuchten sogar, ihn durch technische Hilfe von außen zu aktivieren. Er blieb tot.
    Ich redete ihm zu. „Dao-Lin", ich deutete auf die Kartanin und behielt dabei Picassos wie aufgesetzt wirkende Optik im Auge, „und ich waren beim Servicedienst. Dabei haben wir einen Artgenossen von dir kennengelernt. Er wollte sich unbefugt einschleichen, dabei war er völlig intakt. Ich denke, daß er sich Module zulegen wollte, die nicht für seinesgleichen sind. Als wir ihn ansprachen, drehte er durch. War wohl hypersensibel, hochgezüchtet. Er beging Selbstmord. So hatte es zumindest den Anschein. Aber vielleicht hat ihn ein Einser gekillt. Du möchtest doch nicht so enden,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher