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1328 - Die Harmonie des Todes

Titel: 1328 - Die Harmonie des Todes
Autoren: Unbekannt
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und schlossen mit einem summenden, psionisch fast drucklosen Ton, der ein fiktives Opfer langsam hätte erwachen lassen.
    „Das war nicht das letzte Wort", murmelte Salaam Siin. Erst jetzt fühlte er in sich wachsenden Zorn, und er hatte Mühe, nicht aufzubrausen und wilde Beschuldigungen von sich zu geben.
    Der Vorsitzende der Jury erklärte den ersten Finaltag für beendet. Natürlich hatte auch er zu leiden gehabt, aber ein ophalischer Meistersinger, der einem Chor seiner eigenen Rasse erlag, taugte nicht für das hohe Jurorenamt. Deshalb ließ er sich ebenso wenig etwas anmerken wie seine sechs „Beisitzer".
    Salaam Siin bemerkte, daß Kaleng Proo die Sänger der Belku namtal stehen ließ. Der andere kam zielstrebig näher - er hatte einen hämischen Gesichtsausdruck aufgesetzt, dem Salaam Siins Beherrschung um ein Haar doch noch zum Opfer gefallen wäre.
    „Diese erste Runde habe ich gewonnen!" trompetete Kaleng Proo laut genug hinaus, daß in weitem Umkreis jedermann mithören konnte. „Und eines steht jetzt schon fest, Salaam Siin: Wenn am zweiten Finaltag die Entscheidung fällt, schneidet ihr auch nicht besser ab!"
    Er lachte und entfernte sich, bevor Salaam Siin zu einer Entgegnung die Worte fand.
    Gleichzeitig deaktivierte irgendwer den Schutzschirm, der den Innenraum des Amphitheaters bislang abgegrenzt hatte. Sie alle waren plötzlich von einem erregten Lärmpegel umgeben.
    „Warte ab!" sang Salaam Siin leise. Er wußte, daß außer den eigenen Schülern ihn niemand hören konnte. „Ein paar Trümpfe habe ich noch in der Hinterhand!"
     
    *
     
    Salaam Siin nutzte die beiden Ruhetage gut. Er lehrte die Sänger der Nambicu ara wada neuartige Wehrgesänge, die er selbst auf der HARMONIE entwickelt hatte. Zweimal bat ihn Kodexwahrer Graucum noch, Hinweise auf den verschwundenen Koden Free zu liefern, aber ein greifbares Ergebnis sprang dabei nicht heraus. Für Salaam Siin stand fest, daß der Gesuchte ein Beauftragter der Belku namtal gewesen war - eine späte Erkenntnis.
    Am zweiten Finaltag sah das Amphitheater aus wie gehabt: Es war prall gefüllt bis zum letzten Sitzplatz, und der Schutzschirm schloß die Sänger auf engstem Raum hermetisch ab. In der freien Zone zwischen den je tausend Sängern jeder Schule hatten sich sämtliche Mitglieder der Jury versammelt. Als Zeichen besonderer Ehre schwebte Graucum, Kodexwahrer von Mardakaan, in einem offenen Gleiter unter der Schutzschirmkuppel. Bei ihm waren ein oder zwei Somer sowie die ehemaligen Vironauten Danton und Tekener.
    Wettkampfatmosphäre! dachte Salaam Siin; er fühlte, wie Erregung auf ihn übersprang und nicht mehr losließ. Alles klappte hervorragend. Diesmal hatte er seine Sänger vor allen Anschlägen schützen können, so daß zum erstenmal seit Beginn der Ausscheidungen die Bestbesetzung der Nambicu ara wada singen würde.
    Natürlich mußte es schwer werden, die Scharte vom letzten Mal auszuwetzen, aber sie würden auch das schaffen. Ein wenig Glück war nötig.
    „Die Singlehrer zu mir!" rief der Juryvorsitzende, ein Ophaler mit fast violett getönter, borkiger Haut.
    Diesmal gewann Salaam Siin die Auslosung. Er hatte somit das Recht, die Reihenfolge der Darbietungen zu bestimmen. „Die Nambicu ara wada wird beginnen!" sang er. Es war grundsätzlich von Vorteil, als erster zu singen, weil dann der größere nervliche Druck auf der anderen Schule lag. Heute würde sich dies besonders auswirken - galt es doch, präzise modulierte Gesänge zu Ehren des Kriegers Ijarkor oder Estartischer Wunder aufzuführen. Hier lag die eigentliche Stärke der Nambicu ara wada. Umgekehrt hätten sie sich keinerlei Chancen auf den Gesamtsieg mehr ausrechnen dürfen.
    „Auf die Plätze!" forderte er seine Sänger ein letztes Mal auf. „Alles läuft, wie abgesprochen!"
    Er gab die ersten Töne zum Gesang der Heraldischen Tore von Siom Som vor.
    Sekundenlang erfüllte Wehmut Salaam Sans Denken; genau dasselbe Stück hatte er vor mehr als siebzig Standardjahren schon einmal bei einer Prüfung gesungen, und er war gut gefahren damit. Natürlich wies die heutige sängerische Höchstleistung mit den fast tapsigen Versuchen von damals kaum Gemeinsamkeiten auf. Aber Salaam Siin fühlte neben dem Anschwellen der Melodie auch seine Zuversicht wachsen.
    Mit allen zwölf Tentakelarmen gab er Einsatz- und Taktzeichen. Seine Schüler reagierten, wie sie es tausendmal und öfter geprobt hatten. Sie lieferten eine kollektive Meisterleistung ab, und Salaam Siin tat
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