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1328 - Die Harmonie des Todes

Titel: 1328 - Die Harmonie des Todes
Autoren: Unbekannt
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ausreichend psionischen Druck hinzuzugeben. Er wurde schwächer, dachte Salaam Siin alarmiert; lange würden sie alle der mörderischen Intensität nicht mehr standhalten. Wie durch einen reflexerfüllten Tunnel sah er Kaleng Proos Gesicht, das sowohl Siegeswillen als auch Wahnsinn offenbarte. Es war ein verzerrtes Grinsen darin, ein gänzlich unophalischer, fremder Zug...
    Und es war jenes Grinsen, das in Salaam Siins Geist einen sorgfältig gehegten Damm brach.
    Zunächst leise, dann immer lauter intonierte er neben seinem Wehrgesang die ersten Klänge des Nambaq siwa. Er fand kaum noch Kräfte in sich. Viele seiner Schüler begannen nun, sterbend umzusinken, aber gerade dieser Anblick machte letzte Reserven frei. Ihm kamen die Stunden an Bord der HARMONIE in den Sinn, als er den Gesang des Todes fast gegen seinen Willen zur Chortauglichkeit entwickelt hatte ...
    Nun war die (so sehr gefürchtete) Gelegenheit zum Einsatz gekommen. Mit schneidender Stimme fügte er seiner Melodie eine neue Nuance hinzu, die nur in den eigenen Reihen wirkte und mitriß.
    Sekunden später nahmen alle einsatzfähigen Sänger der Nambicu ara wada instinktiv den Ton auf. Salaam Siin gab ihnen die entscheidende Modulation, und der zittrige, nie geübte Vortrag wurde zu einer hochkomplexen Melodiefolge. Akustik und Psionik vermischten sich darin zu einem tödlichen Ganzen, das den Gesang der Belku namtal mühelos verblassen ließ. Aber noch gaben die Sänger um Kaleng Proo nicht auf. Sie widerstanden, bis auch von ihnen einige umsanken und reglos liegen blieben. Dann erst schieden sie aus dem eigenen Chorgesang aus und drängten in die hinterste Ecke des Wettkampfareals. Salaam Siin entschied, den Nambaq siwa nicht bis dorthin tragen zu lassen; er war kein Mörder, doch ebenso wenig würde er kampflos aufgeben.
    „Kaleng Proo!" rief er dazwischen. Er war jetzt sicher, daß der andere seine Worte verstand. „Gib auf, dann soll dir nichts geschehen!"
    Das geisteskranke Grinsen im Gesicht seines Kontrahenten brannte sich womöglich noch tiefer ein. Salaam Siin erkannte, daß in diesem Fall keine Mahnung fruchten würde.
    Er gab dem eigenen Gesang jene wirkungsvolle Komponente hinzu, die er bis zu diesem Augenblick zurückgehalten hatte, und nun fielen die Sänger der Belku namtal zuhauf. Sie sanken unvermittelt in sich zusammen, bis kein Leben mehr in ihnen war.
    Immer schriller wurde der Nambaq siwa. Noch waren ungefähr fünfzig Mitglieder der Belku namtal fähig, Kaleng Proos Gesang zu folgen, aber es wurden stetig weniger.
    Salaam Siin sah vor seinem inneren Auge den kleinen Ophaler, der so viele Jahre lang wie ein Schreckgespenst über ihm gehangen hatte ... Und seine letzten Skrupel schwanden dahin. Er hatte keine Möglichkeit mehr, Leben zu retten. Wer von den Sängern der Belku namtal aufgeben wollte, hatte dies längst getan und war nicht verfolgt worden. Der Rest würde immer wieder angreifen, das wußte Salaam Siin nun.
    Ein letztes Mal erhöhte er die suggestive Kapazität des Nambaq siwa. Ein letztes Mal an diesem verhängnisvollen Finaltag kamen Akustik und Psionik zu einem wirklich harmonischen Ganzen zusammen, und Salaam Siin dachte fast hysterisch bei sich, daß es eine Harmonie des Todes war.
    Kaleng Proo und seine letzten Helfer sanken wie vom Schlag getroffen um. Ihre Körpermasse verwandelte sich zu kristalliner Substanz; diese wurde durchsichtig und endete schließlich in feinkörnigem Staub. Hundertmal kam Salaam Siin in den Sinn, daß er das Verhängnis des heutigen Tages in seinen Träumen vorhergesehen hatte. Doch er war ebenso machtlos gewesen wie damals, als er Ondech verloren und Alaska Saedelaere getroffen hatte.
    Und wie damals barg auch die Katastrophe von heute den Keim der Hoffnung in sich.
     
     
    EPILOG
     
    Die Attentäter Roi Danton ließ sich den Schrecken nicht anmerken, als Salaam Siins Nambicu ara wada an den Rand einer Niederlage geriet. Er spürte den verderblichen Gesang der Belku namtal bis hier oben.
    „Schutzschirm ein!" befahl Graucum, der ophalische Kodexwahrer von Mardakaan. Eine unsichtbare Hülle legte sich um den Gleiter, der mit fünf Insassen hoch über der Großen Singarena von Mardakka schwebte. „Kaleng Proo arbeitete mit einem verbotenen Gesang; das wird ihn auf jeden Fall den Sieg kosten."
    „Weshalb brichst du den Wettstreit der Sänger nicht ab?" fragte Danton, ohne sein wahres Interesse an der Sache offenzulegen.
    „Unmöglich!" sang Graucum. In seiner Stimme klangen
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