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1327 - Lady Sarahs Totenfrau

1327 - Lady Sarahs Totenfrau

Titel: 1327 - Lady Sarahs Totenfrau
Autoren: Jason Dark
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Collins.
    »Das kann ich nicht. Sie sprach nie mit mir darüber. Aber das Bild ist ihr sehr ans Herz gewachsen.«
    »Das kann ich mir denken.«
    »Dann werden wir es uns jetzt gemeinsam anschauen.«
    »Bitte.«
    Der Notar stand auf, während wir sitzen blieben. Jane sah ebenso überrascht aus, wie ich es war, und sie flüsterte: »Kannst du dir das erklären?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Sie hat es mir gegenüber nie erwähnt.«
    »Eben. Bei mir auch nicht.«
    »Muss ja ein tolles Bild sein. Bestimmt wahnsinnig wertvoll, wie ich Sie kenne.«
    Unsere leise geführte Unterhaltung brach ab, weil der Notar einen Schrank geöffnet hatte. Er war mit einem Zahlenschloss gesichert und ein guter Ort für das Bild.
    Sir William Preston zog die Tür so weit wie möglich auf und beugte sich nach vorn. Es dauerte nicht lange, da kehrte er mit dem zurück, was sich in dem Schrank befunden hatte.
    Es war ein Bild ohne Rahmen!
    »Ich habe so ein seltsames Gefühl, John«, flüsterte mir Jane zu.
    »Warum?«
    »Dass uns Lady Sarah ein Kuckucksei ins Nest gelegt hat.«
    »Traust du ihr das zu?«
    »Ja, John, das traue ich ihr zu. Das ist für mich schon jetzt kein normales Bild. Es muss irgendetwas daran sein, sonst hätte sie es nicht so lange versteckt.«
    »Es kann zu teuer sein.«
    »Glaube ich nicht. Da ist etwas anderes.«
    »Dann lassen wir uns mal überraschen.«
    Der Anwalt trug das Bild sehr vorsichtig zu seinem Schreibtisch zurück. Es war breiter als hoch und besaß demnach eine entsprechende Standfestigkeit. So konnte es auch vom Stamm der Schreibtischleuchte gehalten werden, gegen die der Notar es lehnte.
    »Das ist es. Das hat Lady Sarah vor den Augen der Öffentlichkeit verbergen wollen.«
    Wir nickten nur und schauten hin.
    Es war ein Heiligenbild.
    »Eine Ikone«, flüsterte Jane.
    Ich wiegte den Kopf. So Unrecht hatte Jane Collins mit ihrer Behauptung nicht. Als Malfläche hatte keine Leinwand gedient, sondern ein Stück Holz, und die prachtvolle Figur im Vordergrund – sie konnte sowohl ein Mann als auch eine Frau sein – trug einen goldenen Helm auf dem Kopf, während ihr Körper von einem purpurroten Umhang bedeckt war.
    In der rechten Hand hielt die Figur einen Stab, dessen Ende eingerollt war, was darauf schließen ließ, dass dieser Mensch einen Bischof darstellen sollte.
    Umgeben war er von kleinen Wesen mit Flügeln, deren pausbäckige Gesichter an die von Puttenengeln erinnerten, die man immer wieder zu sehen bekam und die bei manchen Menschen Hochkonjunktur hatten. Kleine Engel, die die Hauptfigur umflogen, aber so andächtig dabei wirkten, als würden sie zugleich beten.
    Im Hintergrund war eine Wand zu sehen, die jemand golden und glänzend angestrichen hatte, sodass das Bild noch eine besondere Pracht entfaltete.
    »Nein«, flüsterte Jane Collins und schüttelte zugleich den Kopf, »das habe ich noch nie zuvor gesehen. Davon hat Lady Sarah auch nie im Leben gesprochen.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Ich kenne es auch nicht.«
    Der Notar räusperte sich. »Da muss ich Ihnen wohl Recht geben. Es hat immer in unserem Tresor gestanden. Warum sie das getan hat, kann ich nicht sagen. Ich habe sie einige Male gefragt, ob sie es nicht mit in ihr Haus nehmen wollte. Sie hat immer abgelehnt. Für sie kam das nicht in Frage. Den Grund kenne ich leider nicht, aber wenn das Gespräch darauf kam, hat sie auf mich immer einen etwas ängstlichen Eindruck gemacht, als wollte sie das Bild ablehnen.«
    »Einen Grund dafür kann ich trotzdem nicht erkennen«, erklärte Jane. »Tut mir Leid.«
    Da musste ich ihr zustimmen. Ich hatte trotzdem noch eine Frage.
    »Hat das Bild einen Namen, Sir William?«
    Der Notar überlegte. »Ja, sie hat ihn mir mal gesagt. Irgendwas mit einem Heiligen und dem Teufel.«
    »Bitte?«
    »Ja, Mr. Sinclair. Sie hat den Heiligen mit dem Teufel in Verbindung gebracht und dann von einer Verführung gesprochen.«
    Seine Augen bekamen einen merkwürdigen Glanz. »Ja, das war das Stichwort. Es fällt mir wieder ein. Die Verführung des Heiligen. Oder die Verführung nur. So genau möchte ich mich da nicht festlegen.«
    Jane Collins räusperte sich leise, bevor sie mich fragte: »Siehst du da eine Verführung, John?«
    »Nein, die sehe ich nicht.«
    »Warum nennt man das Bild dann so?«
    Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung. Nur frage ich mich, wo die Verführung ist.«
    »Da hast du allerdings Recht.«
    Wir wandten uns wieder an den Notar und wollten von ihm wissen, von wem Lady Sarah das Bild
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