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1324 - Der Große Bruder

Titel: 1324 - Der Große Bruder
Autoren: Unbekannt
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Nachdenken. „Die Quantelung der Pararealitätstheorie", sagte er schließlich, „muß mir das wirklich noch passieren?"
    Peregrin lächelte.
    „Einstein hat sich seine Relativitätstheorie auch quantein lassen müssen", versuchte er, den anderen zu trösten.
    „Ja", sagte Ambush, „aber da war er schon tot."
    Der Pararealist stand auf. Er ging ein paar Schritte hin und her und blieb schließlich vor der Videofläche stehen, auf der er noch vor wenigen Minuten Daten gesichtet hatte. Er wischte mit der Hand durch die Luft. Die Blickschaltung reagierte und löschte das Bildfeld.
    „Wie kommst du mit der ILSAA zurecht?" fragte Ambush.
    Peregrin nahm wortlos zur Kenntnis, daß es dem Gesprächspartner darum ging, das Thema zu wechseln. Die ILSAA war ein mit Enerpsi-Antrieb ausgestattetes Raumschiff der Sotho-Gardisten. Die Paratruppe der GOI hatte es unter abenteuerlichen Umständen in ihren Besitz gebracht. Das Fahrzeug war vor kurzem an die BASIS, an den Großen Bruder, überstellt worden. In den Labors des Großraumschiffs sollten die technischen Geheimnisse des Enerpsi-Triebwerks entschleiert werden.
    „Ich mache Fortschritte", antwortete Peregrin. „Ich hoffe, dir darüber in Kürze einen umfassenden Bericht vorlegen zu können."
    „Ausgezeichnet", lobte der Pararealist. „Jetzt fehlt nur noch, daß unsere beiden synergistischen Genies ihre Untersuchungen abschließen, und wir sind im Geschäft."
    Es geschah selten, daß der würdevolle Sato Ambush sich so burschikos ausdrückte. Er war auf einmal wieder bester Laune.
     
    *
     
    Ihr brüskes, manchmal schnippisches Wesen war ihm schon am frühen Morgen aufgefallen - am Morgen, wie man den so an Bord eines Raumschiffs definiert: kurz nachdem die Beleuchtung wieder auf volle Leistung gedreht worden war. Es gab solche Tage, da war sie so, aus einer Laune heraus, wie er meinte. Vielleicht hatte sie unruhig geschlafen oder schlecht geträumt. Er kannte Enza seit zwei Jahren, aber ihre Stimmungen waren ihm immer noch so rätselhaft wie am Anfang. Jeden Morgen wartete er mit geheimer Angst, welches Verhalten sie heute an den Tag legen würde. War sie anschmiegebedürftig, wie er es nannte, dann war er der glücklichste Mann an Bord der BASIS. War sie kühl und zurückhaltend oder gar unfreundlich wie heute, dann litt er Qualen und fühlte sich hilflos.
    Er sah verdrossen auf die langen Datenreihen, die auf der Videofläche vor ihm standen wie die Säulen des Portikus einer Tempelruine, und gab einen tiefen Seufzer von sich.
    Danach war ihm zumute. Worte, das wußte er aus Erfahrung, waren hier fehl am Platz.
    Seufzen war die einzige Art und Weise, wie er sein Leid zum Ausdruck bringen konnte.
    Enza hatte ihn gehört.
    „Heute wieder Sorgen?" fragte sie, ohne von der Arbeit aufzusehen.
    Allein der Tonfall machte ihm zu schaffen. Wie sie das sagte! Deutlicher hätte sie nicht zum Ausdruck bringen können, daß sie seinen Kummer wohl registrierte, sich aber den Teufel darum scherte.
    „Nicht mehr als die üblichen", antwortete er traurig.
    Da hob sie den Kopf. Ihr hübsches Gesicht unter der kurzen, blonden Frisur wirkte ärgerlich.
    „Hör mal zu, Notkus Kantor", begann sie. „Wenn du schon wieder ..."
    Er stand so abrupt auf, daß sie erstaunt innehielt. Sei ein Mann, Notkus, redete er sich zu.
    „Nein", sagte er entschlossen, „ich will dich nicht schon wieder mit meinen Klagen langweilen. Du bist offensichtlich wieder am linken Ende deines Stimmungsspektrums angelangt, und mir bleibt nichts anderes übrig, als zu warten, bis das Pendel wieder nach der anderen Seite hin ausschlägt. In der Zwischenzeit können wir, wenn auch nicht freundlich zueinander sein, so doch wenigstens produktive Arbeit leisten."
    Man hörte aus seinen Worten, wie verletzt er war. Aber Enza Mansoor wollte das nicht hören. Sie wußte von ihren Launen. Sie fühlte sich schuldig. Aber das wollte sie nicht zugeben. Sie hatte ein Recht darauf, brüsk und meinetwegen auch schnippisch zu sein, und dieses Recht wollte sie wohl verteidigen.
    Ihre großen braunen Augen blitzten. Sie war ebenfalls aufgestanden.
    „Immer wenn dir eine Laus über die Leber gelaufen ist", fing sie an, „läßt du ..."
    „Die Kreuzkorrelation der letzten Kalibrierungsserien, Enza", unterbrach er sie mit ruhiger Stimme. Es brannte in seinem Herzen, aber äußerlich war er ein Bild der Gelassenheit: von mittlerer Größe, schlank, von sportlicher Erscheinung mit einem knochigen, jedoch im Ausdruck stets
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