13 - Im Schatten des Grossherrn 02 - Durchs wilde Kurdistan
ihr vorhin zu diesen beiden Männern sagtet: Ihr seid meine Gefangenen!“
Die Soldaten konnten sich den Vorgang nicht erklären; sie standen in einem dichten Knäuel beisammen. Der Wink, den ich bei meinen letzten Worten gab, genügte. Die Dschesidi brachen hervor und umringten sie. Nicht ein einziger dachte daran, Widerstand zu leisten. Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.
„Halt, keine Gegenwehr!“ ermahnte ich sie, indem ich den Revolver zog. „Wer zur Waffe greift, wird augenblicklich niedergeschossen!“
„Wer bist du?“ fragte der Hauptmann.
Er schwitzte förmlich. Der brave Falstaff dauerte mich einigermaßen, und die Don-Quichote-Gestalt neben ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geschehen.
„Ich bin euer Freund und wünsche deshalb, daß ihr nicht von den Dschesidi niedergeschossen werdet. Gebt eure Waffen ab!“
„Aber wir brauchen sie doch!“
„Wozu?“
„Wir müssen damit die Geschütze verteidigen!“
Dieser beispiellosen Naivität war nicht zu widerstehen, ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich sie:
„Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!“
Es wurde zwar noch einiges hin und her gesprochen, dann aber streckten sie doch die Waffen.
„Was werdet ihr mit uns tun?“ fragte jetzt der besorgte Jus Baschi.
„Das kommt ganz auf euer Verhalten an. Vielleicht werdet ihr getötet, vielleicht aber auch erlangt ihr Gnade, wenn ihr gehorsam seid.“
„Was sollen wir tun?“
„Zunächst meine Fragen der Wahrheit gemäß beantworten.“
„Frage!“
„Kommen noch mehr Truppen hinter euch?“
„Nein.“
„Ihr seid wirklich die einzigen hier!“
„Ja.“
„So ist der Miralai Omar Amed ein sehr unfähiger Mensch. In Scheik Adi halten mehrere tausend Bewaffnete, und hier schickt er dreißig Männer mit vier Kanonen gegen sie. Er mußte euch wenigstens einen Alai Emini mit zweihundert Mann Infanterie als Bedeckung mitgeben. Dieser Mann hat gemeint, die Dschesidi seien so leicht zu fangen und zu töten wie die Fliegen. Welche Befehle hat er euch gegeben?“
„Wir sollen die Geschütze unbemerkt bis an das Wasser schaffen.“
„Und dann!“
„Und dann an demselben aufwärts gehen, bis eine halbe Stunde vor Scheik Adi.“
„Weiter!“
„Dort sollen wir warten, bis er uns einen Boten sendet. Darauf müssen wir bis zum Tal vorrücken und die Dschesidi mit Kugeln, Kartätschen und Granaten beschießen.“
„Das Vorrücken ist euch gestattet; ihr werdet sogar noch weiter kommen als nur bis zum Eingang des Tals. Das Schießen aber werden andere übernehmen.“
Nun es einmal geschehen war, ergaben sich die Türken als echte Fatalisten ganz ruhig in ihr Schicksal. Sie mußten zusammentreten und wurden von den Dschesidi eskortiert. Die Geschützstücke waren auf die Maultiere geladen worden und folgten unter Bedeckung. Natürlich machten wir uns wieder beritten, als wir bei den Pferden ankamen.
Eine halbe Stunde vor dem Tal von Scheik Adi ließ ich die Kanonen unter dem Schutz von zwanzig Mann zurück. Es geschah dies um des Boten willen, welcher von dem Miralai erwartet wurde.
Gleich an dem Eingang zum Tal trafen wir auf eine bedeutende Menschenmenge. Das Gerücht von unserer kleinen Expedition hatte sich sehr bald unter den Pilgern verbreitet, und man hatte sich hier versammelt, um das Ergebnis so bald wie möglich zu vernehmen. Infolgedessen war auch jedwedes Schießen im Tal eingestellt worden, so daß nun eine tiefe Stille herrschte. Man wollte die Schüsse hören, falls es zwischen uns und den Türken zu einem ernstlichen Kampf kommen sollte.
Der erste, welcher mir entgegenkam, war Ali Bey.
„Endlich kommst du“, rief er sichtlich erleichtert; dann setzte er besorgt hinzu: „aber ohne Kanonen! Und auch Leute fehlen!“
„Es fehlt kein Mann, und auch kein einziger ist verwundet.“
„Wo sind sie?“
„Bei Halef und Selek draußen bei den Geschützen, die ich zurückgelassen habe.“
„Warum?“
„Dieser Jus Baschi hat mir erzählt, daß der Miralai an die Stelle, wo die Kanonen stehen, einen Boten senden werde. Sie sollen dann vorrücken und Scheik Adi mit Vollkugeln, Kartätschen und Granaten beschießen. Hast du Leute, welche ein Geschütz zu bedienen verstehen?“
„Genug!“
„So sende sie hinaus. Sie mögen mit den Türken die Kleidung wechseln, den Boten gefangen nehmen und dann sofort einen Schuß lösen. Dies wird für uns das sicherste
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