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1294 - Der kopflose Engel

1294 - Der kopflose Engel

Titel: 1294 - Der kopflose Engel
Autoren: Jason Dark
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mich nicht mehr überraschen lassen können, wäre ich kein Mensch gewesen. So aber war ich überrascht, und nur ein Gedanke schoss durch meinen Kopf.
    Also doch!
    Ich tat nichts. Ich sagte auch nichts. Ich schaute nur durch die Scheibe in das Gesicht des Engels hinein und musste wieder zugeben, dass die Ähnlichkeit enorm war. Die Augen, der Mund, die Nase, das Haar. Wobei die Augen keine menschlichen Pupillen besaßen, aber der Schnitt glich denen von Mabel.
    Ich hielt den Atem an. Ich suchte die Stirn ab. Ich sah, dass der Künstler wirklich perfekt gearbeitet hatte, und spürte jetzt auch den eigenen Herzschlag, der viel schneller war als normal.
    Hinter meinem Rücken erklang Janes Stimme. Sie sprach meinen Namen aus, sie redete auch mit mir. Sie erhielt jedoch keine Antwort von mir, weil ich einzig und allein auf den Kopf fixiert war.
    »Was ist denn, John?«
    »Komm her.« Ich nahm ihr wohl die Sicht auf den Gegenstand da draußen. Jane stand auf, das hörte ich. Als sie neben mir stehen blieb, wurde sie starr.
    »Das… das… ist…«
    »Sag nicht unmöglich.«
    »Nein, John, nein.« Auf ihre Haut legte sich ein Schauer. Sie sprach flüsternd weiter und betonte dabei jedes Wort. »Ich meine auch nicht so den fliegenden Kopf, sondern die Ähnlichkeit, die das Gesicht mit dem von Mabel Denning aufweist.«
    »Genau das ist es.«
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Wir warten noch ab. Die Ankunft hat etwas zu bedeuten. Ich denke sogar, dass Mabel verfolgt worden ist.«
    Hinter uns entstand eine Bewegung. Wir hörten sie, und ich drehte schnell den Kopf.
    Mabel Denning stand auf. Ob sie etwas gesehen hatte, wusste ich nicht. Sie schien zumindest was zu ahnen, denn ihr Gesichtsausdruck hatte sich verändert. Er war ebenso starr geworden wie ihr Blick.
    Die gesamte Haltung war verkrampft, und sie bewegte sich ziemlich unnatürlich auf uns zu.
    »Kümmere dich um Mabel«, flüsterte ich Jane zu.
    »Okay.«
    Die Detektivin drehte sich wieder um. Ich behielt weiterhin den Engelskopf unter Kontrolle, der nach wie vor an der gleichen Stelle schwebte und sich nicht bewegte. Die großen, runden Augen blickten starr, der kleine Mund sah ernst aus, und dann zuckte ich leicht zusammen, als ich hinter mir den leisen Schrei hörte. Mabel hatte ihn ausgestoßen, als sie gesehen hatte, was sich vor dem Fenster abspielte.
    »Da ist er… das ist er… mein Gott, er… er… hat die Kirche verlassen und ist mir gefolgt.« Ihre Stimme versagte. In der Scheibe malte sich in etwa ab, was hinter mir geschah, und ich stellte fest, dass Jane ihre Freundin umklammert hielt.
    Sie sprach auf Mabel ein, damit sie sich beruhigte.
    »Aber ich muss…«
    »Nein, du musst dich setzen, Mabel. Alles andere ist wirklich unsere Sache.«
    Sie protestierte noch, was ihr jedoch nichts einbrachte, denn gegen Jane kam sie nicht an.
    Ich wollte mich um den Engelskopf kümmern, und ich wusste, dass ich nichts überstürzen durfte, sonst war es möglich, dass ich ihn erschreckte.
    Bisher hatte er sich um keinen Millimeter bewegt. Er schaute aus seinen runden Augen durch die Scheibe, direkt in mein Gesicht, und ich hatte den Eindruck, als wollte er eine bestimmte Botschaft an mich herantragen.
    Hinter meinem Rücken hatte die Diskussion zwischen den beiden Frauen aufgehört. Nichts störte mich in meiner Konzentration auf das Objekt. Die Scheibe gewährte mir den perfekten Durchblick, denn draußen war die Luft klar und wenig novemberhaft.
    Der Holzschädel blieb.
    Aber er veränderte sich.
    Bisher hatte ich nur von der ungewöhnlichen Verwandlung gehört. Nun bekam ich sie mit eigenen Augen mit. Woher das andere Gesicht stammte, war für mich nicht herauszufinden. Es konnte unter dem sichtbaren versteckt gewesen sein, und mir fiel der Vergleich mit den Kreaturen der Finsternis ein, die letztendlich auch mit zwei Gesichtern lebten. Doch zu ihnen gehörte ein Körper, und hier sah ich nur den Kopf. Der Holztorso lag in der Kirche.
    Bewegte sich das Holz?
    Ich war plötzlich ziemlich aufgeregt, was sich durch einen schnellen Atemstoß bemerkbar machte.
    Die Scheibe vor mir beschlug, das Gesicht verschwamm, und ich winkelte den Arm an, um mit dem Ärmel die Scheibe freizuputzen.
    Plötzlich stand Jane Collins neben mir. Sie hatte es bei Mabel Denning nicht mehr ausgehalten. Sie wollte etwas sagen, aber auch sie bemerkte die Veränderung und blieb stumm.
    Ja, das Gesicht eines Mannes schob sich über das der Frau. Als hätte man das zweite in Rauch gelegt, der
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