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1288 - Das unheimliche Mädchen

1288 - Das unheimliche Mädchen

Titel: 1288 - Das unheimliche Mädchen
Autoren: Jason Dark
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reizte der Kaffee und natürlich der Grappa. Die braune Brühe war noch heiß und verdammt stark. Trotzdem kippte ich einen Schuss des Tresters hinein, gab auch Zucker hinzu, rührte um und streckte die Beine aus. Die Ruhe hier tat mir gut. Ich merkte, wie mich sehr schnell schon eine gewisse Entspannung überkam. Wer sich hier einquartierte, der konnte der hektischen Zeit wahrlich entfliehen.
    Da sich Father Ignatius Zeit lies, genoss ich den Kaffee, schaute aus dem Fenster, sah auch die Menschen in den Weinbergen manchmal klein wie Zwerge und überlegte, wie mein Freund Ignatius mich hier wohl einsetzen wollte.
    Er hatte mir ja kaum etwas gesagt. Nur gerade so viel, dass ich neugierig wurde.
    Ich leerte die Tasse. Der Grappa hatte dafür gesorgt, dass in mir eine noch stärkere Wärme hoch stieg. Ich fühlte mich, als hätte man zahlreiche Schals um meinen Körper gewickelt.
    Auf einem Bein kann man nicht stehen, und so schenkte ich mir eine zweite Tasse ein. Ich veredelte den Kaffee wieder mit einem Schuss Grappa, aber diesmal reichte die Hälfte.
    Das Klopfen klang etwas zaghaft, ich hörte es trotzdem.
    »Wer stört?«, rief ich.
    »Wer schon?«
    Ich lachte laut und stand auf, denn mein alter Freund Ignatius hatte das Zimmer betreten.
    Mein Gott, wie lange kannten wir uns schon. Er hatte sich nicht verändert, abgesehen davon, dass er keine Mönchskutte trug, sondern einen grauen Anzug und ein weißes Hemd mit steifem Kragen.
    Wir fielen uns in die Arme, klopften uns auf die Schultern, und Ignatius sagte: »John, du siehst gut aus. Scheinst ein tolles Leben zu haben. Lassen dich die Geister in Ruhe?«
    »Klar, sonst wäre ich ja nicht bei dir. Ich will endlich mal wieder Arbeit bekommen. In meinem Alter muss man Acht geben, dass man nicht einrostet.«
    »Klar, ausgerechnet du.«
    »So ist das eben.«
    Ich bot Ignatius auch einen Kaffee an, denn es gab noch eine zweite Tasse.
    »Gut, dann werde ich mal einen Schluck trinken. Aber ohne Grappa.«
    »Schade, er ist sehr gut.«
    Ignatius lächelte verschmitzt. »Das weiß ich, John. Deshalb habe ich ihn auch hingestellt.«
    »Danke.«
    Wir saßen uns gegenüber, und Ignatius fragte, wie mir der Ausblick gefiele.
    »Klasse.«
    Er nickte. »Ja, ja, John, nicht jeder Mensch hat einen so interessanten Blick. Es gibt auch andere, die die Welt nur durch Gitter betrachten können.«
    Diese Wort hatte Ignatius nicht grundlos gesprochen. Wahrscheinlich wollte er mich auf diese Art und Weise zu unserem Problem hinführen. Er fügte nichts hinzu, trank Kaffee, den ich ihm eingeschenkt hatte, und lächelte dann.
    »War das so etwas wie ein Anfang?«
    »Sicher.«
    »Es geht also um ein Gefängnis.«
    »Nicht primär, aber die Person, mit der du es zu tun bekommst, sitzt eben hinter Gittern, obwohl sie meiner Meinung nach dort nicht hingehört.«
    »Verstehe. Ich soll sie rausholen.«
    Ignatius lachte. »Nein, nein, John, so nicht. Oder irgendwo schon, aber nicht befreien.«
    »Das ist etwas anderes.«
    »Eben.«
    Ich kam direkt zur Sache. »Wer ist diese Person, und was hat sie getan?«
    »Es ist eine junge Frau. Oder noch ein Mädchen, wie man es nimmt. Sie heißt Gabriela Monti, und man hat sie gewissermaßen in Verwahrung genommen, weil man ihr zur Last legt, an verschiedenen Bränden Schuld zu sein, bei denen auch Menschen ums Leben gekommen sind.«
    »Dann ist sie eine Brandstifterin?«
    Ignatius hob die Augenbrauen.
    »Nicht?«
    »Zumindest nicht direkt. Es stimmt wohl, dass immer dort ein Feuer ausbrach, wenn sie sich zufällig in der Nähe aufhielt. So war es auch beim letzten Mal. Wäre Gabriela allerdings nicht gewesen, hätte es nicht nur eine Tote, sondern drei Tote gegeben, denn die beiden Babys sind von ihr gerettet worden und leben jetzt in einem Heim, in dem sie in Sicherheit sind.«
    »Wer starb?«
    »Die Mutter.«
    Ich schluckte. »Das ist schlimm. Weiß man denn, wer das Feuer in Wirklichkeit gelegt hat?«
    »Die Polizei glaubt, dass Gabriela die Täterin war.«
    »Du jedoch nicht.«
    »Ich habe zumindest große Zweifel«, gab Ignatius zu.
    »Warum?«
    Er trank und schaute dabei aus dem Fenster. Wenig später übernahm er wieder das Wort. »Es ist eine recht komplizierte Geschichte, die viel mit Gefühl und Menschenkenntnis zu tun hat, John. Als man sie einsperrte, hat sie alles bestritten. Es ist noch nicht zu einem Prozess gekommen, das vorausgesetzt. Gabriela sprach davon, dass sie nicht Schuld an den Bränden war, aber das glaubte man ihr nicht, obwohl man
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