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128 - Sohn der Ratten

128 - Sohn der Ratten

Titel: 128 - Sohn der Ratten
Autoren: Dämonenkiller
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Tür. Hier weckte sie Pawel und Nikolai auf. Die beiden jungen Männer krochen gehorsam aus den Betten und schlossen sich Libussa an, die aus ihrem Zimmer gekommen war und gähnend im Vorraum stehenblieb.
    „Weshalb hast du uns geweckt, Dunja?" erkundigte sich Pawel vorwurfsvoll.
    Er war neunzehn Jahre alt, fast zwei Meter groß und unendlich dünn. Auf seine Fähigkeiten war man aufmerksam geworden, als er während eines Basketballmatches mit den unmöglichsten Würfen den Ball in den Korb bekommen hatte. So wie die beiden anderen konnte er seine Fähigkeiten aber nur sehr selten gezielt einsetzen.
    Libussa konnte - sobald sie äußerst zornig war - Gegenstände in ihrer Umgebung verformen. Wenn ihr jemand einen Wunsch versagte oder sie ärgerte, dann drehte sie durch, und die unwahrscheinlichsten Dinge geschahen.
    Der sechzehnjährige Nikolai war für sein Alter viel zu klein. Er sah wie ein Liliputaner aus. Sein Körper war normal proportioniert, doch sein Kopf war für den kleinen Körper viel zu groß. Im Augenblick konnte er seine Fähigkeiten nur entfalten, wenn er in die Enge getrieben wurde. Mit seinem Aussehen war er unter seinen Altersgefährten ein beliebtes Angriffsziel gewesen. Sie hatten ihn ständig geärgert und wegen seiner körperlichen Mißgestalt aufgezogen. Sobald seine Freunde ihn tätlich angegriffen hatten, waren seine Fähigkeiten erwacht. Nur mit Hilfe seines Geistes hatte er die Angriffe abgewehrt. Seine Gegner waren durch die Luft geflogen und hatten ihn nicht erreichen können.
    „Ich brauche eure Hilfe", keuchte Dunja. „Ein Freund von mir ist in Gefahr."
    „Und was können wir da tun?" fragte Libussa und unterdrückte mühsam ein Gähnen.
    Sie war ein ausgesprochen häßliches Mädchen. Das blonde Haar war struppig, die Ohren standen weit ab, und das Gesicht war mit Pickeln und Warzen übersät. Ihre gedrungene Gestalt war knochig, und ihre Arme waren unverhältnismäßig lang.
    Ja, was können sie wirklich tun? fragte sich Dunja.
    Eben sah sie, wie Dorian Hunter von einem Rattenmenschen niedergeschlagen wurde. Nachdenklich blickte sie Libussa an. Ihr blieb praktisch nur eine Möglichkeit, die sie aber nur ungern ergriff, da sie befürchtete, damit die Arbeit eines Jahres zunichte zu machen. Ich kann nicht anders, versuchte sie sich zu beruhigen. Ich muß Dorian helfen.
    „Ich bin müde", brummte Nikolai. „Ich gehe wieder schlafen. Mir hilft auch niemand. Weshalb soll ich jemandem helfen, noch dazu, wo ich den Betreffenden gar nicht kenne."
    „Du bist ein gemeines Biest, Nikolai", sagte Dunja, die jedes Wort schmerzte.
    Nikolai wirbelte herum. Seine Augen wurden groß. Er japste nach Luft. So hatte Dunja noch nie zu ihm gesprochen. Bis jetzt hatte er sie für eine Freundin gehalten.
    Dunja lief auf ihn zu. Die rechte Hand hatte sie erhoben.
    Angstvoll wich Nikolai zurück.
    „Du hast es nicht anders verdient, du Fratz", kreischte Dunja. „Ich gebe dir jetzt eine Ohrfeige, du nichtsnutziger…"
    „Nein!" schrie Nikolai.
    Dorian Hunter! dachte Dunja verzweifelt. Dorian Hunter! Hörst du mich?
    Dunja schlug zu. Doch ihre Hand berührte nicht Nikolais Wange. Die unerklärlichen Kräfte des Jungen wurden frei. Dunja spürte eine unsichtbare Hand, die nach ihr griff und sie durch die Luft wirbelte. Sie prallte gegen die Wand und ging in die Knie. Vor ihren Augen flimmerte alles. Die Bilder, die aus der Januswelt übermittelt wurden, verblaßten langsam.
    Mühsam rappelte sie sich hoch.
    „Libussa", flüsterte Dunja.
    „Ich hasse dich, Dunja!" kreischte das Mädchen. „Ich hasse dich. Du hast Nikolai beleidigt. Ich hasse dich."
    Libussa stampfte mit dem rechten Fuß auf. In der Längsseite der Wand klaffte plötzlich ein Spalt. Ziegel und Mörtel flogen in den Vorraum.
    Dunja wich zur Wand zurück. Ihre Hände zitterten. Sie hoffte, daß sie Dorian Hunter geholfen hatte. Libussa hatte sich noch lange nicht beruhigt. Sie sprang im Vorraum herum, und die Wände verformten sich. Ein Bild fiel von der Wand und wurde von unsichtbaren Händen zerfetzt. Neben der Eingangstür stand ein Tisch mit zwei Stühlen, die plötzlich durch die Luft flogen, an eine Wand rasten und in tausend Stücke zersplitterten.
    Dunja schloß die Augen und lehnte sich schweratmend an den Türstock. Plötzlich fühlte sie sich unendlich schwach.
    „Was geht hier vor?" hörte sie eine scharfe Stimme fragen.
    „Dunja hat Nikolai schlagen wollen", heulte Libussa wütend. „Er hat ihr nicht helfen wollen."
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