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1274 - Der Wolf und das Mädchen

1274 - Der Wolf und das Mädchen

Titel: 1274 - Der Wolf und das Mädchen
Autoren: Jason Dark
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Layton gewesen. Durch sie schloss sich der Kreis. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin. Sie pflanzte mir den Keim ein, und auch mein Mann war begeistert, bis ich ihn tötete und danach im Wald verscharrte. Meiner Mutter und meiner Tochter gegenüber habe ich ein Märchen erfunden, das sie akzeptierten. Von nun an konnte ich mein Schicksal selbst in die Hände nehmen. Ich besaß plötzlich eine wahnsinnige innere Kraft. Ich erlebte ein Durchsetzungsvermögen, wie man es kaum beschreiben kann. Ich ging in die Medienwelt und machte dort Karriere. Aber der Fluch blieb.«
    »Er traf Sie immer bei Vollmond, nehme ich an.«
    »Genau. Da musste ich dem Schicksal Tribut zollen. Ich habe leider getötet, und ich quäle mich noch jetzt mit diesem Gedanken daran, aber ich kann es nicht rückgängig machen. Irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem ich es nicht mehr schaffte, mit dieser schlimmen Doppelbelastung zu leben. Ich musste den Fluch loswerden. Damit sind wir wieder beim Thema. Ich hatte gedacht, dass mir die familiären Bindungen helfen könnten und suchte mir eine Rückendeckung, die jetzt neben mir sitzt. Aber…«, sie hob beide Arme und ließ sie wieder sinken. »Ich habe wohl falsch gedacht und mich geirrt. Wer den Keim in sich stecken hat, der kann nicht mehr zurück.«
    Nach diesem letzten Satz senkte sie den Kopf. Ich wusste, dass sie genug geredet hatte und hing meinen eigenen Gedanken nach. Aber ich vergaß auch nicht, zu Caroline hinzuschauen, die auf ihrem Stuhl hockte wie festgeklebt. Ich wusste nicht, ob sie alles begriffen hatte, aber es stand fest, dass die Tragik wie eine gewaltige Betondecke über dieser Familie lag. Nur Wendy Crane selbst konnte die Decke durchbrechen und die anderen wieder in die Normalität führen. Sie hatte sehr hoch gepokert und leider verloren.
    »Es liegt jetzt an Ihnen, John…«
    »Ich weiß.«
    Sie schaute mich wieder an. »Bald ist die Zeit gekommen. Ich spüre, dass sie naht. Ich merke es in mir. Es ist die Unruhe, die man schlecht beschreiben kann. Ich fühle mich wie ein Kessel, in dem sich eine dicke Flüssigkeit befindet, die kocht und brodelt. Ich kann nichts dagegen tun, ich kann sie nicht vertreiben, sie ist einfach vorhanden, und sie wird immer intensiver.«
    »Sie werden sich verwandeln!«
    »Ja, das werde ich. Das muss ich auch. Obwohl ich den Mond nicht sehe, wird es geschehen. Haben Sie schon mal über die Kraft des Mondes nachgedacht, John?«
    »Ich werde indirekt des Öfteren damit konfrontiert. So ist es auch heute.«
    »Dann wissen Sie ja Bescheid.«
    »Und was verlangen Sie jetzt von mir?« Ich ahnte, was kam, aber ich hatte die Frage bewusst gestellt, weil ich die Antwort aus ihrem Mund hören wollte.
    Als sie den Kopf drehte und mich anschaute, da wusste ich schon beim ersten Blickkontakt, dass sie es ehrlich meinte. »Ich möchte, dass Sie mich erlösen, John. Wenn es so weit ist, machen Sie kurzen Prozess. Die Familie konnte mir keinen Halt geben. Ich habe ihre Liebe gespürt, aber sie war nicht stark genug. Nicht in der Zeit, wenn der volle Mond am Himmel steht. Da habe ich eben nur eine Chance gesehen. Und das waren eben Sie, John.«
    Ich fühlte mich alles andere als wohl in meiner Haut. Ich stand vor einer schweren Entscheidung.
    Sie wäre mir möglicherweise leichter gefallen, wenn Caroline nicht in diesem Zimmer gesessen hätte. Sie liebte ihre Mutter. Als ich allerdings zu ihr blickte, da wirkte sie so fremd.
    »Sie wissen, dass Sie eine Tochter haben.«
    »Ja.«
    »Sie wünscht sich eine Mutter und…«
    »Nein, John, sprechen Sie nicht weiter.« Wendy schüttelte den Kopf. »Ich habe doch alles versucht. Ich habe ihr nichts getan, es war ein Test, aber ich weiß auch, dass ich dafür keine Garantie in der Zukunft abgeben kann. Irgendwann wird der Drang so stark sein, dass auch die verwandtschaftlichen Bande nicht mehr halten. Das ist nun mal eine Folge des Fluchs. Caro soll zurück zu ihrer Großmutter. Da muss sie in Ruhe aufwachsen. Gloria hat sie wunderbar erzogen, und ich bin sicher, dass sie ihren Weg machen wird.« Sie nickte wieder und schluckte, bevor sie sagte: »Es ist wohl besser, wenn Sie Caro nach draußen bringen, denn ich spüre, dass die andere Seite in mir stärker wird.«
    »Okay, Wendy, ich werde Ihnen den Gefallen tun.«
    »Kommen Sie dann bitte zurück.«
    »Keine Sorge.«
    Ich hatte die Antwort so locker gegeben. Innerlich war ich angespannt. Es gibt Momente, da machte mir mein Job keinen Spaß mehr, und genau ein solcher
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