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1271 - Die Geister, die sie rief

1271 - Die Geister, die sie rief

Titel: 1271 - Die Geister, die sie rief
Autoren: Jason Dark
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brachte er mühsam hervor.
    Mehr konnte er nicht sagen, er spürte nur, dass es ihm unendlich Leid tat, die Frau hier im Sessel liegen zu sehen. Erst jetzt war ihm so richtig klar, was er verloren hatte. So etwas wie einen letzten Halt in seinem schon verpfuschten Leben.
    Er wollte Rache schwören. Er wusste auch, was er sagen würde, nur war es ihm nicht möglich, die Sätze über die Lippen zu bringen, weil er sich eingestand, dass er sein Versprechen nicht würde einhalten können. Das war einfach unmöglich, und so starrte er nur ins Leere. Es dauerte Minuten, bis er sich wieder zurechtfand und in die Normalität zurückkehrte.
    Er merkte, wie sich in seinem Innern etwas aufbäumte. Es war wie eine Welle, die hoch in seinen Kopf stieg und alles andere überschwemmte. Er spürte den Druck hinter seiner Stirn. Das Blut kochte, und seine Augen traten vor. Er saugte die Luft wieder laut ein, und unter den Füßen fing die Erde an zu schwanken.
    Mit der gesunden Hand hielt er sich am Sessel fest und vermied den Blickkontakt mit der Toten.
    Es war noch nicht beendet. Es ging weiter. Er war nicht nur in die Baracke gegangen, um nach Camilla zu schauen, denn er hatte noch etwas anderes vor.
    Es ging um die Technik!
    So hatte er es immer gesagt. Die Technik, die er auf Camillas Wunsch hin hatte einbauen lassen.
    Der Tür gegenüber und in einem exakt eingerichteten Winkel war die Kamera angebracht. Das elektronische Auge, das den Eingang und die Strecke von ihm bis zu Camillas Sessel im Blick behielt und jeden Besucher sah, der die Baracke betrat.
    Die Kamera zeichnete auf. Eine Kassette war mit ihr verbunden, und dort würde er auch die verdammte Mörderin sehen. Das stand für ihn fest. Wenn er sich die Aufnahmen anschaute, würde er die Blonde genauer sehen. Erst dann konnte er über seine Rache nachdenken, denn entkommen sollte sie ihm nicht.
    Die folgenden Minuten wurden für ihn zur Qual. Es war alles andere als einfach, die Kassette mit einer Hand auszubauen, aber letztendlich hatte er auch das geschafft.
    Er konnte sich nicht daran erinnern, jemals so geschwitzt zu haben wie in diesen Minuten. Aber er hatte auch wieder Mut gefunden. Sein Gesicht war verzerrt. Diesmal nicht vor Schmerz, sondern vor Wut, die in ihm kochte. In seinen Augen stand der Wille, sich zu rächen, und das würde er bis zum bitteren Ende durchziehen.
    Die flache Kassette steckte er in die Tasche, bevor er sich auf den Rückweg machte. Neben der Toten blieb er stehen. »Ich werde dich rächen, Camilla, ich werde dich rächen, das schwöre ich dir…«
    Es sagte sich so einfach. Denn wer sich wirklich hinter dieser Blonden verbarg, ahnte er nicht mal…
    ***
    »Ich glaube, wir haben ein Problem, bei dem Sie uns helfen könnten«, hatte der Kollege Murphy von der Mordkommission zu mir am Telefon gesagt und mich somit aufmerksam gemacht.
    »Worum geht es denn?«
    »Um einen Film.«
    »Und weiter?«
    »Um einen Mord an einer alten Frau und um einen Zeugen, der Glück hat, noch am Leben zu sein.«
    Ich schaute von meinem zweiten Frühstück hoch, das ich in einem kleinen Café einnahm. Es war Samstag, es schien die Sonne, ich wollte mir etwas gönnen und hatte mich mit Glenda Perkins verabredet, um mit ihr aufs Land zu fahren. Ein bisschen spazieren gehen, etwas trinken, auch essen, Spaß haben, den Dienst mal vergessen, aber das war leider nicht möglich, denn Murphy war kein Mensch, der nur zum Spaß anrief. Da steckte schon mehr bei ihm dahinter.
    »Wo finde ich Sie denn?«
    »Bestimmt nicht bei mir in der Wohnung. Kommen Sie zu uns in die Dienststelle.«
    So richtig war ich noch nicht davon überzeugt, schaute auf die beiden Spiegeleier und fragte: »Ist es sehr eilig?«
    »Wollen Sie am Abend kommen?«
    »Nein, nein, ich möchte nur meinen Teller leer essen.«
    »Das können Sie.«
    »Danke.«
    »Wir sehen uns dann.«
    »Halt, Kollege. Haben Sie noch einen kleinen Tipp, um was es genau gehen könnte?«
    »Um ein Phänomen.«
    »Sonst nichts?«
    »Sind Sie dafür nicht zuständig?«
    »Nicht immer.«
    Er lachte. »Hört sich an, als hätten Sie wenig Lust.«
    »So ist es auch. Wenn Sie an das Wetter denken, dann…«
    »… denke ich auch daran, dass ich Dienst habe, John Sinclair. So ist das eben.«
    Ich seufzte in mein Handy hinein. »Okay, wir sehen uns dann später.«
    »Ich freue mich schon.«
    Das konnte er halten wie er wollte.
    Ich freute mich weniger darüber, denn mein Gefühl sagte mir, dass da etwas auf mich zukam, das mit links
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