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1268 - Die Tiermeister von Nagath

Titel: 1268 - Die Tiermeister von Nagath
Autoren: Unbekannt
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Zähne wurden sichtbar.
    „Ich habe keinen Grund dazu", entgegnete Cailibi. Es klang etwas überheblich. „Du weißt, daß du keine Chance hast."
    „Ich weiß", antwortete sie trotzig, „daß wir beide die gleiche Ausgangsposition haben."
    „Ich gehe jetzt." Grußlos drehte sich Cailibi um.
    Seine muskulösen Beine trugen ihn schnell davon. Er verschwand irgendwo im Unterholz.
    „Bis in zwanzig Tagen!" hörte sie ihn röhren. Dann war auch das Getrappel verstummt.
    Die Nagatherin stand eine lange Zeit bewegungslos da. Wieder prüfte sie ihre innere Verfassung. Zufrieden stellte sie fest, daß die kurze Begegnung mit dem Widersacher sie nur gestärkt hatte. Ihr Mut war wieder gewachsen. Ihr Selbstvertrauen war nun großer als je zuvor.
    Sie pfiff einem Sechsbeiner, der kaum langer war als ihr Unterarm.
    „Folge ihm", gab sie dem Tier zu verstehen. „Folge Cailibi! Wenn der sechste Mond aufgegangen ist, kehrst du an diesen Ort zurück und zeigst mir den Weg, den er ging."
    Das kleine Felltier huschte davon.
    Vaichath mußte lange warten. Die Monde erschienen in dieser Nacht erst sehr spät. Sie hockte sich unter einen Busch, der Früchte trug. Während sie diese geduldig verzehrte, beobachtete sie den Nachthimmel.
    Als der fünfte Mond über dem Horizont erschienen war, geschah es.
    Der Nagatherin stockte der Atem, denn ein solches Schauspiel hatte sie noch nie in ihrem Leben gesehen.
    Ein Mond fiel vom Himmel!
    Er zog seine flammende Bahn durch die Atmosphäre Nagaths. Er riß die Luft auseinander. Er entzündete alles, bis er in unzählige Partikel zerfiel, die ein neues Muster des Feuers an den nächtlichen Himmel malten.
    „Nein!" schrie Vaichath. „Das ist kein Mond! Es ist ein Zeichen! Es muß das Zeichen sein, das die geschickt haben, um weiteren Mut in mir zu wecken, damit ich im Wettstreit mit Cailibi bestehe. Die, die über uns sind, die, deren Namen wir nicht nennen sollen, denn der Name Natur wäre zu gering. Sie wollen es, daß ich gewinne und neuer Erster Dompteur werde."
    Die flammenden Bahnen wurden langsamer. Sie neigten sich in sanften Bogen der Oberfläche Nagaths zu und wurden in ihrer Leuchtkraft schwächer und schwächer.
    Ein schrecklicher Donner peinigte Vaichaths Ohren. Ein Windstoß riß sie von den Beinen. Sie taumelte in diesem Sturm, der genau dem Zustand ihrer Gefühle entsprach.
    Und dann erstarben die flammenden Bahnen. Die Echos des unheimlichen Donners verhallten. In den Baumbehausungen mochten sich die anderen Tiermeister, die aus dem Schlaf gerissen worden waren, vor Schrecken krümmen. Das Rauschen der Ewigen Bäume dauerte noch an. Die Tiere der unteren Region bettelten um Hilfe, und die Tiermeister aus ihrem, aus Oghols Volk würden sie besänftigen und schließlich wieder in den Schlaf lullen.
    Für Vaichath war es das Zeichen! Das Signal, der Hinweis, der Rat! Sie durfte nicht aufgeben.
    Selbst in den Symbiose-Nagathern lebte etwas Unbegreifliches, das sie zu immer neuen Taten, zu frischem Mut, zu neuer Tatkraft, zu unüberwindbarem Selbstbewußtsein anstachelte.
    Galt das auch für Cailibi? fragte sich die Nagatherin, als wieder Ruhe eingekehrt war.
    Die Pforten der Wolken öffneten sich. Ein Regenschauer ergoß sich über die ganze Region. Vaichath überblickte von ihrem Aufenthaltsort eine weite Fläche. Es war viel Zeit verstrichen, aber Cailibi war mit Sicherheit noch im Bereich des Regens. Der würde ihm die Körperbemalung vom Leib spülen, mit der er hoffte, das Waddeldar zu erwischen.
    Die Chancengleichheit war wieder hergestellt. Die Nagatherin steigerte sich in ihrem neuen Optimismus. Ohne die ihr unbekannten Körperfarben hatte der Widersacher im friedlichen Streit um den Ersten Dompteur zumindest etwas verloren.
    Die Signale des nächtlichen Himmels verrieten jedoch mehr. Sie würde gewinnen!
    Der Sechsbeiner kam zurück, wie sie es ihm aufgetragen hatte. Er baute ein Männchen, wobei er mit dem unteren Extremitätenpaar einen festen Halt suchte, mit dem mittleren aufmunternd in eine Richtung wedelte und mit dem oberen um Anerkennung bettelte.
    Vaichath reckte ihren Kopf, um die Laute von sich zu geben, die nun erforderlich waren.
    Der kleine Kerl hatte eine Belohnung verdient. Und für den Sechsbeiner war es ein Genuß, einen Beerenausstoßer zu vertilgen.
    Die Laute der Tiermeisterin hatten gleich zwei Beerenausstoßer aus den Büschen gelockt. Der kleine Bursche verschlang sie schmatzend, aber er wedelte immer noch mit dem mittleren Armpaar in die
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