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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren
Autoren: Jo Zybell
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den Palast zu holen. Was genau sie um diese ungewöhnliche Zeit von ihrem Berater wollte, wusste Bulldogg nicht. Irgendeine Idee musste ihr den Schlaf geraubt haben. Jedenfalls hatte er gerade den Palast verlassen und bog in den breiten Fahrweg zwischen Ost- und Westtor ein, als er vierzig oder fünfzig Schritte entfernt eine schmale Gestalt in den Eingang zu Arnaus Garten schleichen sah.
    Wäre das nicht geschehen, Bulldogg hätte sich nicht die geringste Mühe gegeben, seine Anwesenheit auf dem nächtlichen Weg und später auf Arnaus Grundstück zu verbergen. Jetzt aber hielt er sich dicht in der Deckung der Palastmauern und der Gartenhecken. Auch betrat er Arnaus Anwesen nicht durch den Eingang, sondern überstieg den Zaun an der Rückseite des Hauses und schlich gebückt durchs hohe Gras und an den Zierbüschen entlang an das Haus heran.
    In der Mitte des großen Gartens stand ein überdachter Pavillon. Als Bulldogg den erreichte, hörte er die Haustür knarren. Er drückte sich an die Holzwand des Pavillons und spähte in die Dunkelheit. Jemand öffnete das Portal, Licht fiel aus dem Haus auf die Vortreppe. Ein halbwüchsiger Bursche lief die Stufen hinunter und zum Gartentor. Der Kies auf dem Weg knirschte unter seinen Stiefelsohlen.
    Bulldogg besaß nur ein Auge – Laras, den jüngsten Sohn von Oberst Willman, erkannte er trotzdem.
    Was, bei Orguudoos höllischen Horden, hatte der Junge mitten in der Nacht beim Ersten Königlichen Berater zu suchen?
    Bulldogg hörte, wie die Tür sich wieder schloss, hörte im Haus Holzstiegen unter schweren Schritten ächzen, und drei Atemzüge später sah er Licht hinter einem Fenster im ersten Obergeschoss aufflammen.
    Ein wenig ratlos verharrte er. Was jetzt? Dem Jungen hinterher laufen? An Arnaus Tür klopfen und tun, als wäre nichts geschehen? Bulldogg schlich näher an das Haus heran.
    Neben der Vortreppe unter dem kleinen Balkon kauerte er im Gras und spähte einäugig zum erleuchteten Fenster hinauf.
    Sein Instinkt, in Seestürmen, Meutereien und tausend anderen Gefahren geschärft, sagte ihm, dass es sich lohnen könnte, einen Blick in das Zimmer dort oben zu riskieren.
    Das Schloss der morschen Haustür bedeutete kein grundsätzliches Hindernis für ihn, nur würden Tür und Treppen knarren. Bulldogg betrachtete das Haus. Ein paar Schritte entfernt, an der Hausecke, wuchs ein alter Obstbaum. Die Spitze seiner Krone überragte das Dach, und einige Äste bedeckten halb den kleinen Balkon über der Vortreppe. Vom Balkon aus, wenn man sich weit genug über die Brüstung lehnte, müsste man eigentlich in das erleuchtete Zimmer sehen können…
    Bulldogg wog über zweihundert Pfund und es kam darauf an, möglichst wenig Geräusche zu verursachen. Mit anderen Worten: Der Weg in den Baum hinauf war beschwerlich und kostete ihn viel Zeit. So viel Zeit, dass er jeden Moment fürchtete, das Licht hinter dem Fenster erlöschen zu sehen.
    Aber es erlosch nicht, es veränderte sich nur, leuchtete auf einmal in einem seltsamen Grün, als hätte Arnau ein grünes Seidentuch über seine Öllampe gelegt. Kurz bevor Bulldogg den Balkon erreichte, glaubte er Arnau reden zu hören. Hatte er Besuch? Eine Frau vielleicht?
    Endlich schloss Bulldogg seine Finger um den oberen Holm der gusseisernen Balkonbrüstung. Sorgfältig prüfte er zunächst deren Stabilität, bevor er über sie kletterte. Lautlos schlich er an die dem Fenster zugewandte Schmalseite des Balkons.
    Deutlich hörte er Arnaus Stimme nun. Er murmelte etwas in einer Sprache, die Bulldogg nicht kannte. Der Einäugige vermutete, dass der Mann aus Gödenboorg zu seinen Göttern betete. Natürlich tat er das in seiner Heimatsprache, das leuchtete dem obersten Palastgardisten ein – wie sollten seine Götter ihn anders verstehen?
    Der grünliche Schimmer des Lichtes schien sich zu verstärken, wie seltsam…
    Bulldogg beugte sich weit über die Brüstung, so weit, dass er das linke Bein hinter sich ausstrecken musste, um die Balance zu halten. Ein cremefarbener Seidenvorhang verhüllte den Blick ins Zimmer nur halb. Die Öllampe drinnen verbreitete ein warmes, schummriges Licht – Bulldogg konnte sie zwischen Tür und Wandspiegel erkennen. Das grünliche Leuchten allerdings ging nicht von ihr aus, sondern von Arnau; von seiner Stirn, um ganz genau zu sein.
    Der Mann aus dem hohen Norden stand breitbeinig nur zwei oder drei Schritte vom Fenster entfernt. Seine Fäuste hatte er in die Hüften gestemmt, den Kopf ein wenig in den
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