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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren
Autoren: Jo Zybell
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dass man dort, wo Sie herkommen, immun gegen diese Krankheit ist.« Miouu an ihrer Seite blieb stumm und rührte sich nicht.
    »Aber meine Königin!« Arnau lief an Jenny vorbei, versperrte ihr den Weg zurück zu ihrem Sessel und breitete in beschwörenden Geste die Arme aus. »Erinnert Euch doch, meine Königin! Beobachtete man nicht erschöpfte Männern unter Eurem Volk, bevor ich in Berlin eintraf? Hörtet Ihr nicht von Menschen mit ähnlichen Symptomen vor meiner Zeit? Denkt doch nur an Johaan…!«
    Er sprach nur aus, was Jenny schon selbst bedacht hatte. Sie konnte nicht anders als ihm in die Augen sehen. Auch wenn sein Gesichtsausdruck in diesem Moment etwas Beschwörendes, ja Flehendes hatte – die Augen schienen unbeteiligt zu sein. Wirkten sie in ihrer faszinierenden Schönheit nicht sogar kalt?
    »Ja, Sie haben Recht.« Im Nachhinein ärgerte sie sich über ihren Vorstoß. War er aus verletztem Ehrgefühl heraus erfolgt?
    »Tut mir Leid, Arnau von Gödenboorg. Aber ich dachte, ich bin es Ihnen schuldig, Sie über den Tratsch auf den Gassen von Berlin zu informieren. Vergessen Sie's einfach.«
    »Aber nein, meine Königin.« Wie zauberhaft er lächeln konnte. »In so einer ernsten Situation muss man jeder noch so absurden Spur nachgehen.«
    Jenny nickte stumm. Seltsam, dachte sie. Eben noch wollte er die Schlaffheit der Männer auf das Bier zurückführen, jetzt schien er sich übergangslos der Krankheitstheorie angeschlossen zu haben.
    An ihm vorbei stieg sie zu ihrem Sessel hinauf. Aus den Augenwinkeln nahm sie den scheuen Blick wahr, mit dem Miouu ihren Geliebten ansah. Oben auf der Galerie stöhnten die Deckenhaken unter dem Zug der hin und her schwingenden Schaukel. Bulldoggs rollender Bass erzählte von irgendeinem Seeungeheuer, das eine halbe Schiffsmannschaft gefressen hatte.
    »Allerdings…« Arnau stützte das Kinn auf seine Faust. »… allerdings bringt mich Eure Frage auf einen Gedanken.« Wie gut ihm der Samtumhang stand, wie das dunkle Blau seine goldenen Locken zum Leuchten brachte! »Könnte es nicht sein, dass die verfluchte Naura mehr als nur die böse Saat des Verrats in Beelinn eingeschleppt hat? Könnte es nicht sein, dass sie die Krankheit verursacht hat?«
    »Schon möglich.« Jenny nickte langsam. »Ja, das könnte sein…« Warum nur verhielt Miouu sich so still und distanziert in letzter Zeit? Ahnte sie womöglich, dass sie nicht die Einzige war, die Arnau liebte? Oder war sie ihm am Ende schon hörig?
    Wie ein plötzlicher Schmerz befiel Jenny die Einsicht, dass sie allein stand und sogar den Menschen in ihrer nächsten Umgebung misstrauen musste…
    ***
    Pottsdam, Anfang Oktober 2520
    In der ersten Nacht schlichen sie durch die Felder vor der Palisade, erkundeten die Stellung der Wachposten und die Zeit des Wachwechsels. Einzig der höchste der Wehrtürme von Pottsdam war die ganze Nacht besetzt, und auch auf den Wehrgängen der Mauer hörte man nur während des Wachwechsels Schritte. Bolle Karajans Truppe schien zum Leichtsinn zu neigen.
    Das widersprach dem weit verbreiteten Ruf der Pottsdamer Armee, denn die Waldleute und die Kämpfer verfeindeter Siedlungen fürchteten das fürstliche Heer als ungewöhnlich diszipliniert und kampfstark. Rudgaar konnte ein Lied davon singen, denn er selbst hatte als Hundemeister in dieser Truppe gedient – bis zu jenem Tag vor knapp sechs Wochen, an dem ein Verräter ihn als Spion Beelinns enttarnte und er fliehen musste.
    Tagsüber beobachteten sie das Haupttor der Siedlung von einem Versteck am Waldrand aus. Rudgaar sah einen Mann aus Beelinn nach Pottsdam hineingehen und drei Stunden danach im Laufschritt wieder aus dem Tor kommen und Richtung Beelinn im Wald verschwinden. Am mächtigen Schnurrbart und dem blonden Haar glaubte er Sergeant Deenis zu erkennen. Als am folgenden Tag ein Halbwüchsiger aus der Königssiedlung, ein Sohn des Oberst Willman, hinter der Palisade verschwand, fragte Rudgaar sich, wer in Beelinn noch Spione zur Berichterstattung nach Pottsdam schickte.
    Der Hundemeister besaß noch den Schlüssel zu einer kleinen Geheimtür in der Palisade, und so schlich Guundal sich in der zweiten Nacht allein nach Pottsdam hinein. Vor Tagesanbruch kehrte er unbehelligt zurück, berichtete von dösenden Wachen, schmutzigen Straßen und verwahrlosten Gärten. »Weniger gefährlich, als ich dachte«, sagte er erstaunt.
    »Die komische Krankheit scheint sie alle am Wickel zu haben.«
    »Dann sollten wir zusehen, dass wir uns nicht
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