Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
anstecken«, warnte Rudgaar.
    In der dritten Nacht wagten sie sich zu dritt hinter die Palisade. Greif nahm Rudgaar mit, die Schwarze ließ er beim Versteck und ihren Sachen zurück.
    Innerhalb der Siedlung sah Rudgaar mit eigenen Augen, was vor Wochen noch undenkbar gewesen war: Auf den Wehrgängen kauerten Bewaffnete und schliefen, in den Gärten wucherte das Unkraut, in den Gassen häufte sich Abfall.
    Der Hundemeister wollte zum zentralen Platz der Siedlung.
    Dort, in direkter Nachbarschaft der Kaserne und der Fürstenburg, stand der Gasthof, in dem Fremde untergebracht wurden, wenn sie über Nacht blieben. Tagsüber hatte Rudgaar nämlich erneut einen Beelinner durch das Haupttor gehen sehen, eine Frau diesmal. Sie hatte Pottsdam nicht wieder verlassen, und Rudgaar rechnete sich gute Chancen aus, sie zu entführen und ihr den Namen ihres Auftraggebers zu entlocken.
    Als sie den Platz vor der Fürstenburg erreichten sahen sie die Umrisse eines gewaltigen Mannes am Kasernentor vorbei huschen. »Ein Riese!«, zischte Alv. Er hielt Rudgaar an seinem Mantelärmel fest. Und wieder sahen sie den Hünen – diesmal schwang er sich über die mannshohe Mauer zum Garten des Gasthofes. Guundals Sohn hatte Recht: Kein ungewöhnlich großer Mann schlich da durch das nächtliche Pottsdam, sondern einer der legendären Riesen aus den Gebirgswäldern östlich der Oda.
    Rudgaar war nie einem dieser Riesenmenschen Augen in Auge gegenüber gestanden, aber er hatte mit Jägern gesprochen, die ihnen begegnet waren.
    Angeblich gab es nur noch ein paar Einsiedler und hier und da kleine umherziehende Horden. Und angeblich hatten diese Mutanten eine Vorliebe für Menschenfleisch.
    »Der Kerl hat die gleiche Idee wie unser Scheff«, flüsterte Alv.
    »Was jetzt?«, drängte Guundal. Noch bevor Rudgaar antworten konnte, erhob sich jenseits der Mauer das grollende Blöken einiger Wakudas. Auch Frekkeuscher hörten sie zirpen und mit den Flügeln rasseln. Ein Fenster wurde aufgestoßen, eine Tür und noch ein Fenster, Öllampen flammten auf, irgendjemand stieß einen Warnruf aus, und zwei Atemzüge später kam Leben in jedes Haus rund um den Platz; auch in der Fürstenburg sahen sie Lichter angehen.
    Die Kopf des Riesen erschien über der Mauerkrone. Als wäre sie weiter nichts als ein Brückengeländer, schwang er sich darüber. Ein paar Schritte links von ihm stieß jemand das Tor zum Kasernenhof auf. Im Schein vieler Fackeln erkannte Rudgaar Speerträger und Annbrustschützen, mindestens zwölf Mann insgesamt.
    »Verschwinden wir«, zischte er. Guundal und sein Sohn folgten ihm in das nächtliche Labyrinth der Gassen von Pottsdam. Hinter ihnen klangen Kampflärm und Geschrei durch die Dunkelheit. Schritte kamen ihnen entgegen; sie sprangen über einen Holzzaun und drückten sich zwischen Beerensträuchern ins Gras. Eine Wachabteilung trabte Richtung Fürstenburg an ihnen vorbei, drei Speerträger und ein Armbrustschütze. Kurz darauf hörten sie Metall gegen Metall krachen, Holz splittern und Männer brüllen. Dann herrschte zwei Atemzüge lang Stille. Bis der Boden unter schweren Schritten vibrierte und keuchend der Riese an ihrer Deckung vorbei stürmte.
    Rudgaar sprang auf. »Hinterher!« Sie rannten auf die Gasse, bogen in die nächste ab, schlichen durch zwei Gärten und über einen Hinterhof und erreichten schließlich den breiten Fahrweg, der zwischen Ost- und Westtor durch Pottsdam führte.
    Donnernde Schläge dröhnten durch die Nacht. Rudgaar und Guundal spähten aus der Gasse: Keine sechzig Schritte entfernt warf sich der Riese gegen das Osttor, wieder und wieder.
    Palisade und Torrahmen erzitterten unter seinen Anläufen.
    Über dem Koloss, auf dem Wehrgang zwischen den beiden Wachtürmen, rannten Pottsdamer Krieger hin und her. Etwas fiel auf den Riesen herab, er brüllte und fuchtelte. Sieben, acht Männer stürmten aus den unteren Eingängen der Tortürme. Sie packten die Taue, die plötzlich von der mächtigen Gestalt herab hingen.
    Der Riese brüllte seine Wut und seinen Schmerz heraus, als er stürzte. Die Pottsdamer strafften die Taue und zogen das Netz zusammen, in dem ihre massige Beute strampelte und sich hilflos hin und her warf…
    ***
    Beelinn, Anfang Oktober 2520
    Es geschah vier Tage nachdem Jenny den Oberst ihrer Stadtwache und seinen Sergeanten Deenis befragt hatte. Und es geschah aus purem Zufall.
    Kurz vor Mitternacht verließ Bulldogg den Palast, weil seine Königin ihn geweckt und gebeten hatte, Arnau in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher