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1209 - Die grauen Lords

Titel: 1209 - Die grauen Lords
Autoren: Unbekannt
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gekommen war. Seine fleischliche Hülle löste sich auf, aber sein Geist verschmolz mit der Vitalenergie, wurde zu einem! winzigen Tropfen im mächtigen Strom.
     
    2.
     
    Jen Saliks Blickfeld weitete sich. Er sah das mächtige goldene Ei, er sah Kerzl, der am Fuß des gigantischen Gebildes stand, als sei er der Regisseur und Direktor dieses Dramas der Vergangenheit. Der Eindruck der Bilder, die unter dem Einfluss der Mentalstimme in seinem Bewusstsein entstanden waren, hielt sich mit derartiger Eindringlichkeit, dass es Salik schwer fiel zu entscheiden, wo die Wirklichkeit lag. Sein Blick suchte Wöleböl. Er machte sich Sorgen um den Meykatender. Seit sie vor den Geriokraten in die Kavernen hatten flüchten müssen, war die Angst sein ständiger Begleiter gewesen. Die Bewohner der Stadt Starsen, soweit sie Status-Einsund Status-Zwei-Bürgerwaren, besaßen eine angeborene Furcht vor den Blinden Eremiten, die in der Unterwelt hausten. Die Gerüchte über die angebliche Grausamkeit der Baumwesen hatten ihre Grundlage womöglich in einem Zusammenhang, dem Atlan und Chulch durch Zufall auf die Spur gekommen waren. Der Arkonide und sein Begleiter hatten als Augenzeugen miterlebt, wie die Fratres - Angehörige der Fraternität, einer der beiden maß geblichen Machtstrukturen Starsens .; eine Gruppe von einhundert Stadtbewohnern zusammengetrieben, in die Unterwelt entführt und den Blinden Eremiten ausgeliefert hatten. Die Entführten waren dem goldenen Ei geopfert worden - so musste es für Wöleböl den Anschein haben. Er hatte sie über die Rampe ins Innere des Eis trotten sehen, und er hatte miterlebt, wie sie sich in der goldenen Lohe, die das Ei erfüllte, auflösten. Falls er je darüber nachgedacht hatte, ob die Angst vor den Blinden Eremiten gerechtfertigt sei, so mussten ihm jetzt sämtliche Zweifel geschwunden sein.
    Furcht war ein fester Bestandteil des starsischen Alltagslebens, zumindest für Bürger minderen Status. Im Zentrum von Starsen, wo Wöleböl lebte, ging die Angst vor den Geriokraten um, denen die Oberhäupter der Stadtviertel, gewöhnlich Status Drei-Bürger, in regelmäßigen Abständen Opfer zu liefern hatten. Die Opfer nahmen die Oberhäupter, weil es so am einfachsten war, aus den Reihen ihrer eigenen Untertanen. Sie ließen sie von ihren Treumännern zusammentreiben und lieferten sie an den Toren des Lebensdoms an die Geriokraten aus. Niemand wusste, was mit den Unglücklichen geschah. Nur eines stand fest: Keiner von ihnen war jemals wieder in der Außenwelt gesehen worden.
    Drei Standardmonate lang dauerte das Tiefenjahr. Dann verdunkelte sich der Himmel, und die fünfstündige Schwarzzeit brach herein. In der Schwarzzeit aber waren die Stahlsöldner unterwegs, die Diener des Stahlherrn. Und auch ihre Aufgabe war, Bürger der Stadt Starsen zu entführen.
    Auch von denen, die den Stahlsöldnern in die Klauen fielen, wurde nie mehr etwas gehört. Jen Salik und der Arkonide hatten erfahren, dass sich hinter dem Stahlherrn Tengri Lethos-Terakdschan verbarg, den eine unerforschliche Laune des Schicksals hierher verschlagen hatte. Daher mussten die vermeintlichen Überschreitungen der Söldner in einem anderen Licht gesehen werden. Wenn Tengri Lethos seine Hand im Spiel Hatte, dann war' eher anzunehmen, dass die Entführungen auf irgendeine zunächst noch unentschleierte Art und Weise dem Vorteil der Entführten dienten. Aber wer wollte das den verängstigten Starsenern klarmachen? Sobald die Schwarzzeit begann, verbarrikadierten sie sich in ihren Wohnungen, und waren selbst dann noch nicht vor dem Zugriff der Stahlsöldner sicher. .
    War dies wirklich ein Werk der Kosmokraten? War es denkbar, dass ein Vorhaben der Mächtigen jenseits der Materiequellen auf derart katastrophale Art und Weise fehlschlug? Wie viele Millionen Einwohner hatte die Riesenstadt Starsen? Und wie viele von ihnen lebten in ständiger Furcht vor dem einen oder anderen Unheil, das jeden Augenblick zuschlagen konnte? Das Herz verzagte angesichts des Ausmaßes der Barbarei; der Verstand weigerte sich, die atavistische Grausamkeit zu begreifen, die für die Mehrzahl der Bürger Starsens zum Alltag gehörte.
    Jen Salik trat einen Schritt zurück. Es drängte ihn, den Arm auszustrecken und Wöleböl zu berühren. Er wollte ein paar beruhigende Worte zu ihm sagen, ihm einen Teil der Angst nehmen. Aber die Stimme begann, von neuem zu sprechen. Sein Blickfeld verengte sich, und während vor seinen Augen der kleine Baum in die Höhe
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