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1208 - Leichenwelten

1208 - Leichenwelten

Titel: 1208 - Leichenwelten
Autoren: Jason Dark
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Gänsehaut bildete. Dieser Mensch gehörte ihrer Meinung nach zu den Typen, die es verstanden, auch die prüdeste Frau dazu zu überreden, sich auszuziehen, damit ihr Foto in irgendeinem Hochglanz-Magazin erschien.
    Das Bild strahlte einfach etwas aus. Da konnte sich kaum jemand diesem Einfluss entziehen.
    Aristide Goya war Baske. Das hatte Jane gelesen. Sie wusste auch, dass er sich für längere Zeit in London aufhielt, um seine Ausstellung zu begleiten. Außerdem musste die Neugier befriedigt werden. So gab er Interviews in den verschiedenen Medien. Er trat öfter im Fernsehen auf, Talkshows waren ihm auch nicht fremd, und es gab wohl kaum eine Zeitung, die noch kein Interview von ihm gebracht hatte.
    Das alles war Jane bekannt, und sie hoffte innerlich, dass sie ihn kennen lernen würde, denn sie hätte ihm gern einige Fragen gestellt.
    Zum Beispiel, warum er sich gerade für Tote interessierte.
    Aus seiner Biografie war das nicht so direkt herauszufinden gewesen.
    Da musste man schon tiefer graben. Jedenfalls war er ein Mann, der immer von der Aura des Geheimnisvollen umweht war, und das strahlte selbst dieses übergroße Bild auf den Betrachter ab.
    Drei weitere Interessenten waren gekommen. Sie aber warfen nur einen kurzen Blick auf das riesige Foto. Auf dem direkten Weg näherten sie sich der Tür, um den ersten der fünf Ausstellungsräume zu betreten, die allesamt miteinander verbunden waren.
    Jane spürte auch weiterhin die Spannung. Auf dem Rücken blieb das Prickeln. Die Haut dort zog sich etwas zusammen, und schon beim Eintreten hatte sie das Gefühl, jetzt etwas Besonderes erleben zu müssen. Man musste nicht unbedingt sehr sensibel sein, um dies zu spüren.
    Jane ging mit langsamen Schritten. Den Bildern galt noch kein Blick, sie wollte den Raum erst als Ganzes wahrnehmen.
    Auch hier war die Decke sehr hoch. Es gab keine Fenster, es war wieder ein Kasten, der nur an einer Seite einen Durchgang besaß. Er war der Weg in den zweiten Ausstellungsraum.
    Jane fiel auf, dass sie sich als einzige Interessentin in diesen vier hohen Wänden aufhielt. Die anderen waren bereits in einem anderen Raum verschwunden. Man musste sich zuerst an die Umgebung gewöhnen, die nicht hell, aber auch nicht dunkel war.
    Es herrschte hier eine ungewöhnliche Mischung aus Helligkeit und Schatten vor. Die in Blickhöhe an den Wänden hängenden Bilder lagen im Licht, da sie aus verschiedenen Quellen angestrahlt wurden. So konnte jedes Foto ausreichend gut betrachtet werden. Schon beim ersten Überblick fiel der Detektivin auf, dass es sich grundsätzlich nur um Schwarzweißaufnahmen handelte.
    Sie wollte ihre Runde von links nach rechts gehen und blieb nach wenigen Schritten vor dem ersten Bild stehen.
    Es zeigte eine tote Frau, die aufgebahrt worden war. Um sie herum standen Kerzen. Ihr Licht fiel auf ein fast madonnenhaft schönes Gesicht, das von dunklen Haaren umflort wurde.
    Um die Frau herum saßen Menschen und trauerten. Zumeist Frauen, die in schwarze Kleidung gehüllt waren und ihre Gesichter hinter den Händen verbargen. Durch ein lukenhaft kleines Fenster an der Seite drang ein Sonnenstrahl, der sich noch im Gesicht der Toten verfing.
    Das Bild beeindruckte Jane auf Grund seiner Symbolik. Auf der einen Seite der Tod, auf der anderen das Licht. Das Sterben war nicht alles, denn das Licht dokumentierte, dass es auch nach dem Ableben noch eine gewisse Hoffnung gab.
    Der Künstler stammte zwar aus dem Baskenland, doch seine Motive hatte er in aller Welt gefunden. In den Ländern des Südens ebenso wie in Europa. Ihm kam es auf die toten Menschen an und wie die Lebenden in ihrer Trauer mit ihnen umgingen.
    Jane setzte ihren Weg fort. Bild auf Bild ließ sie auf sich einwirken.
    Sie musste zugeben, dass jede einzelne Fotografie ein kleines Kunstwerk für sich war. Goya hatte es geschafft, die Verschiedenheit der Menschen zu erfassen, auch wenn das Motiv immer gleich blieb. Sie gestand sich ein, schon beeindruckt zu sein.
    Es hingen keine schlimmen Bilder in diesem Raum. Aber sie hatte noch vier weitere vor sich. Nach ihr waren keine Besucher mehr gekommen, und so betrat sie den zweiten Raum, wo sie die anderen Menschen wiedersah, allerdings schon in der Nähe des Ausgangs, denn sie hatten diese Tour bereits geschafft.
    Der Tod als Schrecken! Dieser Titel hätte gepasst, denn so friedlich war er nicht immer. Goya hatte diejenigen Menschen auf den Film gebannt, die plötzlich und unerwartet mit dem Tod konfrontiert worden
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