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1204 - Der Häuter

1204 - Der Häuter

Titel: 1204 - Der Häuter
Autoren: Jason Dark
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Haltung veränderte und sich nach links drückte. Dabei streckte er den Arm in das offene Grab hinein. Es lag auf der Hand, dass er irgendetwas hervorholen wollte. Es dauerte nur zwei, drei Sekunden, dann tauchte der Gegenstand aus dem Grab auf.
    Es war nicht überraschend für mich, dass er die von mir gesuchte Sense in der Hand hielt. Sein Mordinstrument. Die Waffe, mit der er schon vier Menschen getötet hatte.
    Es schien keine Sonne, es war sogar schon dämmrig geworden, trotzdem schimmerte das Metall wie ein Spiegel, so blank war es geputzt oder geschliffen worden. Jedenfalls hatte er die Taten perfekt verwischt.
    »Ahhh…«
    Es war ein sattes Stöhnen, das seinen Mund verließ. Für meinen Geschmack klang es widerlich, und es war zugleich wie der Vorbote für meinen Tod.
    Lachen löste das Stöhnen ab. Dann drehte er sich lässig zur Seite und umfasste die Sense mit beiden Händen. Sie besaß keinen zu langen Schaft, er war kürzer als bei einer normalen Sense. Noch kümmerte er sich nicht um mich. Er himmelte die Mordwaffe an, sprach sogar mit ihr und war so erregt, dass vor seinen Lippen kleine Speichelbläschen entstanden und wieder zerplatzten.
    Mir fiel auf, dass die Außentasche vorn an seinem Overall durchhing, weil in ihr ein schwerer Gegenstand steckte. Meiner Ansicht nach konnte das nur die Beretta sein, die er mir abgenommen hatte.
    Ruckartig drehte Ben Navis den Kopf nach links und starrte auf mich nieder.
    Ich bekam die Augen nicht schnell genug wieder geschlossen, und genau das hatte Navis gemerkt.
    Zuerst kicherte er kurz vor sich hin. Dann flüsterte er: »Ha, du bist ja wach, Bulle. Super. Das gefällt mir. Hast einen verdammt harten Schädel.«
    Jetzt glänzten seine Augen. Zum ersten Mal sah ich ein Gefühl darin, auch wenn es ein verdammt negatives war. Er tastete mich mit den Blicken ab und schüttelte den Kopf.
    »Deine Haltung gefällt mir nicht, Bulle. Nein, sie gefällt mir ganz und gar nicht. Das müssen wir ändern.«
    Er tat es, aber er nahm dabei nicht seine Hände zu Hilfe, sondern verließ sich auf die Füße. Vielmehr auf seinen rechten.
    Zur Hälfte schob er ihn unter meinen Körper, und rollte mich so auf den Rücken. Wäre ich bei Kräften gewesen, so hätte ich mir sein Bein geschnappt und daran gezogen, aber der Gedanke kam mir zu spät. Außerdem schienen meine Knochen mit Blei gefüllt zu sein.
    Ich fiel auf den Rücken und zwang mich, die Augen offen zu halten.
    Navis war zufrieden. »Ja!«, flüsterte er und nickte mir zu, »das ist genau richtig. Das ist die Lage, die ich mir wünsche. Einfach perfekt.«
    Ich gab ihm keine Antwort und schaute aus meiner Bodenlage nur an ihm hoch.
    Jetzt, da er seine Sense geschultert hielt, kam er mir noch stärker vor als der Tod. Es war, als wäre der Sensenmann aus seiner Höhle in der Hölle gekommen, um auf der Erde blutige Ernte zu holen. Dieser widerliche Schädel, dieser breite, fast lippenlose Mund. Dazu die hässliche Nase, die beinahe zu einem Schwein gepasst hätte, ja, so konnte man ihn nur als den hässlichen Tod ansehen.
    Er verhöhnte mich und fragte mit rauer Stimme: »Was hast du gesagt? Worauf bist du stolz gewesen, Bulle? Dass wir zu zweit sind? Dass uns keiner stören wird? Du hast Recht. Uns wird keiner stören. Ich werde dich vernichten, deine Haut abziehen, und es ist niemand da, der dir helfen kann.«
    Ich kämpfte gegen den Druck und gegen die Schmerzen in meinem Kopf an und suchte nach einer passenden Antwort, was sich als nicht so leicht herausstellte.
    »Es stimmt alles, wir sind allein. Aber ich habe mich abgesichert. Man weiß, wen ich besucht habe. Und man wird aufmerksam werden, Navis. Man wird nicht locker lassen, denn du wirst es nicht schaffen, mich spurlos zu beseitigen. Das ist heute nicht mehr möglich. Die Wissenschaft ist schon zu weit fortgeschritten. Es wird dir nicht mehr gelingen, Navis.«
    »Ach ja? Bei den anderen vier…«
    »Da hast du Glück gehabt.«
    »Ja, und du hast Pech.«
    Er wollte nicht mehr diskutieren. Für ihn hatte es schon zu lange gedauert. Er fühlte sich provoziert. Wahrscheinlich ärgerte es ihn sogar, dass sich ein einzelner Mann die Freiheit erlaubt hatte, ihn zu stellen.
    Navis ließ die Sense von seiner Schulter gleiten. Ich verfolgte jede seiner Bewegungen. Sie schlitterte über den Oberarm hinweg und wurde von ihm lässig abgefangen. Er hielt sie in der Hand wie andere eine Schaufel.
    »Ich werde dich aufschlitzen, Bulle. Von unten nach oben. Harakiri auf meine
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