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1200 - Ordoban

Titel: 1200 - Ordoban
Autoren: Unbekannt
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wachsen.
     
    *
     
    Die ersten Symptome waren unterschwelliger Natur.
    Eine Hymne des Jahres 13 508 Malkatu begann: „Heil dir, Ordoban, dem größten Präsidenten aller Zeiten ..." Natürlich war Ordoban nie Präsident gewesen. Er stutzte zunächst, dann aber entschied er, daß es gleichgültig sei, unter welchem Titel die Bewohner des Imperiums ihm Respekt zollten.
    Da waren die Nachrichten, die aus dem Innern von Behaynien kamen, schon wesentlich beunruhigender.
    Das Imperium hatte nichts mehr zu tun. Behaynien war bis zu den Grenzen des Halos hinaus befriedet. Von den intergalaktischen Expeditionen war bisher noch keine zurückgekehrt, obwohl die Frist für jene mit dem kürzesten Laufweg längst abgelaufen war, Auf den zivilisierten Welten des Imperiums sprossen esoterische Kulte, von denen viele einer eschatologischen Philosophie huldigten und ein baldiges Ende der Welt vorhersagten. Die Beziehungen zwischen den Republiken Saddreykar und Loutuhin, die zu den Gründermitgliedern des alten Bundes der Drei zählten und Jahrtausende hindurch in brüderlicher Eintracht miteinander gelebt hatten, waren auf einmal gespannt - eines Grundes wegen, dem zuliebe Ordoban selbst im Augenblick des größten Zorns keinen einzigen Schuß abgefeuert hätte: saddreykarische Bürger hatten sich auf einer loutuhinschen Ferienwelt in großem Maßstab eingekauft. Loutuhin sprach von Überfremdung und enteignete die Saddreykaren kurzerhand. Saddreykar wurde auf Loutuhin vorstellig. Die Unterhandlungen blieben erfolglos. Der Abbruch gegenseitiger Beziehungen stand unmittelbar bevor.
    „Verdammte Narren", grollte Ordoban.
    Er sandte persönliche Nachrichten an die Staatsoberhäupter beider Republiken und an den Präsidenten des Imperiums. Saddreykar antwortete sofort: man sei zum Einlenken bereit, sobald man auf loutuhinscher Seite eine relevante Versöhnlichkeitsbereitschaft erkenne. (Darunter konnte Ordoban sich nichts vorstellen.) Der Präsident bedauerte, er habe keine Möglichkeit, in eine Streitsache zwischen zwei Mitgliederrepubliken einzugreifen. Und von Loutuhin aus verbat man sich Jede fremde Einmischung in interrepublikanische Angelegenheiten. Ordoban schloß daraus, daß sich nicht nur die Denkweise der Bürger des Imperiums, sondern auch ihre Sprache grundlegend gewandelt hätten. Das war ihm anderenorts schon aufgefallen: Die Hälfte der Nachrichten, die er aus Behaynien empfing, verstand er nicht mehr.
    Im Jahr 13613 Malkatu kehrte die erste der intergalaktischen Expeditionen zurück. Nicht jene, deren Route die kürzeste gewesen war, sondern eine, deren Ziel in acht Millionen Lichtjahren Entfernung gelegen hatte. Es kehrte auch nicht wirklich die Expedition zurück, sondern nur ihr Fahrzeug - mit achtzehntausend Leichen an Bord. Die Eschatologen trumpften auf: Sie hatten es schon immer gewußt - das Ende war nahe.
    Um die Mitte des 138. Jahrhunderts Malkatu wurde Ordoban von seinen Sorgen um den allgemeinen Zustand des Imperiums vorübergehend abgelenkt.
    „Mein Körper ist müde", sagte Saddreyu eines Tages. „Er will sich für immer zur Ruhe legen."
    Sie unterhielten sich jetzt des öfteren. Zwar hielt der Besucherzustrom in altem Umfang an, aber Audienzen bei Ordoban waren nicht mehr so gefragt wie in der Vergangenheit. Sie hatten mehr Zeit füreinander.
    „Deswegen mach dir keine Sorgen", antwortete Ordoban. „Ich beobachte dich schon seit geraumer Zeit.
    Ich weiß, woran ich mit dir bin. Die Sublimierung ist vorbereitet."
    Diesen Ausdruck hatte er selbst geschaffen. Anhand seines eigenen Schicksals hatte er zu erkennen geglaubt, daß der organische Körper eigentlich nur eine Bürde war. Wenn er sein Leben noch einmal zu leben hätte, dann wollte er es von allem Anfang an als substanzloses Wesen tun. Das Abstreifen des sterblichen Körpers war ein Schritt nach oben. Diesen Vorgang, meinte der Held, beschreibe der Begriff Sublimierung recht gut.
    Saddreyus leibliches Dasein endete am 34. Ashtaph des Jahres 13752 Malkatu. Ordoban hielt Wort. Von da an durchstreifte der Bucklige als reines Geistwesen die Weiten des Loolandre. In dieser Form war er beweglicher als zuvor. Ordoban bekam ihn nicht mehr so oft zu sehen. Freilich konnten sie auf mentalem Weg über jede beliebige Entfernung hinweg miteinander kommunizieren.
    Später wurden die Symptome deutlicher. Im Jahr 14 098 Malkatu durchstreifte Ordoban wieder einmal, wie es seine Gewohnheit war, in Form eines pseudomateriellen Bewußtseinssplitter die Weiten des
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