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1200 - Ordoban

Titel: 1200 - Ordoban
Autoren: Unbekannt
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Form annehmen zu lassen. Davon machte er weidlich Gebrauch, denn er ergötzte sich an dem Entsetzen der Touristen und Schaulustigen, wenn er ihnen als Gespenst erschien. Auf der Rückkehr zur Halle der Sterne diente den Bewußtseinsfragmenten die charakteristische Hyperstrahlung des goldenen Kokons als Leuchtfeuer und Wegweiser.
    Zu Milliarden kamen die Besucher jedes Jahr, um das größte Monument aller Zeiten zu bestaunen. 750.000 Lichtjahre betrug die Entfernung vom Loolandre bis zum entferntesten Sternenzipfel auf der gegenüberliegenden Seite von Behaynien. Und selbst von dort kamen sie noch zu Millionen. Der Loolandre wurde zur Wallfahrtsstätte. Niemand, der die weite Reise unternahm, wollte zurückkehren, ohne von Ordoban in Audienz empfangen worden zu sein. Hätte das Bewußtsein des Helden nicht die Fähigkeit besessen, sich in nahezu unendlich viele Teile aufzuspalten, niemals wäre es möglich gewesen, die Wünsche aller um Audienz Ersuchenden zu befriedigen, So aber waren zu jeder beliebigen Zeit mehr als tausend Ordobane unterwegs, um zu ehrfürchtig lauschenden Touristen zu sprechen.
    Ordoban lebte wie in einem Rausch. Er genoß seinen Ruhm und die Ehrfurcht der Besucher in vollen Zügen. Hymnen wurden zu seiner Ehre komponiert und während der Audienzen gesungen. Eine davon, „Ordoban, du Herr der Flamme..." war ein Kampflied, das ihn an die Zeit seiner Siege in der Nagu Nakira erinnerte. So beschäftigt war er mit dem nicht immer seriösen Trubel des Ordoban-Kults, daß manchmal Tage vergingen, ohne daß Saddreyu auch nur ein einziges Wort von ihm zu hören bekam. Als der Bucklige sich darüber beschwerte, wehrte Ordoban ab: „Wir haben später noch Zeit genug füreinander. Du glaubst doch nicht, daß der Zulauf bis in alle Ewigkeiten so anhalten wird?" Es war Saddreyu nicht klar, wie ernst er diese Bemerkung meinte. Später stellte sich heraus, daß er recht gehabt hatte. Aber bis dahin sollten noch viele neue Häuser in Tatmu-Sharrata gebaut werden.
    Ordoban hielt Verbindung mit der Außenwelt. Die großen Hyperfunkstationen des Loolandre erhielten Informationen von allen Nachrichtenzentren des Imperiums. Im Jahr 12629 Malkatu zerbrach der letzte Widerstand in der Nagu Nakira. Damit unterstand ganz Behaynien - mit Ausnahme des gigantischen Schwarzen Loches im Zentrum der Galaxis - der Oberhoheit des Imperiums. Um jene Zeit war schon ein halbes Dutzend intergalaktischer Expeditionen unterwegs. Sie Waren mit riesigen Schiffen ausgestattet, von denen jedes den Umfang einer Großstadt besaß. Die Dauer der Rundreise zur unmittelbar benachbarten Galaxis war mit 800 Jahren veranschlagt. Von den Mitgliedern der ursprünglichen Besatzung würde keines lebend zurückkehren. Stolz erfüllte Ordobans Bewußtsein, daß in ein paar tausend Jahren auch fremde Galaxien, die bisher in unerreichbarer Ferne zu liegen schienen, sich der Hoheit des Imperiums würden beugen müssen.
    Eines Tages war er mit einem seiner Bewusstseinssplitter unterwegs, um Touristen zu erschrecken. In einem belebten Schaustück, das den Start der ersten saddreykarischen Mondexpedition darstellte, fand er eine Gruppe von jungen Aihnoul, humanoiden Wesen, die wie Saddreyu zwei Äugen besaßen. Als die Beleuchtung erlosch, blockierte er die Projektoren, so daß das dreidimensionale, pseudomaterielle Bild, das die von Spannung erfüllten Zuschauer zu sehen erwartet hatten, nicht materialisierte. Statt dessen erschien er selbst, als gespenstische, monströse Leuchterscheinung in der Dunkelheit schwebend. Er stieß einen markerschütternden Schrei aus und tat so, als wolle er sich auf die Aihnoul stürzen.
    Da sah er, wie die verängstigten jungen Wesen auf die Knie sanken, die Arme in die Höhe reckten und mit schwachen, zitternden Stimmen zu singen begannen: „Ordoban, du Herr der Geister, beschütze uns vor allem Unheil..."
    Verblüfft und bestürzt zog er sich in .den hintersten Winkel der Halle zurück, wandelte seine Gestalt zu der einer harmlos erscheinenden Leuchtkugel und fragte: „Was wißt ihr von Ordoban?"
    Im Chor antworteten ihm einhundert helle Stimmen: „Ordoban ist der größte Held aller Zeiten, Helfer der Präsidenten, Wahrer des Imperiums, Herr der Geister, Beschützer der Sterne..."
    Ordoban zog sich blitzschnell zurück - beschämt, daß er derart devoten Verehrern seiner Person einen so schäbigen Streich hatte spielen wollen. Es schien, als sei es seinem Ruhm bestimmt, bis in alle Ewigkeit zu
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