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12 - Die Nadel der Götter

12 - Die Nadel der Götter

Titel: 12 - Die Nadel der Götter
Autoren: Oliver Fröhlich
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bekommst gerade einen Vorgeschmack davon.
    Da! Der metallene Handlauf – er schimmerte in rötlicher Glut. Tom zuckte zurück. Nicht berühren! Keinesfalls!
    Hundertsechsundvierzigste Etage. Der Aufzug verwandelte sich in eine Sauna. Nein, mehr als das! Er verwandelte sich in einen Hochofen. Und Tom steckte mitten drin.
    Er starrte zur Tafel mit den Etagenknöpfen. Schmelzender Kunststoff rann herab und bildete Nasen über den Knöpfen, von denen glühende Tropfen fielen. Darunter leuchtete ein roter Taster den Archäologen förmlich an. Notstopp.
    Toms Hand zuckte vor. Anhalten! Raus hier! Nur raus hier!
    Nein! , rief er sich im letzten Moment zur Ordnung. Das passiert nicht wirklich. Diese Bilder gibt dir nur die Maschine ein! Du musst durchhalten!
    Er erinnerte sich an die Informationen, die Audric Guignard aus dem Bericht der Genfer Polizei gezogen hatte: Ein Mitglied des Bombenräumkommandos war auf unerklärliche Weise verbrannt.
    Gar nicht mehr so unerklärlich, findest du nicht?
    Er überlegte, ob er die Tasche abstellen und auf Distanz gehen sollte. Doch er entschied sich dagegen. Halte durch! Du schaffst das. Der Aufzug muss bald sein Ziel erreichen.
    Und danach? Ihm blieben immer noch zwanzig Stockwerke, die er zurücklegen musste. Wie sollte er dieses Kunststück vollbringen?
    Er schloss die Augen, um die schmelzende Aufzugskabine nicht länger sehen zu müssen. Als er stattdessen glaubte, in Lava zu ertrinken, riss er die Lider schnell wieder auf.
    Wie lange noch?
    Von dem Display war längst nichts mehr zu erkennen. Erste Tropfen lösten sich aus der Decke und schlugen neben ihm ein. Einer traf ihn ihm Nacken. Ein mörderischer Stich durchfuhr ihn und strahlte aus bis in die Fingerspitzen.
    »Neeeiiin!«, brüllte Tom. »Das passiert nicht wirklich!«
    Das änderte nichts an den Schmerzen.
    »Aufhören! Bitte aufhören!«
    Ein Schrei erreichte seine Ohren. Erst konnte er ihn nicht zuordnen, doch dann erkannte er seinen Namen.
    »Tom!«
    Maria Luisas Stimme riss ihn in die Wirklichkeit zurück. Plötzlich war der Aufzug wieder ein Aufzug. Das unbeschädigte Display zeigte in sanftem Rot die Zahl 160.
    Die Tür war zur Seite geglitten. Davor stand die Spanierin und starrte ihn ungläubig an.
    »Du lebst!«, stieß sie hervor.
    Damit hatte sie ganz offensichtlich recht. Und er musste zugeben, dass niemand überraschter darüber war als er selbst.
    Sie stürzte auf ihn zu, wollte ihn in die Arme schließen, doch er hob abwehrend die Hände. »Komm der Maschine nicht zu nahe!« Sein eindringlicher Tonfall ließ sie verharren.
    Neben Maria Luisa tauchte Chalid Hariri auf. Er schien sich im Gegensatz zu ihr kein bisschen darüber zu wundern, dass Tom den Sturz überlebt hatte. Stattdessen fragte er in ruhigem Ton: »Wie geht es jetzt weiter?«
    Tom torkelte aus dem Fahrstuhl. »Ich muss hinauf zum Reaktor, und zwar schnell! Ich fürchte, der Mann in Weiß wird bald auftauchen.«
    »Dann komm!«, sagte Maria Luisa und wollte sich zum Treppenaufgang wenden.
    »Ihr bleibt hier.«
    »Aber …«
    »Bitte! Wenn du mich liebst, bleibst du hier und wartest auf mich, bis alles vorüber ist.« Er wandte sich an Hariri: »Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie Maria Luisa vor dem Mann in Weiß in Sicherheit bringen?«
    Der nickte. »Natürlich.« Er warf ihm eine Chipkarte zu. »Das hundertachtzigste Stockwerk ist ein reines Technikgeschoss mit nicht mehr allzu großer Grundfläche. Wenn Sie das Treppenhaus verlassen, stoßen Sie direkt gegenüber auf eine grüne Tür. Mit diesem Kärtchen kommen Sie in den Raum dahinter. Dort steht der TriCore.«
    »Danke.« Toms Stimme war nur noch ein Krächzen.
    »Viel Glück! Möge Allah mit Ihnen sein.«
    ***
    Kaum betrat Tom das Treppenhaus, setzten die Visionen wieder ein. Offenbar hatten sie nur deshalb eine Pause eingelegt, weil ihm die kurze Unterhaltung mit Maria Luisa und Hariri einen Anker in der Wirklichkeit geboten hatte.
    Such dir einen neuen Anker!
    Während er Stufe um Stufe erklomm, rief er sich Bilder seiner Vergangenheit ins Gedächtnis. Seine Ehe mit Abby. Die unzähligen Abenteuer, die er zuvor erlebt hatte. Seine Kameraden bei A.I.M. Die Suche nach dem Jungbrunnen und sein versehentliches Bad darin.
    Und natürlich Maria Luisa. Ihre gleichmäßigen Gesichtszüge. Ihre wunderschönen Augen, in denen das Feuer Spaniens brannte.
    Feuer!
    Plötzlich glaubte er, statt der Mauer des Treppenhauses eine Feuerwand vor sich zu sehen. Flammen schlugen ihm entgegen,
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