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1193 - Das Templerkind

1193 - Das Templerkind

Titel: 1193 - Das Templerkind
Autoren: Jason Dark
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es. Sie müssen es einfach sein. Wunderbare Engel. Boten, die mich noch immer lieben, obwohl ich nicht lange bei ihnen geblieben bin.«
    Clarissa Mignon hatte sich verändert. Sie schien sich auf zwei Ebenen zu bewegen. Zumindest gedanklich. Mich nahm sie nur noch am Rande wahr, und sie hatte mir die ganze Zeit über auch nur emotionslos geantwortet. Das war von einer Zwölfjährigen eigentlich nicht zu erwarten.
    »Sollen wir nicht besser zu deiner Mutter in die Ruine hineingehen?«, schlug ich vor.
    Irgendetwas hatte ihr Misstrauen erregt, denn sie blickte mich fast böse an. »Was willst du denn von ihr?«
    »Sie sehen.«
    »Und dann?«
    »Ich weiß es noch nicht, Clarissa. Schließlich bin ich jetzt für dich verantwortlich. Das hast du selbst bestätigt. Auf zwei Skelette kannst du nicht hoffen.«
    »Aber ich höre immer ihre Stimmen.«
    »Trotzdem werden sie nie wie Menschen handeln können. Darüber musst du dir schon im Klaren sein.«
    Sie betrachtete mich, als hätte sie mich in der letzten Minute zum ersten Mal gesehen. Plötzlich zuckten die Lippen, und der Mund verzog sich in die Breite. »Nein, nein, John. Ich will es nicht mehr. Die Stimmen sagen mir etwas anderes. Geh jetzt. Du bist nicht mehr mein Freund. Du bist auch ein Feind meiner Eltern. Ich höre sie in meinem Kopf. Sie lügen nicht.«
    Das lief in eine Richtung, die mir gar nicht gefallen konnte. »Bitte, Clarissa«, sagte ich mit sanfter Stimme. »Du kannst nicht glauben, was man dir da einsuggeriert. Du musst mir glauben und nicht zwei Geistern.«
    »Es sind meine Eltern!«
    »Nein, sie sind tot.«
    »Aber…«
    »Die Stimmen der Geister - sie reden nur zu einem Zweck mit dir. Sie wollen dich verführen. Sie wollen dir einfach den falschen Weg zeigen. Sie waren nie wie normale Menschen, denn sie haben sich einem schrecklichen Dämon angeschlossen. Das darfst du nie vergessen, Clarissa.«
    »Ich kenne keinen Dämon.«
    »Er heißt Baphomet.«
    »Er ist doch ein Gott!«, schrie sie mich an. Meine Worte hatten sie durcheinander gebracht. Sie wusste selbst nicht mehr, was sie noch glauben sollte. Plötzlich begann sie zu zittern, und das Skelett auf ihren Armen bewegte sich mit.
    Ich sagte nichts mehr. Uns trennten nicht einmal zwei Schritte. Als ich den ersten gegangen war, wich sie zurück. Beim zweiten zog ich etwas den Kopf ein, was nicht nötig war, denn der Eingang der Ruine war trotz allem hoch genug.
    Clarissa wich vor mir zurück. Ich hatte bisher im Hellen gestanden, jetzt überfiel mich die Dunkelheit im Innern dieser alten Ruine. So musste ich mich erst wieder neu orientieren.
    Das Mädchen wich vor mir zurück. Ich hörte nur das Schleifen der Sohlen auf dem harten, mit Sand bedeckten Boden.
    Dann endlich tat ich das, was ich mir vorgenommen hatte. Ich holte die schmale Lampe aus der Tasche und stellte sie so ein, dass der Strahl seine gesamte Breite erhielt und fast wie ein Fächer in die Dunkelheit hineinleuchtete.
    Es gab nicht viel zu sehen. Das bleiche Totenlicht der Lampe strich über alte Wände und einen sandigen Boden hinweg. An manchen Stellen hatte der Wind den Sand bis gegen eine Wand geweht und ihn dort angehäuft.
    Clarissa war zurückgewichen, wie jemand, der sich vor dem Licht fürchtet. Das Skelett im blauen Kittel hatte sie dabei festgehalten. Sie ging noch immer rückwärts, aber sie drehte sich dabei mal nach links und auch nach rechts, sodass ich mich fast gezwungen sah, ihr mit dem Lichtstrahl meiner Lampe zu folgen.
    Dann sah ich ihr Ziel.
    Sie blieb stehen, und als sie den Kopf senkte, leuchtete ich vor ihre Füße.
    Auf dem Boden lag ein zweites Skelett. Das musste die Mutter sein. Ebenso angezogen wie der Vater. Nur war dieses Kleidungsstück bräunlich.
    Ich irrte mich. Das Skelett lag nicht einfach am Boden. Man hatte den Knochenkörper in eine kleine Mulde hineingedrückt, die einer in den Boden eingelassenen Wanne ähnelte. Direkt daneben lag eine zweite. In sie passte der Vater hinein.
    Clarissa ging dazu über, den Knochenkörper in die leere Mulde zu legen. Ich ließ sie in Ruhe und beobachtete nur jede ihrer Bewegungen.
    Sehr bedächtig ging sie dabei vor. Auf keinen Fall wollte sie, dass dem »Vater« etwas passierte. Es schabte kaum, als beide Skelette ihre Plätze eingenommen hatten.
    So behutsam Clarissa auch mit ihnen umgegangen war, ich dachte anders über sie. Ich hatte zu diesen beiden keinerlei Beziehungen. Auch waren sie für mich nicht nur einfach normale Skelette, sondern die Reste zweier
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