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1191 - Im Schattenreich der Yo

Titel: 1191 - Im Schattenreich der Yo
Autoren: Unbekannt
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scharf in die Parade. „Wie bitte?"
    „Da vorne ist Licht", sagte der Waffenmeister.
     
    *
     
    Der Stollen weitete sich trichterförmig. Die Meßgeräte avisierten, daß das künstliche Schwerefeld eine andere Struktur angenommen habe. Es bezeichnete jetzt eine Seite des sich aufblähenden Tunnels eindeutig als Boden, die gegenüberliegende als Decke. Leo Dürk hatte infolgedessen die bisherige Marschordnung aufgegeben. Er war glücklich, daß sich ihm diese Möglichkeit bot, denn er spürte ein entsetzliches Zerren in den Armen. Sie hatten sich absinken lassen und marschierten nun - die Gharwos mit der ihnen eigenen Behendigkeit, Leo und der Admiral mit Unterstützung der Gravo-Paks - auf dem Boden des Stollens dahin.
    Die Helligkeit, die auf sie eindrang, war klarer als jene, die sie von der Gharwo-Höhle her in Erinnerung hatten. Sie schränkte den Blick nicht ein. Je weiter sich der Stollen öffnete, desto unbehinderter ging ihr Blick hinaus in eine fremde, eine erstaunliche Welt, die sich tief im Innern des Loolandre befand.
    Sie erreichten schließlich eine Stelle, an der der Boden abrupt abfiel. Über ihnen war die Decke des Stollens längst so weit entfernt, daß sie sie nicht mehr wahrnehmen konnten. Ein helles, lichtes Firmament erstreckte sich über ihnen, auf wunderbare Weise angestrahlt von einer Sonne, die weit von ihnen über der gegenüberliegenden Seite des Tals zu schweben schien.
    Ja, denn es war ein Tal, in das sie blickten. Ein mächtiges, weites, langes Tal, umgeben von Bergketten, die sich am Rand des Blickfelds einander näherten und dort eine enge Gasse, einen Paß bildeten. Das Tal und die Hänge der Berge waren erfüllt von fremdartiger Vegetation. Über den Talgrund rannen Bäche und Flüsse. Dort gab es Wege und Straßen, Gebäude aller Art. Sie waren mitten in eine von Leben erfüllte Welt geraten; denn von dort, wo sie standen, sahen sie Fahrzeuge sich über die Straßen bewegen, sahen sie Flugmaschinen durch die Luft gleiten und sahen sie vor allen Dingen Punkte, die nur individuelle Wesen darstellen konnten, auf dem ebenen Gelände der Talsohle ihren Verrichtungen nachgehen.
    Leo Dürk, dem neben der Empfindung für die Pflichten seines Amtes ein gewisses Gefühl für die Romantik des Fremden gegeben war, sog das Bild mit den Augen in sich auf. Es war das Schönste, was er seit langer Zeit zu sehen bekommen hatte. Inzwischen berichtete Clifton Callamon mit trockenen Worten, was er auf der Videofläche seines SERUN-Helmes las. „Länge der Höhlung: zwanzig Kilometer. Weite: fünfzehn Kilometer. Außendruck: nullkommaneun Atmosphären, atembare Luft." Mit diesen Worten löste er den Verschluß seines Helmes und kippte diesen nach hinten über die Schulter. Leo Dürk sah, wie er einen tiefen Atemzug nahm. „Gravitation inzwischen nullkommaneun Gravo." Von jetzt an war seine Stimme nur noch über das Außenmikrofon zu hören. „Man kann ..." Leo sah das mephistophelische Grinsen ... „sich hier durchaus wohl fühlen. Oh ja, Außentemperatur zwanzig Grad Celsius."
    Die Gharwos verhielten sich ruhig. Leo Dürk fragte sich, was in ihren Gedanken vorgehen mochte; denn keiner von ihnen war je zuvor hiergewesen. Er sah sich um. Hinter ihm, rings um die weit aufgebauschte Mündung des Stollens, stieg eine graue Felswand nahezu senkrecht in die Höhe. Sie trug keinerlei Vegetation, als sei das Vorrecht, Leben zu tragen, allein dem weiter abwärts liegenden Gelände vorbehalten. Auch der Hang, der sich zu ihren Füßen erstreckte, war nur spärlich bewachsen. Die Üppigkeit des Pflanzenwuchses begann erst drunten, am Rand der Talsohle.
    Noch einmal blickte Leo in die Höhe. Es war ihm, als ob er dort etwas gesehen hätte, das ihm Unbehagen bereitete - irgendeine Inkongruenz in der vegetationslosen Landschaft des Felsens. Er bemerkte einen Schatten, den die ferne Kunstsonne warf. Er rechnete sich aus, daß es dort einen Vorsprung, vielleicht eine Höhle geben möge. Und während er noch schaute, wuchsen aus dem Schatten zwei ungeheuerliche Gestalten - jede so groß wie ein Haus, erschien es ihm auf den ersten Blick - und kamen feuerspeiend den senkrechten Absturz herabgestürmt. Geröll stürzte polternd vor ihnen her in die Tiefe. Die Gharwos wandten sich überrascht um. Clifton Callamon, in einer der wenigen Situationen seines Lebens, in denen er nicht auf alles gefaßt war, zerrte wütend an dem Strahler, den er in den Gürtel geschoben hatte.
    Ein helles Licht kam auf. Leo Dürk
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