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1178 - Lisas Totenruf

1178 - Lisas Totenruf

Titel: 1178 - Lisas Totenruf
Autoren: Jason Dark
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sich dort unten auch befand, sie würde durch die Luke kriechen und sich in die Tiefe gleiten lassen.
    Zunächst einmal musste sie näher an den Rand heran.
    Auf den Knien schob sie sich näher. Durch Tasten stellte sie fest, wann sie die erste Etappe ihres Ziels erreicht hatte. Es war einfach, denn sie kniete jetzt dicht vor der Luke und konnte einen Blick in die Tiefe werfen.
    Nein, da war absolut nichts zu sehen und auch nichts zu hören. Es war ihr, als hätte es das kratzende Geräusch nie gegeben. Die tiefe Stille zerrte an ihren Nerven, und sie merkte, wie sie am gesamten Körper zitterte. Es war jetzt nicht mehr die Angst, die eine derartige Reaktion hervorrief, sondern die Spannung vor dem Unbekannten.
    Nichts zu sehen, nichts zu hören - aber etwas zu riechen!
    Der Geruch wehte ihr aus einer für sie unauslotbaren Tiefe entgegen. Er war schlimm. Er war kaum zu ertragen. Er war eklig und raubte ihr den Atem. Durch den offenen Mund holte sie schon gar keine Luft. Sie bemühte sich, nur durch die Nase zu atmen und spürte dabei, dass ihr Zittern immer stärker wurde.
    Es kratzte in ihrem Hals. Der Geschmack im Mund hatte sich verändert und sich dem Geruch angepasst, der von unten her auf sie zuströmte.
    Es stank faulig. Es roch, als läge in der Tiefe auf irgendeinem Grund altes Fleisch, das allmählich vermoderte und dabei von zahlreichen Fliegen umschwirrt wurde.
    Fleisch?
    Auch Menschen bestanden aus Fleisch. Es gehörte zumindest zu ihrem Körper. Und wenn Menschen gestorben waren und in ihren Gräbern lagen, fingen sie an zu vermodern und strahlten diesen verdammten Geruch ab.
    Er gehörte für Lisa zu einem Friedhof, wenn auch nicht so direkt, sondern mehr indirekt, da sie mit den alten Leichen nichts zu tun haben wollte und mehr die Umgebung liebte.
    Die meisten Menschen wären vor dem Geruch wohl zurückgezuckt. Nicht so Lisa. Sie schaffte es, ihn tatsächlich zu ignorieren, weil sie etwas Bestimmtes herausfinden wollte. Sehr genau erinnerte sie sich noch an die ungewöhnlichen Geräusche, die sie in Panik versetzt hatten. Sie waren hier aus der finsteren Tiefe geklungen, aber sie hatten sich auch angehört, als wäre jemand dabei gewesen, an der unteren Seite der Eisenklappe zu kratzen. Das hatte er getan, um die Klappe anschließend in die Höhe zu drücken. Gehört und gesehen hatte sie nichts davon, aber es war nun mal so gewesen, und damit musste sie sich abfinden.
    Jetzt war der Eisendeckel der Luke zur Seite gefallen, und vor ihr befand sich das rechteckige Loch.
    Es war gefährlich, hineinzusteigen. Sie wusste nicht, wie tief der Schacht darunter war und was sie unten am Grund erwartete.
    Trotzdem gab es keine Alternative. Sie musste es einfach versuchen.
    Lisa rückte noch ein kleines Stück nach vorn, bis sie direkt am Rand lag. Sie konnte jetzt ihren Arm ausstrecken und in das viereckige Loch hineinfassen.
    Es kostete Lisa Überwindung, aber sie ließ sich nicht beirren.
    Der Arm tauchte durch die Öffnung - und hinein ins Leere. Lisa bewegte ihre Hand hin und her, als wollte sie jemand zuwinken, aber einen Gegendruck spürte sie nicht.
    Sie wollte ihre Hand wieder zurückziehen, da jedoch griff die andere Seite zu.
    Jemand oder etwas umklammerte ihr Handgelenk. Ein weiches, schmieriges Etwas. Eine Masse, die sie nie zuvor in ihrem Leben gefühlt hatte. Sie war so eklig, obwohl Lisa sie nicht sah. Einfach furchtbar, und für sie stand fest, dass die Masse nicht von einem normalen Menschen stammte.
    Eine Mischung aus Schleim und Kraft, denn das Zeug drehte sich um ihr Handgelenk.
    Es gab keine Chance. Das andere war viel stärker als Lisa. Obwohl sie es jetzt wollte, sie konnte nicht mehr zurück. Das Stemmen dagegen hatte keinen Sinn, und so wurde sie Stück für Stück auf den Rand der Luke zugezogen.
    Sie rutschte dabei über den Boden, der nicht gerade flach und glatt war. Die dünnen Strümpfe waren schon zu Fetzen geworden. Jetzt aber rissen sie erst richtig entzwei.
    Lisa hörte sich schreien und jammern. Der Rand der Luke kam näher und näher. Es gab nichts mehr, an dem sie vor sich Halt finden konnte, obwohl sie es versuchte.
    Lisa griff ins Leere - und kippte nach vorn!
    Sie schrie, und der Schrei erstickte plötzlich in einem dumpfen Geräusch. Danach war es still - totenstill…
    ***
    Die Musik war mir fremd, und die Umgebung war es ebenfalls. Ich hörte traurige, sehnsuchtsvolle und schluchzende Klänge, die ein einsamer Geiger seinem Instrument entlockte. Ein wenig wurde ich
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