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1174 - Blut für Ludmilla

1174 - Blut für Ludmilla

Titel: 1174 - Blut für Ludmilla
Autoren: Jason Dark
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einer düsteren Oper.
    Die vier Schaufler hatten sich die Pause verdient. Erst als der Mann wieder gegangen war und sich zu den anderen Zuschauern gesellt hatte, nahmen sie ihre Arbeit wieder auf.
    Diesmal gingen sie behutsam zu Werk. Zwei von ihnen kletterten in das Grab hinein. Unter anderem Ivo Lasic. Das Grab war nicht so tief wie ein normales. Es lag daran, dass der Boden recht felsig war. Die Männer mussten noch die Erde an den Seiten des Sargs lockern, um ihn fassen zu können.
    Eine schwierige Arbeit lag vor ihnen, wenn sie ihn hochhievten. Sie konnte nur hoffen, dass der Boden ebenfalls in Ordnung war und sich keine Würmer oder Käfer an dem Sarg zu schaffen gemacht hatten.
    Mit den Schaufeln, aber auch mit den bloßen Händen verschafften sie sich Platz. Sie schufen Lücken, in die sie hineinfassen konnten, während die Zuschauer in ehrfurchtsvollem Schweigen verharrten. Keiner trat näher an die Grabstätte heran. Die Menschen schwiegen zumeist. Einige Frauen verharrten auch im stummen Gebet, die Augen gegen den Himmel gerichtet.
    Minuten vergingen. Hin und wieder wurde Erde in die Höhe geschleudert, und die Lücken zwischen dem Sarg und den Grabwänden erweiterte sich zusehends.
    »Alles okay?«, fragte Ivo. Er hatte den Ausdruck in Deutschland gelernt, wo er für zwei Jahre auf dem Bau gearbeitet hatte.
    »Wir können es versuchen.«
    Ivo gab auch den beiden anderen Helfern Bescheid, die nahe des Grabes warteten. Sie traten noch dichter heran, knieten sich dann nieder und streckten ihre Arme aus. Die Schaufeln wurden nicht mehr gebraucht. Ivo und seine Helfer warfen sie aus dem Grab. Dann bückten sie sich so gut wie möglich und schafften es tatsächlich, die Hände unter den Sarg zu schieben.
    »Fertig?«
    »Ja!«
    »Dann jetzt!«
    Zugleich hoben die Männer den nicht zerstörten Sarg in die Höhe. Er war relativ leicht, denn er bestand aus einfachem Fichtenholz. Das Gewicht der Leiche störte sie auch nicht. Nur die Enge des Grabes bereitete ihnen Schwierigkeiten. Das raue Holz berührte ihre Körper, als sie die Totenkiste vor sich her in die Höhe schoben. Dabei keuchten und fluchten sie und waren froh über die Hilfe der anderen beiden Männer, die ihnen die griffbereiten Hände entgegenstreckten.
    Sie packten schließlich kräftig zu viert zu, und der Rest war ein Kinderspiel.
    Die zuschauenden Menschen staunten, als der nicht zerstörte Sarg über die Kante des Grabes geschoben wurde. Er war nur durch den Schmutz klebrig geworden, aber mehr war nicht mit ihm geschehen. Zwischen zwei Erdhügeln hindurch wurde der Sarg geschoben und kam erst dann zur Ruhe, wo ihn das Licht am besten traf.
    Auch jetzt hielten die Zuschauer ihren Abstand ein. Es war warm in dieser Nacht, aber nicht wenigen rann ein kalter Schauer über den Rücken. Auch Ivo und sein Helfer verließen das Grab. Sie klopften sich den Staub von den Hosen.
    Die erste Hälfte hatten sie geschafft. Die zweite lag noch vor ihnen. Die große Überraschung. Nicht alle Menschen glaubten daran, dass Ludmilla nicht verwest war, auch der Pope nicht, sonst wäre er nämlich gekommen. Er hatte den Plan der Leute mit einem Fluch belegt und erklärt, dass er die vier Männer, die Schänder, nicht mehr in seiner Kirche sehen wollte.
    Von Ivos Stirn tropfte der Schweiß. Staub lag noch in der Luft und kratzte in seiner Kehle. Es hatte sich nur wenig abgekühlt. Die Sonne war untergegangen, aber die Schwüle hatte sich im Tal erhalten, und das war schlimm.
    Wasser wurde den Männern gereicht. Obwohl es lauwarm war, leerten sie die Flaschen fast bis zum Grund. Den Rest kippten sie sich über ihre Köpfe.
    Ivo gab die Flasche zurück und stieß ein scharfes Lachen aus. Damit richtete sich die Aufmerksamkeit der anderen auf ihn. Mit scharfer Stimme stellte er seine Frage.
    »Wer von euch will mir dabei helfen, den Sarg zu öffnen? Los, ich höre!«
    Keiner meldete sich freiwillig. Sie alle wollten den Inhalt sehen, ob verwest oder nicht, aber Ivo Lasic stand hier allein auf verlorenem Posten.
    Der Mann, der ihm geholfen hatte, hieß Daniel Vuccu. Er war kleiner als Ivo, aber stämmiger. »Was ist denn mit dir, Daniel? Willst du mich auch im Stich lassen?«, fragte Ivo.
    »Nein.«
    »Wunderbar, dann los!«
    Das Flüstern der Zuschauer verstummte. Die stummen Beter redeten jetzt den Text. Sie flehten die Mutter Maria und die Heiligen an, während sich von ihnen ungesehen am Himmel die Wolken zu einem drohenden Gebilde zusammengezogen hatten. Verschiedene
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