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1134 - Alissas Vater

1134 - Alissas Vater

Titel: 1134 - Alissas Vater
Autoren: Jason Dark
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eine lebende Leiche, die aus dem Wasser gestiegen war.
    Er trug einen Umhang. Die Kapuze hatte er nicht über den Kopf gestreift, damit sein Gesicht frei blieb. In der rechten Hand hielt er eine Sense. Die Klinge war zur Kopfseite hin gedreht und schwebte über ihm wie ein schützender Halbmond aus Metall.
    »Aslan…?« flüsterte Franca über das Wasser hinweg.
    »Ja, ich…«
    Franca schloß die Augen. Sie fühlte sich schwindlig. Sie hatte sich auf diese Begegnung gefreut. Sie wollte den Vater ihres Kindes endlich wieder in die Arme schließen können, und nun stand er vor ihr als ein anderer. Das erschreckte sie schon, obwohl sie sich selbst zur Dunklen Seite hingezogen fühlte und als Kind so etwas wie die Teufelstaufe erhalten hatte.
    »Erkennst du mich nicht mehr, Franca?«
    »Nein - ich… ich… hätte dich nicht mehr erkannt. Du bist so anders geworden.«
    »Tut das deiner Liebe zu mir Abbruch?«
    Franca wußte nicht, was sie sagen sollte. »Ich… ich weiß es nicht genau«, stotterte sie.
    »Ich mußte so werden.« Er kam noch näher. Der Dunst störte nicht mehr so stark, und aus dem Schein des Lichts schälte sich sein Gesicht noch deutlicher hervor.
    Jetzt sah sie auch seine Augen, die keine mehr waren, sondern zugewachsene Öffnungen, in denen es weißlich schimmerte. Die Haut wirkte wie mit dichtem Schimmel überzogen.
    Er deutete auf Alissa. »Es ist unser Kind, Franca. Wir haben es bei unserem letzten Beisammensein gezeugt. Das hast du mir gesagt. Es hatte wie ein Abschluß geklungen, und es ist auch einer gewesen. Das Produkt steht vor dir. Alissa…«
    »Du siehst, daß ich nicht gelogen habe.«
    »Hattest du niemals Sehnsucht?«
    »Schon…«
    »Warum hast du es dann abgegeben?«
    »Weil es zu schwer für mich war, es großzuziehen. Ich mußte mich um mich selbst kümmern.«
    Der Mönch mit den Totenaugen schüttelte den Kopf. »Zu schwer für dich, Franca? Da muß ich lachen. Weißt du, welches Schicksal mir blühte, als man mich abschleppte? Man hat mich hier unten in ein Verlies gesperrt. Man wollte mich bis ans Lebensende lebendig begraben, aber ich habe nicht aufgegeben. Ich dachte an unser Kind, und ich dachte daran, daß ich es unbedingt sehen wollte. Koste es, was es wolle. Und genau das habe ich auch geschafft.«
    »Wie denn? Wie hast du dich befreien können?«
    »Der Teufel half mir. Ich schloß mit ihm einen Pakt. Ich gab ihm mein Augenlicht, und er füllte mich mit einer Kraft, gegen die Menschen nicht ankamen. Ich konnte sie alle überwältigen, und ich habe sie getötet. Dann verließ ich das Kloster und ging hinaus in die Welt, aber mein Ziel habe ich nie vergessen.«
    »Ich auch nicht«, erwiderte Franca mit zittriger Stimme. Sie wollte sich nicht wie eine Angeklagte fühlen. Was wußte er denn schon, wie stark sie gelitten hatte?
    »Du hast sie nicht gesucht, Franca. Du bist dem Land entflohen und hast ein anderes Leben geführt. Auch ich habe mein Leben geändert, aber ich habe die wichtigen Dinge nicht vergessen. Daran hättest auch du denken sollen. Aber du hast es nicht getan. Du bist zu egoistisch gewesen. Hättest du dich mehr um unsere Tochter gekümmert, wären wir schon lange zusammengekommen. So aber haben wir einen Umweg gehen müssen, und Alissa wäre fast in ein anderes Fahrwasser abgeglitten. Es steckten noch zu sehr meine alten Gene in ihr. Sie interessierte sich für alles, was ich jetzt hasse und dem ich abgeschworen habe. Es war ein schwerer Weg zu ihr, ein sehr schwerer sogar. Aber jetzt steht sie auf meiner Seite. Die Sehnsucht, mich zu finden, ist einfach stärker gewesen. Ich bin mir ihrer Liebe sicher, aber ich weiß nicht, wie du zu mir stehst.«
    »Wäre ich sonst gekommen?« rief sie.
    »Du mußtest kommen. Ich habe dich geholt.« Er lachte. »So fremd sind wir uns schließlich nicht. Auch dich hat der Teufel mal zu sich ziehen wollen. Er hat es nicht ganz so geschafft wie damals bei mir, aber es steckt etwas von ihm in dir, das kannst du nicht bestreiten. Weißt du noch, wie du mich bei unserem letzten Zusammensein so provoziert hast? Wie du behauptet hast, eine Hexe zu sein? Du hast so davon gesprochen, als entspräche es der Wahrheit, und ich habe dir geglaubt. Ich war erst erschreckt, aber später im Verlies habe ich anders darüber gedacht. Ein ehemaliger Mönch und eine Hexe. Passen wir nicht zusammen? Und zwischen uns steht das Kind, die Frau, die Schönheit, die etwas Besonderes ist. Alissa wird alles andere überragen, das kann ich dir
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